Alternativen gesucht

Landkreis Erding will umweltfreundlichere Antriebe im Busverkehr

Kritische Stimmen: Bei einem Besuch der Industrie- und Handelskammer beim Omnibus-Unternehmen Scharf in Tittenkofen waren die Teilnehmer von Elektrobussen noch nicht überzeugt. Sie müssen mit spitzem Bleistift rechnen. Foto: kw

Kritische Stimmen: Bei einem Besuch der Industrie- und Handelskammer beim Omnibus-Unternehmen Scharf in Tittenkofen waren die Teilnehmer von Elektrobussen noch nicht überzeugt. Sie müssen mit spitzem Bleistift rechnen. Foto: kw

Erding/Landkreis Erding · Mitten im Wahlkampf versucht Landrat Martin Bayerstorfer, grüne Themen zu besetzen. Einer Pressemitteilung des Landratsamts zufolge soll nämlich auf allen landkreiseigenen Regionalbuslinien einschließlich des Stadtverkehrs in Erding eine Untersuchung durchgeführt werden, was alternative Antriebsmethoden angeht.

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Ziel sei, die langfristige Planung auf umweltfreundliche Antriebe wie Erdgas, Elektro- oder Hybrid-Techniken auszurichten. Nachfragen in der Pressestelle förderten zutage, dass es zunächst nur eine Absichtserklärung ist, eine Untersuchung anlaufen zu lassen. Aber der Landkreis ist ziemlich hinten dran.

Die Bundeshauptstadt Berlin liefert beispielsweise schon Zahlen: Der Berliner Senat hatte schon vor zwei Jahren die Anschaffung von Linienbussen mit reiner Elektro-Antriebstechnik beschlossen. „Auto Motor Sport“ zitiert einen Sprecher der Verkehrsbetriebe, dass dank einer guten Einsatzplanung mit Zwischen-Aufladung 200 Kilometer Reichweite machbar seien. 15 Stunden Einsatzdauer würden erreicht. Bundesweit sind 35.000 Busse im öffentlichen Personen-Nahverkehr unterwegs. 95 Prozent davon fahren mit Dieselmotoren. Noch. In der Auflistung des Erdinger Landratsamtes fehlt Wasserstoff-Technik als Alternative.

Wohl nicht ohne Grund. Angesprochen darauf, dass das Ganze wohl ein Spätzünder war, räumte der Kreischef gegenüber der Redaktion ein: „Der ganze Münchener Verkehrsverbund ist hinten dran.“ Was die Fachzeitschrift „gute Einsatzplanung“ nennt ist nach seinen Worten Kernstück der Untersuchungen, die jetzt für die Strecken im Kreis anlaufen sollen: „Wir müssen feststellen, ob das mit den Busumläufen klappt, denn wir müssen ja auch nachladen.“ Auch die Berliner setzen nämlich auf Stromer. Und die deutschen Bus-Hersteller können wohl Anschluss halten: Mercedes Benz hat die ersten „Citaro“-Stromer jetzt ausgeliefert.

Aus der Wirtschaft des Landkreises Erding kommen derweil kritische Töne. Bei Scharf, eben dem Partner im Stadtverkehr Erding, zeigten sich Unternehmenssprecher noch skeptisch angesichts der drastisch höheren Anschaffungspreise. 600.000 Euro für einen reinen Elektro-Bus wurden bei Scharf genannt und in der genannten Fachzeitschrift bestätigt. Anlass für diesen Exkurs damals bei Scharf war ein Besuch der Industrie- und Handelskammer bei dem erfolgreichen Busunternehmen. Dazu kommt, dass die Buslinien für eine bestimmte Zeit ausgeschrieben werden. Bei den Anschaffungspreisen können da Kalkulationen schnell durcheinander kommen, denn die Fahrzeuge müssen ja ihre Abschreibungen erwirtschaften.

In einem Punkt aber macht dem Landkreis Erding niemand etwas vor: Schon jetzt werden im Landkreis mehr Kilowattstunden Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt als im Landkreis verbraucht werden. So konnte die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien seit 2010 um 25 Prozent gesteigert werden und hat nun einen Anteil von 124 Prozent am Stromverbrauch. Der Einwand der Elektromobilitätskrtitiker, dass hier nur der Auspuff gewissermaßen ans Kohlekraftwerk verlegt werde, greift also hier nicht. Ein anderes ökologisches Thema ist natürlich die Antriebsbatterie und deren Herstellung: Die zehn Batteriemodule des „Citaro“ haben zusammen eine Kapazität von vollen 243 Kilowattstunden. Bei den jetzt angeleierten Untersuchungen ist die Stadt Erding mit im Boot, eben für die Stadtbuslinien.

Die Lade-Infrastruktur gibt es dafür noch nicht. Erste Versuche des polnischen Herstellers „Solaris“, von dem auch Fahrzeuge im Landkreis laufen, mit induktiver Aufladung sind nicht erfolgreich verlaufen. Schnell-Aufladung durch Dachstromabnehmer, was auch schon versucht wurde, würde komplett neue Infrastrukturen erfordern. So bleibt es beim klassischen Kabel, aber mit imposanten Ladeströmen, die auch erst mal irgendwo her kommen müssten. kw

Artikel vom 21.01.2020
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