Wir haben den drei aussichtsreichsten Kandidaten 10 Fragen gestellt, deren Beantwortung Sie hier nachlesen können.

Im Kandidatencheck: Katrin Habenschaden (Grüne)

Bei der Bits & Pretzels traf OB-Kandidatin Katrin Habenschaden auf den ehemalige US-Präsidenten Barack Obama. Foto: Stefan Grau

Bei der Bits & Pretzels traf OB-Kandidatin Katrin Habenschaden auf den ehemalige US-Präsidenten Barack Obama. Foto: Stefan Grau

München · Am Sonntag, 15. März, finden die nächsten Kommunalwahlen statt. Neben dem Stadtrat und den Bezirksausschüssen wird auch der/die Oberbürgermeister/in von München gewählt. Zehn Kandidaten haben dabei ihren Namen in den Ring geworfen. Die drei Kandidaten bzw. Kandidatinnen der größten Fraktionen SPD, CSU und Grüne stellen wir Ihnen hier ausführlich vor.

Für die SPD geht wieder der amtierende Bürgermeister, Dieter Reiter, ins Rennen. Gewinnt er die Wahl, wäre dies seine 2. Amtszeit. Herausgefordert wird er unter anderem von Kristina Frank (CSU) und Katrin Habenschaden (Grüne).

Die Planungen für großflächige Bebauungen im Münchener Norden und Nordosten sind weit vorangeschritten. Die „städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen“ (SEM) sind in Johanneskirchen bereits in vollem Gange, in Feldmoching wurden sie aufgrund einer Initiative (Heimatboden) vorerst gestoppt. Was soll Ihrer Meinung nach passieren, wie stellen Sie sich beide Gebiete in drei bis fünf, wie in zehn bis fünfzehn Jahren vor?

Katrin Habenschaden: Wohnraum ist in München zum Spekulationsobjekt geworden. Wohnen ist aber ein Grundrecht und darf keine Ware sein. Als Oberbürgermeisterin werde ich deshalb alle kommunalen Möglichkeiten ausschöpfen, um für neuen, bezahlbaren Wohnraum zu sorgen. Deshalb befürworten wir Grüne die Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen (SEM) im Nordosten und im Norden. Denn die SEM ermöglicht es, 90 Prozent der Wohnungen preisgedämpft zu gestalten und darüber hinaus die Investoren an den Kosten der Infrastruktur (Straßen, Schulen, Kitas) zu beteiligen. Da dank SEM die Bodenpreise eingefroren sind, ist der Erwerb der Grundstücke für die Stadt stemmbar, Bodenspekulationen können so wirksam eingedämmt werden. Die SEM-Gebiete müssen über großflächige Natur- und Freizeitflächen verfügen und gut an den Öffentlichen Nahverkehr angebunden sein.

Zahlreiche Straßen in München wurden schon zu »Zone 30« erklärt, wie stehen Sie dazu und welche Kriterien erachten Sie hierbei als wichtig?

Katrin Habenschaden: Ich finde das grundsätzlich gut, aber nur dort, wo es auch passt. Durch Tempo 30 verringert sich die durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit kaum, da der Verkehrsfluss gleichmäßiger wird und Staus vermieden werden. Die Stadt hat sich zur Vision Zero bekannt, also dem Ziel, die Zahl der Verkehrstoten auf Null zu senken. Tempo 30 ist dafür ein wichtiger Baustein, denn durch eine Reduzierung des Fahrtempos reduziert sich laut Studien die Wahrscheinlichkeit, als Fußgänger ums Leben zu kommen. Hinzu kommt das Plus an Lebensqualität für die Stadtbewohner*innen: Die Lärm- und Abgasbelastung sinkt, hinzu kommt der reduzierte Kraftstoffverbrauch.

Mit dem TSV 1860, Türkgücü München und der zweiten Mannschaft des FC Bayern könnten demnächst drei Profi-Fußballmannschaften das Städtische Stadion an der Grünwalder Straße beanspruchen. Ist das möglich oder wie stellen Sie sich hier eine alternative Lösung vor?

