Kleinod aus Meisterhand

Krippenausstellung im Heimatmuseum Unterhaching

Dr. Cornelia Renner und Dr. Harald Nottmeyer präsentieren einen Teil der umfangreichen Uhl-Krippe im Heimatmuseum. Diese ist ab dem 1. Advent komplett zu bewundern, Foto: hw

Dr. Cornelia Renner und Dr. Harald Nottmeyer präsentieren einen Teil der umfangreichen Uhl-Krippe im Heimatmuseum. Diese ist ab dem 1. Advent komplett zu bewundern, Foto: hw

Unterhaching-Harlaching-Untergiesing · Eine kleine künstlerische Sensation präsentiert das Unterhachinger Heimatmuseum vom 1. Adventssonntag, 28. November bis zum vierten Adventssonntag, 19. Dezember, immer von 13.30 bis 16.30 Uhr in seinen Räumlichkeiten in der Hauptstraße 51.

Nicht zu verfehlen ist das Heimatmuseum, denn es liegt direkt hinter dem Maibaum der Gemeinde. Gezeigt wird ein handgeschnitztes Krippenensemble, das mit Mariä Verkündigung beginnt und mit der Darstellung der Hochzeit von Kanaan endet. Die Krippe stammt von Leonhard Uhl, der sie im Auftrag der Pfarrei St. Korbinian in den Jahren 1930 bis 1933 schnitzte. Uhl, der am 11. Dezember 1891 in Untergiesing-Harlaching geboren wurde, ließ sich nach vielen Umwegen schließlich 1926 mit seiner Frau Helena in Unterhaching nieder, wo er bis zu seinem Tod1965 lebte.

"Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht, ob wir die Ausstellung unter diesen Umständen überhaupt zeigen sollen oder nicht", erklärt der Vorsitzende des Fördervereins des Unterhachinger Heimatmuseums, Dr. Harald Nottmeyer. Selbstverständlich halte man sich an alle Sicherheits- und Hygieneauflagen, habe im Heimatmuseum genügend Platz und werde auf entsprechende Lüftung achten, betonte er. Seiner Erfahrung nach sehnen sich die Menschen aber gerade jetzt nach Schönheit, nach Trost in diesen unsicheren Tagen. Genau das vermittelt in seinen Augen die Arbeit von Leonhard Uhl, die in schweren Zeiten entstanden ist und dennoch die frohe Botschaft verkündet, wenn auch anders als viele Menschen Krippen heutzutage kennen. Nichts Liebliches haben die Figuren inne, keine falsche Glücksseligkeit strahlen die Figuren aus, vielmehr sieht man den Figuren an, dass das Leben hart ist, das Sorgen sie plagen. Dennoch oder gerade trotzdem steht die Botschaft der Verkündigung im Vordergrund der Arbeit, ein Grund zu hoffen und Vertrauen zu haben, auch wenn die Zeiten schwer sind.

Der Auftrag, den Leonhard Uhl damals bekam, sollte die Familie für eine ganze Weile absichern. Die stolze Summe von 2.500 Reichsmark wurde für die Arbeit ausgehandelt. Sehr viel Geld für die damalige Zeit, das der damals amtierende Pfarrer Josef Stemmer hoffte über Spendengelder zu refinanzieren. Eine ähnliche Krippe hatte Leonhard Uhl bereits für die Pfarrei in Kirchdorf am Inn gefertigt. Der Kriegsversehrte (Uhl hatte 1915 bei Kampfhandlungen ein Bein verloren), hatte die Möglichkeit genutzt, in Unterhachings Kriegersiedlung ein kleines Haus zu erwerben. Der Unterhachinger Auftrag aber auch der Auftrag aus Kirchdorf waren jede für sich eine kleine Sensation, war Leonhard Uhl doch Protestant, die Auftraggeber die katholische Kirche. Zur damaligen Zeit spielten die Konfessionsunterschiede noch eine bedeutende Rolle, was die Kunstfertigkeit des eigentlichen Prothesenbauers noch unterstreicht.

Lob für die umfangreiche wie hochwertige Arbeit gibt es aber auch aus berufenem Munde. Dr. Thomas Schindler, Leiter der Krippenausstellung des Bayerischen Nationalmuseums, besah sich die Krippe im Jahr 2020 und war voll des Lobes über das Werk. Obwohl die Arbeiten aus dem 30er Jahren des letzten Jahrhunderts stammen, gehören sie rein optisch in die Münchner Schule, eine Kunstrichtung des Naturalismus des 19. und 20. Jahrhunderts. Der Auftrag umfasste stolze 72 Figuren, davon 38 Personen und 34 Tiere. Hinzu kommen Aufbauten und jede Menge Zubehör. Aber nicht allein der Umfang macht die Krippenlandschaften zu etwas Besonderem, sondern vielmehr die Ausdruckskraft der einzelnen Figuren. Nicht nur die Hautpersonen haben hierbei individuell gestaltete Gesichter, sondern alle Beteiligten. Blickt man in die Gesichter der Figuren entsteht der Eindruck, dass diese Menschen Leid erfahren haben, wissen, dass das Leben nicht nur Leichtigkeit und Sonnenschein bereit hält. Sie sind gezeichnet, so wie Leonhard Uhl, der mit gerade einmal 20 Jahren zum Kriegsdienst herangezogen wurde und bei schweren Kämpfen ein Bein verlor.

Eigentlich hätte die komplette Krippe bereits letztes Jahr gezeigt werden sollen. Der Lockdown hat damals der Ausstellung einen Strich durch die Rechnung gemacht. Jetzt wagt der Förderverein des Unterhachinger Heimatmuseums einen zweiten Anlauf. Die Zeit dazwischen haben die Mitglieder, federführend Dr. Cornelia Renner und Dr. Harald Nottmeyer, dazu genutzt, um die Krippe gründlich zu reinigen und wo nötig, zu reparieren bzw. die Figuren neu einzukleiden. Manche der Kleidungsstücke wiesen altersbedingte Löcher auf, andere waren schon vor Jahren einmal neu eingekleidet worden, allerdings nicht immer mit Blick auf Detailtreue. "Einer der Hirten hatte eine lilafarbene Cordhose an, die haben wir durch etwas Passenderes ersetzt", berichtet Dr. Cornelia Renner schmunzelnd.

Auch der Holzwurm hatte zwischenzeitlich Freude an manchen den Aufbauten, die zu den einzelnen Bildern gehören, gefunden, ihm wurde der Garaus gemacht. Viel Arbeit und Fingerspitzengefühl war nötig, um die Krippenfiguren nun wieder im neuen - alten Glanz erstrahlen zu lassen. Zur Ausstellungseröffnung wird Dr. Harald Nottmeyer eine kleine Einführung in das Werk von Leonhard Uhl präsentieren. Wer mehr über den Künstler und seine Krippe erfahren möchte, der kann ein von Dr. Cornelia Renner und Dr. Harald Nottmeyer verfasstes Büchlein im Heimatmuseum erwerben. Die Kosten hierfür betragen 5 Euro. Der Eintritt zum Heimatmuseum ist frei, um Spenden für die Arbeit des Museums wird allerdings gebeten. hw

Artikel vom 24.11.2021
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