Konstruktion einer surfbaren Welle zur Stromerzeugung

Schwabing · Grüne Welle im Tucherpark

Prof. Dr.-Ing. Robert Meier-Staude bei der Präsentation der Welle. Bild re.: Prinzip der Kombination von surfbarer Welle und Stromgewinnung (Strömung von rechts nach links, R. Meier-Staude, 7/2015). F: Johanna Weber/R. Meier-Staude, 7/2015

Prof. Dr.-Ing. Robert Meier-Staude bei der Präsentation der Welle. Bild re.: Prinzip der Kombination von surfbarer Welle und Stromgewinnung (Strömung von rechts nach links, R. Meier-Staude, 7/2015). F: Johanna Weber/R. Meier-Staude, 7/2015

Schwabing/München · Die Münchner Eisbach-Surfer stehen inzwischen weltweit für München. Die Welle an der Prinzregentenstraße neben dem "Haus der Kunst", die aber nur für Surf-Profis geeignet ist, ist internationaler Touristen-Magnet, Ort der Begegnung von Surfern und Zuschauern sowie eine nachhaltige Alternative zum Surfsport fernab der Heimat - wo die perfekte Welle meist nur per Flugzeug erreichbar ist.

Doch wie lässt sich dieser Sport noch ein Stück umweltfreundlicher und attraktiver gestalten?

Mit einer surfbaren Flusswelle, die Energie in Form von Strom erzeugt: Anfang Juli haben Studierende der Hochschule München ihre Ergebnisse des interdisziplinären Pilotprojekts "Projekt.Welle" präsentiert.

Fünf fakultätsübergreifende Teams entwickelten Konzepte für eine surfbare Welle, die Strom erzeugt, und im Tucherpark München entstehen soll. Dort fällt der Eisbach bisher ungenutzt und lebensgefährlich über eine Stufe.

Präsentiert wurden Lösungsszenarien für eine "grüne Welle", die technisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich realisierbar und bezahlbar sind. Diese sollen die Bedürfnisse von Surfern, Zuschauern und Anliegern vor Ort ebenso berücksichtigen wie die Gestaltung der Umgebung der Welle, ihre technische Umsetzung für das Surfen und zur Stromerzeugung und den wirtschaftlichen Aspekt.

Und zwar im Rahmen der fakultätsverbindenden, interdisziplinären Lehrveranstaltungsreihe "Projekt.X". In ihr werden Studierende der Hochschule München mit Problemstellungen konfrontiert, die in dieser Form noch nicht realisiert wurden. Die Projektarbeit gliedert sich in einen interdisziplinären sowie einen fachlichen Teil. Fachlich betreut und beurteilt werden sie dabei von Dozenten ihrer jeweiligen Fakultät. Die Arbeit in den interdisziplinären Kleingruppen erfolgt eigenverantwortlich. Hier sind die Studierenden angehalten, sich selbstständig zu organisieren, konsensfähige Lösungen bzw. Szenarien zu entwickeln und am Ende des Semesters ein geladenes Fachpublikum von ihren Projektergebnissen zu überzeugen.

Fachlich betreut werden die Studierenden des Maschinenbaus, der Fahrzeugtechnik, und Flugzeugtechnik sowie aus dem Wirtschaftsingenieurswesen von einem Professoren-Team: Prof. Dr. Diane Henze, Fakultät für Maschinenbau, Prof. Dr. Jürgen Spitznagel, Fakultät für Wirtschaftsingenieurwesen sowie Prof. Dr.-Ing. Robert Meier-Staude, Strömungsmechanik-Experte und Projektleiter von der Fakultät für Wirtschaftsingenieurwesen. Prof. Dr.-Ing. Robert Meier-Staude, Professor für Ressourcenschonende Konstruktion, Fakultät09 für Wirtschaftsingenieurwesen der Hochschule für angewandte Wissenschaften München ist selbst begeisterter Eisbach-Surfer.

Er hat die Thalkirchner Welle bereits wieder zum Plätschern gebracht - sie strömungsmechanisch in Gang gesetzt - und ist engagiert für die Stadtsurfer in München. Wir sprachen mit ihm über das neue Projekt, das durchaus Chancen auf eine Realisierung hat:

Schwabinger Seiten/Münchner Zentrum: Warum "braucht" München noch eine Welle?

Prof. Dr.-Ing. Robert Meier-Staude: München ist die Geburtsstadt des Flusssurfens und kann auf nahezu 50 Jahre Surfgeschichte zurückblicken. Der Surfsport hat sich über die Jahre langsam entwickelt. Heute ist es so, dass sich die Zahl der Anfänger sprunghaft entwickelt. Täglich gibt es neue Surfer in München. Das ist natürlich gut für den Sport.

Die negative Seite dieser Entwicklung ist, dass die verfügbaren Wellen hoffnungslos überlaufen sind. Ich kenne Flusssurfer, die nur noch im Winter surfen, weil sie im Sommer eine halbe Stunde warten müssen, um einmal auf die Welle zu kommen. Diese Wartezeit ist für die Floßlände in Thalkirchen auf keinen Fall übertrieben, sondern eher ein Durchschnittswert.

