Leserzuschrift: Landratreagiert auf Kritik der Gegner, Kurier 28.4.2021, S.4

Ebersberg/Kirchseeon · Debatte um den Windkraft-Bürgerentscheid

Dr. Joachim Fröhlich. Foto: Privat

Dr. Joachim Fröhlich. Foto: Privat

Ebersberg/Kirchseeon · „Stimmen Sie mit »Ja«, wenn im Ebersberger Forst maximal fünf Windräder errichtet werden sollen. Stimmen sie mit »Nein«, wenn der Ebersberger Forst frei bleiben soll von Windrädern.“ Das ist eine Frage, die in einer komplexen Lage eine klare Entscheidung zulässt. Diese Entscheidungsfrage so klar formuliert hat Landrat Niedergesäß in seinem Artikel im Kurier Ebersberg vom 28.4.2021.

Warum also wird auf dem Stimmzettel zum Bürgerentscheid die Frage nicht derartig einfach gestellt, sodass sie einer nachträglichen Übersetzung ins Einfache bedarf?

Eine Antwort darauf gibt ebenfalls Landrat Niedergesäß im gleichen Artikel. Demnach sei „die Fragestellung auf dem Stimmzettel letztlich von der Rechtsaufsichtsbehörde vorgegeben und aus rechtlichen Gründen leider etwas sperrig“. Das ist bemerkenswert.

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Erstens.
Die Frage auf dem Stimmzettel konnte also aus rechtlichen Gründen nicht einfach formuliert werden. Welche rechtlichen Gründe und damit Interessen sprechen gegen eine einfache Formulierung der Frage zum Bürgerentscheid, etwa so überzeugend einfach, wie die von Landrat Niedergesäßeingangs erwähnte? Nun muss man aber auch fragen, ob die Frage im einfachen und verständlichen Wortlaut von Landrat Niedergesäß überhaupt einen Wert hat, wenn doch aus rechtlichen Gründen die Frage auf dem Stimmzettel nicht derartig einfach gestellt werden konnte.
Zweitens.
Die gewählte Bürgervertretung hat also die Frage, die die nicht gewählte Rechtsaufsichtsbehörde formuliert und vorgegeben hat, so hingenommen, wie sie uns auf dem Stimmzettel vorliegt. Wurden die Probleme, die diese Formulierung mit sich bringt, nicht erkannt oder für nicht ernsthaft befunden? Vielleicht gab es vor der Freigabe der Fragestellung noch eine Diskussion. Vielleicht wurden in der Diskussion Einwände gegen die „sperrige Formulierung“ vorgebracht aber schließlich als satirisch abgestempelt und damit zur Seite geschoben, ein rhetorisches Mittel, dessen sich Landrat Niedergesäß in seinem Artikel bedient. Dabei ermöglicht erst die „sperrige Formulierung“ der Frage die Ableitung von satirisch anmutenden Aussagen.
Drittens.
Eine aus vernünftigen Gründen einfach gestellte Frage hat immer klare Vorteile gegenüber einer aus rechtlichen Gründen sperrig gestellten Frage. Oder etwa nicht?

Die sperrige Frage auf dem Stimmzettel stiftet Verwirrung, nicht aber die Fragen und Anmerkungen von Bürgern, die eine bewusste und gültige Entscheidung über Windräder im Forst (»Ja/Nein«) treffen sollen und wollen und die dazu die Frage verstehen müssen, ebenso wie mögliche Konsequenzen ihrer Antwort. Die sperrige Frage eröffnet Räume für unterschiedliche Interpretationen, die bei genauem Lesen eine Entscheidung schwierig, ja fast unmöglich macht. Es entstehen schwerfällige Diskussionen, wo es um unsere Zukunft und ein klares, ernsthaftes »Ja« oder »Nein«geht.

Ich sehe und verstehe da keinen Spaß. Die eingangs erwähnte Klarstellung von Landrat Niedergesäß erspart mir hier weitere, ermüdende Erläuterungen.

Aber auch Folgendes hat fast schon realsatirischen Charakter: Die Abstimmungsunterlagen klären mich auf, mehr als einmal, was es bedeutet, den Bürgerentscheid mit »Ja/Nein«-Entscheidungsfragen so zu beantworten, dass meine »Ja/Nein«-Stimme zählt.

Der Umgang mit eindeutigen Entscheidungsfragen ist klar. Unklar ist die Entscheidungsfrage auf dem Stimmzettel. Die braucht Aufklärung. Das hat nun auch Landrat Niedergesäß bestätigt mit seiner eingangs erwähnten Klarstellung.

Warum also wurde die Frage auf dem Stimmzettel nicht einfach und klargestellt? Den Rückzug auf Vorgaben durch die Rechtsaufsichtsbehörde aus juristischen Gründen, kann ich nicht nachvollziehen, zumal auch Landrat Niedergesäß immerhin „eine einfachere Frage lieber gewesen wäre“. Verantwortung wird abgeschoben. Ein basisdemokratisches Verfahren wurde freigegeben zur Untergrabung aus verschiedenen Richtungen, was doch ganz sicher nicht gewollt war.

Ich persönlich hoffe, dass die eingangs erwähnte, klare Formulierung der Entscheidungsfrage von Landrat Niedergesäß die Unklarheiten auf dem Stimmzettel beseitigt. Ich hoffe auch, dass diese Formulierung alle Bürger erreicht, noch rechtzeitig kommt und juristisch hält, unabhängig von Person und Amt, wenn es auf eine juristische Prüfung ankommen sollte. Eine derartige klare Formulierung der Frage auf dem Stimmzettel hätte nachträgliche Klarstellungen vermieden,und damit auch dieses Schreiben.
Dr. Joachim Fröhlich
Kirchseeon.

Artikel vom 05.05.2021
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