"Der gefährdete Traum"

Schützen, was man liebt: Nachdenkliches zum Alpenvereinsjubiläum

DAV-Präsident Josef Klenner (Mitte) und Günther Manstorfer (Vorsitzender DAV München, links) im Gespräch mit DAV-Pressesprecher Thomas Bucher (rechts). Bild rechts: Wir verlosen mehrere Exemplare das aktuellen Jahrbuchs des Alpenvereins. F: Stefan Dohl/VA

DAV-Präsident Josef Klenner (Mitte) und Günther Manstorfer (Vorsitzender DAV München, links) im Gespräch mit DAV-Pressesprecher Thomas Bucher (rechts). Bild rechts: Wir verlosen mehrere Exemplare das aktuellen Jahrbuchs des Alpenvereins. F: Stefan Dohl/VA

München · Größer, schneller, weiter! Die Devise vieler Bergsteiger gilt irgendwie immer mehr auch für den Deutschen Alpenverein (DAV). Er steht stellvertretend für die große Berg- und Outdoorbegeisterung, die im ganzen Land geteilt wird. Laut Umfragen geht jeder zweite Deutsche regelmäßig wandern. Nicht wenige davon in den Alpen - das einzige Hochgebirge Deutschlands. Heuer im 150. Jubiläumsjahr zählt der DAV als größter Bergsportverband der Welt 1,3 Millionen Mitglieder in 356 Sektionen.

Wanderungen in den Münchner Hausbergen
Mit Touren-Tipps von Münchner Wochenanzeiger-Redakteur Stefan Dohl

In den letzten 15 Jahren hat sich die Mitgliederzahl damit sogar verdoppelt. Alleine die Sektion München-Oberland kommt auf 180.000 Mitglieder. Hinter dem FC Bayern München (291.000) der mitgliederstärkste Verein Münchens. Der Superlative lassen sich noch einige beifügen. Stellvertretend zu nennen sind 321 DAV-Hütten mit 2 Millionen Tagesgästen, 207 Kletteranlagen und jährlich 165.000 Kurse für die Mitglieder.

Ging es den 36 Gründungsmitgliedern einst darum "die Bereisung der Alpen zu ermöglichen", hat der Alpenverein nun das Ziel, seine bergsteigenden Mitglieder für den Naturschutz zu sensibilisieren. "Auch in Zukunft muss es einen Alpenraum mit ausreichenden Ruhezonen geben", fordert DAV Präsident Josef Klenner im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten in München. Der DAV sei daher besonders stark als Naturschutzverein gefordert. Tatsächlich konnte der DAV 2018 mit anderen Naturschutzverbänden einen großen Erfolg bei der Verhinderung der geplanten Skischaukel am Riedberger Horn feiern.

Der "Alpenplan" mit seinen klar definierten Schutzzonen bleibt, entgegen der einstigen Pläne der Bayerischen Staatsregierung, weiterhin bestehen. Auch Schneekanonen, Neuerschließungen und Ausweitungen von Skigebieten werden vom Alpenverein strikt abgelehnt. Außerdem arbeitet der DAV an der umweltgerechten Modernisierung seiner Hütten. Neubauten und weitere Erschließungen soll es nicht mehr geben. Bei Modernisierungsmaßnahmen stoßen aber selbst die DAV-Sektionen auf Widerstände, wie der verordnente Teil-Stopp der Generalsanierung des traditionsreichen Watzmannhauses im Nationalpark Berchtesgaden gezeigt hat.

Der Freizeitdruck auf die Alpen nimmt zu

"Wir lieben die Berge" lautet der Leitspruch des DAV zum Jubiläum. Diese Liebe teilt der DAV mit einer immer größeren Menge an Bergbegeisterter. Eigentlich ja eine Erfolgsgeschichte, oder doch nicht? Das die Masse an Wanderern durch ihre Bergausflüge droht das zu zerstören was sie am meisten liebt, ist das größte Dilemma des Alpenvereins, ja des gesamten Bergsports überhaupt. Wohl kaum standen die Alpen unter so einem hohen Freizeitdruck wie heute. "Qutdoor" ist in. 120 Millionen Touristen besuchen jährlich die Alpen.

