Kampf ums Landratsamt

Erding · Hans Schreiner will Martin Bayerstorfer als Landrat beerben

Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) ist seit 2002 Landrat des Landkreises Erding.  Foto links: Freie Wähler, Grüne und SPD haben sich auf dem amtierenden Bürgermeister von Bockhorn Hans Schreiner (Freie Wähler) als Gegenkandidaten verständigt. F: kw

Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) ist seit 2002 Landrat des Landkreises Erding. Foto links: Freie Wähler, Grüne und SPD haben sich auf dem amtierenden Bürgermeister von Bockhorn Hans Schreiner (Freie Wähler) als Gegenkandidaten verständigt. F: kw

Erding · Das hat es bayernweit noch nicht gegeben: Drei Parteien, die sich vor allem im Landtag sonst vergleichsweise wenig zu sagen haben, schließen sich zusammen, um mit einem gemeinsamen Kandidaten für das Amt des Landrates den Amtsinhaber Martin Bayerstorfer (CSU) aus dem Sattel zu heben.

Rein rechnerisch könnte das sogar klappen, haben doch Freie Wähler, Grüne und SPD gemeinsam bei der letzten Landtagswahl so viele Stimmen geholt wie die CSU. Und sie haben mit dem noch amtierenden Bürgermeister von Bockhorn Hans Schreiner (Freie Wähler) einen Kandidaten, der durch seine Herkunft das bürgerliche Lager nicht verschreckt, über gewaltige kommunalpolitische Erfahrung verfügt, sympathisch rüber kommt und überdies redegewandt ist.

Dazu kommt eine Rückendeckung, die mancher Bürgermeisterkandidat im Kreis nicht hat, mussten doch alle drei Koalitionäre ihn in getrennten Versammlungen jeweils auf den Schild heben. Das haben sie getan, teilweise mit stehenden Ovationen wie bei der SPD in Erding, wo der Saal aus allen Nähten geplatzt ist. Bayerstorfer spürt den Druck, merkt, dass er noch nie so viel Gegenwind hatte. Aktuell ist die Zeit der Bürgerversammlungen. Da kann er seinen Amtsbonus voll ausspielen, passt genau auf, was er sagt. Die Zeiten, wo er in einer Bürgerversammlung vor versammelter Bürgerschaft im Beisein des Bürgermeisters einen Pressevertreter direkt und persönlich angegriffen hat, bloß weil dieser den Stift weggelegt hat – so geschehen in Langenpreising – sind zumindest vorerst vorbei. Er ist besser vorbereitet als früher, rattert nicht mehr nur seine Standard-Themen wie Krankenhaus, Schulen, Müll, Flüchtlinge runter, sondern konnte wie beispielsweise in Berglern auf die örtlichen Themen eingehen.

Im Süden des Landkreises konnte die einzige SPD-Bürgermeisterin kreisweit Nicole Schley sogar erleben, dass der Landrat die ganze Versammlung da blieb, tatsächlich zuhörte, auch und gerade als es um die Themen ging, wo der Landkreis zuständigkeitshalber gefragt ist. Da war sogar die Bürgermeisterin positiv überrascht. Aber er bleibt ein Machtmensch durch und durch. Das kreiden ihm viele an, allen voran eben Hans Schreiner, der verspricht, einen anderen Stil an den Tag zu legen. Bayerstorfers Umgang mit bestimmten Themen gerade wie bei Flüchtlingen, Frauenhaus, aber auch sein Umgang mit den anderen Fraktionen im Kreistag wird ihn nach Lage der Dinge Stimmen kosten.

Wenn unter anderem die Kreisrätin Petra Bauernfeind (FW, Erding) feststellt, Kreistagsarbeit sei aktuell "vollkommen spaßbefreit" und mit dieser Meinung nicht allein bleibt ist klar, worum es im Wahlkampf gehen wird. Machterhalt für die CSU ist die Mission Bayerstorfers, und das könnte eine Bürgermeisterin, die bei Kreisvorstand und wohl auch bei den örtlichen CSU-Granden in Ungnade gefallen ist, zu spüren bekommen: Pamela Kruppa aus Moosinning ist wohl bei den Parteigewaltigen "unten durch." Als sie jetzt Bürgerversammlung hatte war er natürlich auch da und schaffte es, ohne auch nur eine positive Bemerkung an die Adresse der Amtsinhaberin, die Bühne wieder zu verlassen. Er ist eben nicht nur der Landrat, sondern auch der Kreisvorsitzende der CSU.

Als solcher präsentierte er Tage später den parteiinternen Gegenkandidaten – nicht in Moosinning, sondern in der Kreisgeschäftsstelle der CSU. "Wenn Wale sich streiten, zittern die Garnelen" ist ein koreanisches Sprichwort. Zu diesen dürften die übrigen Bewerber gehören wie etwa die schillernde Figur eines Rainer Forster, der für die AfD ins Rennen geht. kw

Artikel vom 29.11.2019
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