Dadurch leidet natürlich auch die gute Stimmung unter den Surfern. Ich beobachte zunehmenden "Localism". Das heißt die "Locals" passen auf ihren Spot auf und begrüßen Neuankömmlinge nicht mehr freundlich mit gut gemeinten Ratschlägen. Die Schlussfolgerung ist für mich klar. Wenn ich einen Freiluftsport in der Stadt habe, bei dem ich mit relativ geringen Investitionen einen großen Mehrwert für die Gesellschaft schaffen kann, dann sollte ich das tun.

Wie hoch könnten die Kosten werden?

Prof. Dr.-Ing. Robert Meier-Staude: Wenn Sie ein Turnhalle bauen, dann kostet dies in der Größenordnung von 20 Millionen Euro. Wenn Sie eine neue Flusswelle für München bauen dann kostet das zwischen 0,2 bis 0,5 Millionen Euro. Und damit wir uns richtig verstehen: Es gibt in München einige gute Standorte, um Flusswellen zu erzeugen. Und München braucht nicht nur eine neue Flusswelle.

Was hat Sie auf die Idee zum Wellen-Projekt im Tucherpark gebracht?

Prof. Dr.-Ing. Robert Meier-Staude: Als Münchner Flusssurfer spüre ich jede Woche - Winter wie Sommer - wie gut das Surfen für die Menschen ist. Surfen ist ein egalitärer Sport. Und vor Allem bringt surfen die unterschiedlichen Menschen in unserer Gesellschaft zusammen. Sogar die Surfer und die Passanten sind in intensivem positivem Austausch.

Fast jeder Mensch kann es machen und alle machen es gemeinsam: Junge und Alte - wie haben inzwischen einige Rentner, die am Eisbach surfen und die jüngsten Surfer sind noch keine 10 Jahre alt. Frauen und Männer, Jungen und Mädchen üben den Sport gemeinsam aus. Anfänger und Profis stehen gemeinsam am Rand und versuchen jeder auf seine Weise besser zu werden. Ein Flusssurfer braucht fast nichts, um seinen Sport auszuüben. Ein weiterer wichtiger Faktor ist, dass es ein Sport ist, den ich in der Stadt ausüben kann. Ein echter Flusssurfer kommt mit dem Fahrrad oder mit der MVG. All diese Faktoren kann ich zusammenfassen und kann sagen: Flusssurfen hat einen positiven Einfluss auf unsere Gesellschaft.

Völlig unterschiedliche Menschen kommen auf gute Weise miteinander ins Gespräch und schlagen Brücken, die sonst nirgends entstehen würden.

Wie haben die Studenten an dem Thema gearbeitet?

Prof. Dr.-Ing. Robert Meier-Staude: Wenn Sie "wie gut" meinen, dann muss ich nur wiederholen, was ich den Studierenden bei der Abschlusspräsentation gesagt habe: "Es ist für mich ein großes Privileg mit jungen engagierten und motivierten Menschen wie Ihnen zusammenzuarbeiten".

Wenn Sie das "wie" meinen: Wir haben ein neues Format gestaltet, in dem die Studierenden selbstständig eine Aufgabenstellung bearbeiten. Sie arbeiten sich selbstständig im Team in die Aufgabenstellung ein und erarbeiten Lösungsansätze. Die Dozenten und die Projektpartner aus der Wirtschaft, in diesem Fall die Green City AG und der Wasserbauingenieur Herr Titze, stehen als Coach zur Seite. Zudem haben wir die Studierenden in interdisziplinären Teams arbeiten lassen. In diesem Projekt waren es Studierende der Fakultät für Maschinenwesen und der Fakultät für Wirtschaftsingenieurwesen.

"An der Finanzierung scheitert es auf jeden Fall nicht"

Wie realistisch ist das Wellen-Projekt in München - auch finanziell?

Prof. Dr.-Ing. Robert Meier-Staude: Im Moment kenne ich keinen Grund, der gegen eine Realisierung spricht und wir sind - aus meiner Sicht - mit allen Interessengruppen im Gespräch.

Am untersuchten Standort können wir zusammen mit der Green City AG ein wirtschaftlich und ökologisch sehr sinnvolles Kraftwerk mit einer surfbaren Welle kombinieren. Ein wesentliches Ziel der Green City AG ist es, einen zählbaren Beitrag zur Stadtentwicklung zu leisten. Von daher ist Green City bereit, Minderungen bei der Leistung und beim Umsatz in Kauf zu nehmen und dabei gleichzeitig einen Mehrwert für München zu bieten.

Aus Erfahrung weiß ich, dass solche Projekte langwierig und zäh sein können. Und jeden Moment kann etwas passieren, das eine Realisierung verhindert. Im Moment gehe ich davon aus, dass wir das Projekt umsetzen und es eher eine Frage der Zeit ist, bis wir alle Fragen positiv beantwortet haben. An der Finanzierung scheitert es auf jeden Fall nicht.

Wie geht es weiter, jetzt nach der ganzen Vorarbeit? Also etwa Richtung Verwaltung und Stadtrat?

Prof. Dr.-Ing. Robert Meier-Staude: Hier möchte ich zurückhaltend antworten, um eine zu große Euphorie zu verhindern. Es gibt nur positive Signale, von allen Seiten, aber es gibt noch viel zu tun und es wird kein einfacher Weg. Wir müssen jetzt ruhige und sachliche Gespräche führen und eine ruhige und sachliche Berichterstattung in den Medien kann uns nur gut tun.

Herr Prof. Dr.-Ing. Robert Meier-Staude, wir danken Ihnen für das aufschlussreiche Gespräch.
mil

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Artikel vom 31.07.2019
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