84 Prozent kommen mit dem eigenen Auto. Der wochenendliche Stau vor Garmisch-Partenkirchen, Oberstdorf oder am Irschenberg gehört zum traurigen Standardprogramm. CO2 Bilanz - Mangelhaft. Aber auch Ziele wie Tegernsee und Spitzingsee sind an schönen Ausflugstagen mittlerweile völlig überlaufen.

Übernachtungsplätze ohne Reservierungen zu bekommen, das ist in den Sommerwochenenden fast schon unmöglich. Hinzu kommt, dass tagtäglich immer mehr "individuelle" Tagesausflügler in den Bergen unterwegs sind, die gerne auch mal "abseits" der breitgetretenen Pfade und der offiziellen Wege unterwegs sein wollen. Und das rund um die Uhr. Wildes Zelten und Biwakieren und Nachtwanderungen sind keine Exoten-Beschäftigungen mehr. Zu den gewöhnlichen Wanderern, Bergsteigern und Kletterern gesellen sich außerdem immer mehr "Downhiller", Mountainbiker, E-Biker und "Trailrunner" hinzu. Selbst einstige Ruhezonen werden durch neue Extremklettersteige, Freerider und Touren- und Schneeschuhgeher im Winter frequentiert. "Wir müssen sorgsamer mit den Alpen umgehen. Der Klimawandel zeigt sich nirgends so wie im Alpenraum", betont DAV-Präsident Klenner in diesem Zusammenhang.

Tatsächlich ist die Durchschnittstemperatur im Alpenraum in den letzten 120 Jahren um 2 Grad gestiegen. Das Auftauen des Permafrostes, Gletscherschwund, Felsstürze und Steinschläge, Wetterkapriolen und ein Wandel der alpinen Pflanzenwelt sind jetzt schon zu beobachten.

Fest steht, die Alpen benötigen mehr Schutz vor dem Tourismus denn je. "Der gefährdete Traum" heißt deswegen auch eine aktuelle Veranstaltungsreihe, die der DAV im Rahmen seines 150. Jubiläums in Kooperation mit der Bayerischen Akademie der Wissenschaften anbietet. In einer hochkarätig besetzten Vortragsreihe wird die aktuelle Bergbegeisterung in einen gesellschaftlichen und historischen Kontext gestellt.

Die insgesamt sechs Vorträge finden im Zeitraum von 16. Mai bis 15. Juli wechselnd im Alpinen Museum (Praterinsel 5) und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Alfons-Goppel-Straße 11) in München statt. Für die Vorträge und Diskussionsbeiträge konnten renommierte Vertreter aus Wissenschaft, Medien und Sport gewonnen werden. Los geht es am Donnersteg, 16. Mai, um 19 Uhr mit einem Vortrag von Prof. Dr. Hartmund Rosa (Universität Jena) und einem Gespräch mit PriscaStraub (Bayerischer Rundfunk). Weitere Gäste an den Folgeterminen sind Wirtschaftswissenschaftlerin Monika Schnitzer, der Sportsoziologe Robert Gugutzer, die Extrembergsteiger Ines Papert und Alexander Huber. Der Eintritt zu allen Vorträgen dieser Reihe ist frei.

Weitere Termine und Veranstaltungen rund um das große Alpenvereinsjubiläum in München findet man unter www.alpenverein.de im Internet.
Stefan Dohl

Gewinnspiel zum DAV-Jubiläum
Passend zum 150-jährigen Jubiläum des Alpenvereins verlosen wir mehrere Exemplare des "Alpenvereinsjahrbuchs 2019" zur Abholung in unserer Redaktion. Teilnahmeschluss ist der 3. Juni 2019.

Artikel vom 13.05.2019
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