Eine gespenstische Leere wie in Berlin

Der Münchner Airport in Zeiten von Corona

Kaum Flugbewegungen, kaum Passagiere. So lässt sich die derzeitige Situation kurz zusammenfassen.. Foto: kw

Kaum Flugbewegungen, kaum Passagiere. So lässt sich die derzeitige Situation kurz zusammenfassen.. Foto: kw

München/Erding · Wer sich in diesen Tagen am Flughafen in München umtut fühlt sich auf den Hauptstadtflughafen (BER) in Berlin versetzt: Dort ist nämlich aktuell genauso wenig los. Der Unterschied: Hier könnte mehr los sein, denn offiziell zumindest ist der Airport in München in Betrieb.

Bei unter 20 Flugbewegungen pro Tag ist er natürlich derzeit dermaßen überdimensioniert, dass es für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur psychischen Belastung wird.

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Als die Redaktion sich ein Bild von der Lage dort gemacht hat waren die Menschen auch nicht besonders gesprächig: Zu groß ist die Verunsicherung über die Lage. Die allermeisten haben Kurzarbeit. Es gibt durchaus Sorge um den Arbeitsplatz und damit natürlich auch um die Wohnung, und alles was damit zusammenhängt. Die, die noch zur Arbeit kommen, sind eigentlich auch arbeitslos. Der Redaktion liegen Berichte vor von Menschen, die an einem Informationsschalter gesessen haben und eine ganze Schicht keinen einzigen Kundenkontakt hatten. Sie sitzen eben bloß da, starren in ihr Handy, haben ein Buch dabei, versuchen irgendwie die Zeit umzubringen. Das gelingt, weil irgendwann die Fantasie nachlässt, wie das gelingen kann, immer schlechter. Wie lange das jetzt noch so gehen soll ist völlig offen.

Immerhin: Auch wenn einer Pressemitteilung der Flughafengesellschaft zufolge der Betrieb noch weiter zurückgefahren und das Terminal 1 komplett geschlossen wird, hat die Führung der Flughafengesellschaft doch erkannt, dass es ohne die Menschen, die am Flughafen arbeiten, nicht gehen wird in dem Augenblick, wo der Betrieb wieder hochgefahren werden kann und darf. Also bekommen alle, die von Kurzarbeit betroffen sind, 90 Prozent ihres aktuellen Nettogehalts.

In den unteren Lohngruppen, erfuhr die Redaktion aus Gesprächen mit der Flughafenseelsorge, sind es sogar 95 Prozent. Akute soziale Not also gibt es noch nicht. Gerade in einer Gegend, wo Wohnraum dermaßen knapp ist, ist das eine zentrale Nachricht. Wie krass die Lage tatsächlich ist wird am Beispiel der Sicherheitsunternehmen deutlich. Sie gehören an einem Flughafen zu den wichtigsten.

Statt 200 Passagiere pro Mitarbeiter und Schicht sind es Berichten von Mitarbeitern zufolge aktuell nicht einmal 20. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die wenigen Maschinen, die überhaupt noch auf den Anzeigetafeln stehen, auch noch kleinere Maschinen sind. Die aktuellen Reisebeschränkungen schlagen hier voll durch. Menschen in der Flughafengegend witzeln schon, dass sie sich an diese Ruhe sehr wohl gewöhnen könnten. Über mehr als einen halben Tag wird der Flughafen zu einer regelrechten Geisterstadt.

Geradezu gespenstisch wirkt die weibliche Computerstimme mit ihrer Standard-Durchsage: „Lassen Sie Ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt!“ Über die kurzfristigen Zukunftsaussichten gibt es wenig konkretes, dafür aber viele Gerüchte. kw

Artikel vom 23.05.2020
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