Katrin Habenschaden: Das Grünwalder Stadion ist bereits heute eines der meisten bespielten Stadien in ganz Deutschland. Zukünftig wird es mit drei Männer- und einer Frauenmannschaft jedoch nicht möglich sein alle Spiele dort auszutragen. Mein Herz schlägt ganz klar für den Frauenfußball. Der aktuell gefundene Kompromiss, dass die Frauen ihre Spiele am Campus des FC Bayern austragen ist für diese Saison in Ordnung, muss aber für die kommende Spielzeit neu diskutiert werden. Es darf nicht sein, dass die einzige erfolgreiche Frauenmannschaft, die in der Bundesliga spielt und regelmäßig an der Champions League teilnimmt nicht die Möglichkeit bekommt ihre Spiele vor großer Kulisse auszutragen. Daher müssen Lösungen in der neuen Saison gefunden werden die für alle Beteiligten fair sind. Klar ist, es wird mindestens eine weitere Spielstätte benötigt. Da das Dantestadion aktuell nicht zur Verfügung steht und das Olympiastadion schlichtweg zu groß ist, gibt es aus meiner Sicht nur die Möglichkeit mit dem FC Bayern über die Nutzung des Campus oder mit der Gemeinde Unterhaching über die Nutzung des Sportparks zu verhandeln, da hier die Anforderungen an ein drittligataugliches Stadion gegeben sind. Ich fordere daher einen runden Tisch mit allen Beteiligten und der Verwaltung um frühzeitig Ideen für die neue Saison zu entwickeln.

Fast jeden Tag Stau in und um München: Bei der langjährigen Debatten um den möglichen Autobahn-Ringschluss im Süden von München ist keine Umsetzung in Sicht. Wie stehen Sie zum Autobahn-Ringschluss der A99 bzw. wie soll der Münchner Süden von Fern- und Durchgangsverkehr entlastet werden?

Katrin Habenschaden: Ich bin gegen den Bau des Südrings, denn er würde große Teile der wichtigsten Erholungsgebiete Münchens zerstören: das Isartal und den Forstenrieder Park. Die CSU sagt, dass der Südring unterirdisch verlaufen soll. Doch das ist völlig unrealistisch. Dieser Tunnel wäre dann der längste zweiröhrige Autobahntunnel Europas. Die Planungs- und Bauphase würde Jahrzehnte dauern und Milliarden verschlingen – die uns für andere, klimaschonende ÖPNV-Projekte fehlen würden. Abgesehen vom finanziellen Wahnsinn würde ich die Verkehrsprobleme Münchens gerne zu meinen Lebzeiten lösen. Es war übrigens die CSU-Staatsregierung selbst, die das Projekt Südring im Jahr 2010 beerdigt hat. Ganz einfach, weil die Entlastungswirkung des Südrings auf das Münchner Straßennetz gering wäre und die Eingriffe in die Natur dramatisch. Wir müssen den Lkw-Verkehr auf die Schiene verlagern. Das wäre die beste Entlastung für den Münchner Süden.

Wie kann München Ihrer Meinung nach den enormen Zuzug bewältigen, ohne durch massive Neubauten und Nachverdichtungen seine Lebensqualität zu verlieren?

Katrin Habenschaden: München kann keine Mauer bauen und Menschen den Zuzug verbieten. Das ist realitätsfremd. Zusätzlicher, erschwinglicher Wohnraum ist dringend nötig. Bedarf haben doch nicht nur Menschen, die zuziehen, sondern zum Beispiel Münchner Familien, die für ihren Nachwuchs ein Kinderzimmer benötigen, aber keine größere Wohnung finden; oder Senioren, die mit ihrer kleinen Rente auf dem entfesselten Münchner Mietmarkt kaum noch Chancen haben. Entscheidend ist, dass wir beim Wohnungsbau behutsam vorgehen und die städtischen Erholungs- und Parkflächen schützen. Es gibt viele Möglichkeiten, Wohnraum zu schaffen, ohne unsere Grünflächen zu versiegeln. Wir müssen moderat in die Höhe bauen und uns die Potentiale in den Stadtvierteln genau ansehen. Gerade in älteren Gewerbegebieten wie dem Euro-Industriepark wird wertvolle Fläche durch überdimensionierte Verkehrs- und Parkplatzanlagen und eingeschossige Gewerbebauten verschwendet. Ich bin überzeugt: Wohnungen bauen und trotzdem unsere Grünflächen erhalten – das ist mit besserer Planung möglich.

