Landtag will das Kommunalrecht an Corona anpassen

München · Von Zuhause aus an Sitzungen teilnehmen

 Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach: "Wir bilden die Grundlagen, um kommunale Gremiensitzung in Hybridform zuzulassen. Damit leisten wir einen großen Beitrag für die Teilhabe." Foto: Joerg Koch/ Bayerisches Staatsministerium für Digitales

Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach: "Wir bilden die Grundlagen, um kommunale Gremiensitzung in Hybridform zuzulassen. Damit leisten wir einen großen Beitrag für die Teilhabe." Foto: Joerg Koch/ Bayerisches Staatsministerium für Digitales

München · Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und Digitalministerin Judith Gerlach haben den Gesetzentwurf der beiden Regierungsfraktionen CSU und FW zur Änderung des Kommunalrechts, der 17.2.2021 im Landtag in Erster Lesung beraten wird.

Die Corona-Pandemie stellt auch die kommunalen Gremien vor große Herausforderungen. Stadträte, Gemeinderäte, Kreistage und Bezirksausschüsse suchen nach Wegen, jenseits von Präsenzsitzungen rechtskräftige Beschlüsse fassen zu können. CSU und Freie Wähler haben am Dienstag einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht, der "Hybridsitzungen" (also Versammlungen, an denen man sowohl vor Ort "in echt" als auch virtuell teilnehmen kann) ermöglichen soll.

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Dazu muss das Kommunalrecht geändert werden. "Diese Änderung erleichtert ein kommunalpolitisches Amt nicht nur in der Corona-Zeit deutlich", meinte dazu Digitalministerin Judith Gerlach. "Beispielsweise Menschen mit körperlichen Einschränkungen oder Eltern mit kleinen Kindern profitieren sehr davon, wenn sie an den Ratssitzungen von Zuhause aus teilnehmen können."

Der Gesetzentwurf beruht auf Vorarbeiten des Bayerischen Innenministeriums. Er will die Handlungsmöglichkeiten der Kommunen in der Corona-Pandemie verbreitern und Infektionskontakte vermeiden helfen. Insbesondere sollen die Kommunen entscheiden können, ob und inwieweit sich Mitglieder kommunaler Gremien zu Sitzungen audiovisuell zuschalten lassen können und dabei auch ein Stimmrecht haben.

Innenminister Joachim Herrmann erklärte, dass rein virtuelle Sitzungen ausgeschlossen bleiben sollen und mindestens der Vorsitzende im Sitzungsraum körperlich anwesend sein muss: "Der Landtag hatte am 21. Oktober 2020 mit großer Mehrheit einen Gesetzesantrag der FDP abgelehnt, der unter anderem virtuelle Sitzungen kommunaler Gremien per Video oder Telefon im Katastrophenfall oder einem Gesundheitsnotstand vorsah. Der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen berücksichtigt diese Entscheidung und will stattdessen Hybridsitzungen ermöglichen." Damit kann jedes Ratsmitglied selbst entscheiden, ob es körperlich an einer Sitzung teilnehmen oder, falls die Kommune diese Möglichkeit eröffnet, sich zuschalten lassen will.

Gerlach fügte hinzu: "Mir ist wichtig, dass kommunale Mandatsträgerinnen und Mandatsträger digitale Lösungen so weit wie möglich in der Gremienarbeit nutzen können. Deshalb freue ich mich sehr, dass wir mit dem Gesetzentwurf nun die Grundlagen bilden, um auch kommunale Gremiensitzung in Hybridform zuzulassen. Damit leisten wir einen großen Beitrag für die Teilhabe, auch unabhängig von der Bewältigung der Corona-Pandemie. Ich appelliere an die kommunalen Gremien und Verwaltungen, diese digitale Chance zu nutzen."

Bürgerversammlungen sind heuer nicht zwingend

Neben der audiovisuellen Zuschaltung will der Gesetzentwurf Ferienausschüsse auch auf Ebene der Landkreise, Bezirke und Zweckverbände zulassen und den Einsetzungszeitraum für Ferienausschüsse im Jahr 2021 von sechs auf bis zu drei Monaten erhöhen. In der Zeit, in denen heuer keine Ferienausschüsse eingesetzt sind, sollen die Gemeinderäte, Kreistage, Bezirkstage und Verbandsversammlungen von Zweckverbänden die ihnen vorbehaltenen Entscheidungsbefugnisse bis zu drei Monate (mit Verlängerungsoptionen längstens bis Ende 2021) auf beschließende Ausschüsse übertragen können.

"Ziel ist es, Sitzungen der Vollgremien zu vermeiden und stattdessen in 2021 möglichst in kleineren Gremien tagen zu können", sagte Herrmann. Dem Ziel, Infektionskontakte reduzieren zu können, dienen auch weitere Regelungen des Gesetzentwurfes für das Jahr 2021: Bürgerversammlungen sollen heuer nicht zwingend durchgeführt - jedoch bis Ende März 2022 nachgeholt - werden müssen. Ortssprecherwahlen, Bürgerentscheide und Gemeinde- und Landkreiswahlen sollen in 2021 als reine Briefwahlen bzw. -abstimmungen erfolgen können.

Viele Detailfragen lässt der Gesetzentwurf aber offen. Darauf wiese u.a. MdL Klaus Adelt (SPD) hin: "Was geschieht, wenn die Verbindung schlecht ist? Der erste Entwurf ist schwammig. Bei nicht öffentlicher Sitzung gilt: Jeder kann mithören. Nicht alle Gemeinden können sich den erhöhten Aufwand leisten, was die Hardware angeht. Wohlgemerkt ist dies eine freie Entscheidung. Auch das Organisatorische ist in einer kleinen Gemeinde nicht leicht zu handeln. Wer hat wann das Rederecht, wer hat wann und wie abgestimmt? Darüber müssen wir reden!" Der Landtag hat den Gesetzentwurf nun an seinen Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport überwiesen, um solche Details einzuarbeiten.

Artikel vom 16.02.2021
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