"Eine für alle"

Neue Beratungsstelle der Schuldnerberatung löst vorherige Außenstellen ab

Wenn das Einkommen zum Auskommen nicht reicht, dann ist es höchste Zeit, sich bei der Schuldner- und Insolvenzberatung der Caritas beraten zu lassen. Foto: CCO

Wenn das Einkommen zum Auskommen nicht reicht, dann ist es höchste Zeit, sich bei der Schuldner- und Insolvenzberatung der Caritas beraten zu lassen. Foto: CCO

Landkreis-München · "Die Überschuldung ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen", fässt Carola Schanzer, Fachdienstleitung Schuldner- und Insolvenzberatung der Caritas-Dienste im Landkreis München die Ergebnisse des letzten Jahres zusammen. Die Überschuldungsquote bei Personen über 18 Jahren liegt mittlerweile bei knapp 10 Prozent (9,87 Prozent).

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Die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen auf Wirtschaft und Handel hätten viele ganz unvorbereitet getroffen, viele, die nie zuvor Geldsorgen oder gar Probleme mit Schulden gehabt hätten. Ob Hauskauf, Leasingrate für's Auto oder zahlreiche Ratenkäufe, vorher für viele der neuen Klienten kein Problem. Mit dem Gang in die Kurzarbeit und vor allem mit dem Wegfall vieler 450 Euro-Jobs hätten für viele ihrer Klienten das Problem erstmals begonnen.

"Die ersten Monate konnten das viele noch mit ihrem Ersparten ausgleichen, aber auch das ist bei vielen mittlerweile aufgebraucht", so die Finanzexpertin weiter. Neben der Zunahme an überschuldeten Personen im Landkreis München spielt auch das Thema Altersarmut eine ständig wachsende Rolle: 15,5 Prozent der über 65-Jährigen sind aktuell von Altersarmut betroffen. Ablesen könne man diesen Trend auch an der enormen Steigerung von Anträgen zur Grundsicherung im Alter, die von 2007 (1.255 Personen) um nahezu 93 Prozent bis 2018 (2.418 Personen) gestiegen sind. Auch der vermehrte Bedarf an Beratung der Über 65-Jährigen spricht hier eine deutliche Sprache: Lag der Anteil dieser Altersgruppe 2010 noch bei 5,69 Prozent, so waren es 2020 schon 8,76 Prozent.

Insgesamt haben im Jahr 2020 1.278 Personen bei der Caritas Schuldnerberatung des Landkreises München um Hilfe gebeten. 57,7 Prozent der Klienten ist männlich, 42,25 Prozent sind weiblich. Nach einer Ausschreibung im vergangenen Jahr, die wiederum von der Caritas, die diesen Dienst bereits seit Jahren in bewährter Manier erledigte, auch gewonnen wurde, erfolgte eine Zusammenlegung aller Außenstellen an einem zentralen Ort. Dieser fiel auf die Caritas-Zentrale in der Kreillerstraße 24 in Berg-am-Laim in München. Hier nimmt die Schuldner- und Insolvenzberatung inzwischen ein ganzes Stockwerk ein. Betreut werden die Ratsuchenden dort von einem zwölfköpfigen Team (acht Sozialpädagogen, 1 Betriebswirt und drei Verwaltungsfachkräfte).

Das Alter der Ratsuchenden reicht von unter 18-Jährigen bis hin zu über 80-Jährigen. "Dieses Angebot ist eine freiwillige Leistung des Landkreises, verpflichtend wäre eine Schuldnerberatung nur für Empfänger von Sozialleistungen", erklärt Carola Schanzer. Mit diesem Angebot bietet der Landkreis aber allen Hilfesuchenden die Möglichkeit, einen Weg aus den Schulden zu finden und damit wieder das Heft des Lebens selber in die Hand zu nehmen. Besonders bedauert Carola Schanzer die Klienten, die eigentlich schon auf einem guten Weg waren, dank entsprechender Maßnahmen und Nebenjob begonnen hatten, ihren Schuldenberg abzutragen.

Durch den Wegfall von Nebenjobs und Kurzarbeit konnten vieler ihrer Klienten ihre Schuldner nicht mehr bedienen, Fälle müssten erneut aufgerollt und Verhandlungen neu geführt werden. "Das ist für manche unserer Klienten nur schwer zu ertragen, dass ohne ihr Verschulden wieder eine Krise aufgetreten ist", so Schanzer weiter. Hier müsse nicht nur fachlich beraten sondern auch moralische und seelische Aufbauarbeit geleistet werden. Für die weniger schweren Fälle, oder diejenigen, die erstmalig in die Situation gekommen sind, von Einkommenseinbußen betroffen zu sein, habe man neben der klassischen Beratung auch Webniare zum Thema "Umgang mit Finanzen" angeboten. "Ich empfehle hier immer die gute alte Methode des Haushaltsbuches, egal ob analog oder in Form einer Excel-Tabelle", verrät Carola Schanzer. Nur wer einen Überblick über seine Finanzen habe, könne diese auch langfristig in den Griff bekommen. "So manch einer hat sich beim Buchführen gewundert, wie viel Geld er beispielsweise für Snacks unterwegs ausgibt, da kommen schnell mehr als 100 Euro im Monat zusammen", so Schanzer. Darüber hinaus rät sie dazu, alle Abos zu kontrollieren und auch bei den Versicherungen zu schauen, ob alle wirklich notwendig seien oder nicht.

Zu den so genannten "Big Five", den fünf Hauptgründen für eine Überschuldung zählen Erkrankung/Unfall, eine gescheiterete Selbstständigkeit, Trennung oder Tod des Partners, Arbeitslosigkeit und ein längerfristiges Niedrigeinkommen. Das teilweise niedrige Lohnniveau in manchen Tätigkeitsfeldern führe dazu, dass Menschen trotz Arbeit mit dem Einkommen nicht auskommen können. "In einer Stadt wie München reicht oft ein Einkommen nicht aus, um die anfallenden Kosten zu decken", fasst Carola Schanzer ihre Beobachtungen zusammen.

Egal aber aus welchem Grund der Schuh in finanzieller Hinsicht drückt, die Berater der Schuldner- und Insolvenzberatung der Caritas haben für die Sorgen ihrer Klienten immer ein offenes Ohr. Firmen berät die Schuldnerberatung hingegen nicht, hier müssen sich die betroffenen Personen um einen anderweitigen Rechtsbeistand bemühen.

Eine telefonische Terminvereinbarung ist unerlässlich. Zu erreichen ist die Schuldnerberatung unter Tel. 089/43669640. Auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist die neue Beratungsstelle gut zu erreichen: Mit der U2 einfach bis zur Haltestelle Josephsburgsstraße fahren. hw

Artikel vom 15.02.2021
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