Wie kann München in Zukunft besser auf die »Nebenwirkungen« des starken Zuzugs (vermehrter Bedarf auch an Schulen, Kinderbetreuung und Sportstätten) reagieren bzw. dem Mangel vorbauen?

Katrin Habenschaden: Indem wir bei der Planung von neuen Vierteln die soziale Infrastruktur immer mitdenken. Also Kitas, Schulen, Einkaufsmöglichkeiten, eine gute ÖPNV-Anbindung, Angebote für Senior*innen etc. Das findet inzwischen auch statt. Was mir aber fehlt in den städtischen Planungen, sind die Freizeit- und Erholungsflächen. Die Menschen brauchen nicht nur eine gute Infrastruktur, sondern auch Orte, wo sie die Seele baumeln lassen können und abschalten vom stressigen Alltag. Ich habe deshalb beantragt, dass im neuen Stadtviertel Freiham ein Badesee angelegt wird. Solche zusätzlichen Erholungsflächen brauchen wir aber in der ganzen Stadt.

Welche Maßnahmen wollen Sie gegen den Pflegenotstand in München ergreifen? Gibt es konkrete Pläne, wie man den Bedarf an qualifiziertem Personal in Zukunft besser decken kann?

Katrin Habenschaden: Warum haben wir einen Pflegenotstand? Weil man in Deutschland sehr lange der Meinung war, dass Pflegefachkräfte am unteren Ende der Gehaltsskala gehalten werden können, nach dem Motto: Pflegen kann eigentlich jeder. Dabei ist professionelle Pflege genau das Gegenteil. Es ist ein Beruf der Zukunft mit hohen Ansprüchen an Qualifizierung und Qualität. Wenn wir es nicht schaffen, die Pflege zu einem attraktiven, selbstverantwortlichen und selbstbewussten Beruf zu machen, dann werden wir nicht genug junge Menschen finden, die bereit sind, in der Pflege zu arbeiten. Ich finde, Pflegekräfte verdienen mehr: mehr Anerkennung, mehr Unterstützung, mehr Gehalt. Dafür werde ich mich in München einsetzen.

Berlin, Hamburg, Köln: Fast alle sind sie auf der Liste des UNESCO-Weltkuturerbes, doch München scheiterte mit seinen Nominierungen schon mehrmals. Nächster Hoffnungsschimmer ist die Nominierung des Olympiaparks. Werden Sie die Nominierung unterstützen?

Katrin Habenschaden: Derzeit liegt ein Antrag der Stadt München beim Bayerischen Wissenschafts- und Kunstmuseum, das Ensemble Olympiapark in die Vorschlagsliste für eine zukünftige Nominierung in die UNESCO-Welterbeliste aufzunehmen. Wir haben den Antrag im Stadtrat unterstützt. Jetzt ist der Freistaat am Zug. Für mich ist der Olympiapark einer der schönsten Flecken Münchens.

Hand aufs Herz: Sind Sie "a Sechzger", drücken Sie dem FC Bayern die Daumen oder ...?

Katrin Habenschaden: Ganz klar: Ich drück dem SV Aubing die Daumen. Denn da spielt mein Sohn Fußball.

Wenn Sie die Wahl gewinnen: Was wäre das erste Wahlversprechen, das Sie einlösen?

Katrin Habenschaden: Den von der GroKo im Rathaus verzögerten Trambahnausbau will ich mit voller Kraft wieder aufnehmen. Kurzfristig können auch neue Busspuren und Expressbuslinien für Verbesserungen sorgen. Und als Grüne steht für mich der Umwelt- und Klimaschutz natürlich an oberster Stelle. Deshalb werde ich erste Maßnahmen einleiten für unser großes Ziel eines klimaneutralen Münchens bis 2035. Und natürlich würde ich mich den städtischen Mitarbeiter*innen vorstellen, die unser München täglich am Laufen halten.

15. März: Kommunalwahl 2020
Oberbürgermeisterwahl München 2020

Kommunalwahl 2020 - Kandidaten - Ergebnisse
Landkreis Ebersberg und Umgebung: Bürgermeister, Gemeinderat, Landrat, Kreistag, Oberbürgermeister, Stadtrat, Bezirksausschuss

Artikel vom 28.02.2020
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