Stichwahl als Briefwahl

Kommunalwahl: Zahlreiche Entscheidungen stehen noch aus

Landrat Martin Bayerstorfer und Hans Schreiner (Bild rechts) werden sich bei der Stichwahl am 29. März ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern. Fotos: kw / Wahldiagramm ab 29.3.2020

Landkreis Erding/Erding · Ausnahmezustand im Kreis Erding, nicht nur wegen Corona, sondern auch für die CSU! Die erfolgsverwöhnte, sich als die einzige Staatspartei wähnende Regierungspartei ist im Landkreis Erding manchenorts einigermaßen grob zusammengestutzt worden, so sehr, dass Landrat Martin Bayerstorfer jetzt tatsächlich um seinen Job bangen muss: Hans Schreiner ist ihm so dicht auf den Fersen, dass es zu einer Stichwahl kommt.

Wie berichtet gibt es im Kreis Erding die bayernweit einmalige Situation, dass sich mit SPD, Grünen und Freien Wählern gleich drei Parteien auf einen Kandidaten gegen die regierende CSU verbündet haben.

Noch schlimmer für die CSU: Auch in Erding, wo der Rathauschef Max Gotz souverän regiert hat, gibt es einen zweiten Durchlauf coronabedingt per Briefwahl am 29. März.

Die SPD hat es kreisweit „dabreselt“, in einigen Gemeinden (z.B. Langenpreising) flog sie sogar hochkant raus aus dem Gemeinderat. Dafür aber schafften die „Sozis“ in Moosinning den wohl bösesten Nackenschlag für die CSU, wo sich ein dramatisches Schauspiel abgespielt hat: Die Christsozialen hatten ihre eigene Bürgermeisterin Pamela Kruppa abserviert und durch den Rathausvize Manfred Lex als Spitzenkandidaten ersetzt. Erst war der Kreisvorsitzende Bayerstorfer noch in der Bürgerversammlung und hatte jedes positive Wort über die Rathauschefin vermieden, um dann Tage später in der Kreisgeschäftsstelle Lex als den Kandidaten für Moosinning zu präsentieren.

Nur: Die Moosinninger wollten ihn nicht, sondern wählten mit einer satten Mehrheit den Politologen Georg Nagler von der SPD im ersten Wahlgang. SPD-Bürgermeisterin Nicole Schley (Ottenhofen) ist jetzt nicht mehr die einzige „rote“ Rathauschefin im Kreis.

In Erding halten sich Gerüchte, dass Gotz mit seinem viel bespotteten Tunnel zwischen den beiden Rathaus-Bauten derart viele Stimmen verloren hat, aber das ist Spekulation. Fakt ist aber, dass die Herausforderin der Freien Wähler Petra Bauernfeind noch einmal eine Chance erhält.

Der Abstand zwischen beiden Bewerbern ist aber deutlich größer als auf Landkreisebene, wo sich Herausforderer Schreiner tatsächlich noch Chancen ausrechnen kann, zumal der Trend auf Kreisebene gegen die CSU über weite Strecken spürbar ist.

Es gibt aber auch gewaltige Lichtblicke für die Christsozialen. Wartenberg ist ein solcher: Im Ersten Wahlgang setzte sich Christian Pröbst gegen fünf (!) Mitbewerber durch, in seinem Gefolge feierte die CSU in der Marktgemeinde einen erdrutschartigen Sieg.

In der Nachbargemeinde Langenpreising geht es in die Stichwahl: Da aber liegt der Freie Wähler klar vorn. Jetzt schon steht fest, dass Bayerstorfer seinen bisherigen Politik-Stil – bisher Hauptkritikpunkt im Wahlkampf - wohl nicht wird fortsetzen können.

Dazu fehlt es ihm einfach an der erforderlichen Mehrheit im Kreistag. 24 Sitze von 60 hat die CSU, vier weniger als noch vor sechs Jahren, auch wenn sie klar stärkste Fraktion bleibt. Ulrike Scharf, die ehemalige Umweltministerin und Landtagsabgeordnete, ist die Stimmenkönigin und überholte sogar Bayerstorfer.

Schreiner setzt übrigens alles auf eine Karte: Sollte er gegen Martin Bayerstorfer die Stichwahl verlieren ist seine politische Karriere zu Ende, denn er steht auf keiner Liste. kw

Artikel vom 20.03.2020
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