SPD-Ortsverband feiert mit Ausstellung und Stadtführung

100 Jahre SPD Ebersberg

Die SPD-Stadtratsfraktion 1978 vor dem Ebersberger Rathaus. Seit nun 100 Jahren ist die SPD in der Kreisstadt lokalpolitisch vertreten. Foto: Helmuth Wohner

Die SPD-Stadtratsfraktion 1978 vor dem Ebersberger Rathaus. Seit nun 100 Jahren ist die SPD in der Kreisstadt lokalpolitisch vertreten. Foto: Helmuth Wohner

Ebersberg · Am 14. April 1919 lud der Kriegsinvalide und Kassenverwalter der Ortskrankenkasse Ebersberg Sebastian Schurer zu einer politischen Versammlung ins Gasthaus Hamberger in der Ignaz-Perner-Straße ein. Dieser als Informationsabend über die politische Lage im Nachkriegsbayern sollte sich zur Geburtsstunde der SPD Ortsvertretung in Ebersberg entwickeln.

Der Pasinger Stadtrat und bayerische SPD-Landtagsabgeordnete Hans Nimmerfall hielt eine mitreißende Rede, die 50 Anwesende dazu bewegte, sich der sozialdemokratischen Partei anzuschließen. Doch von Anfang an hatten es die Sozialdemokraten im konservativen und erzkatholisch geprägten Ebersberg nicht leicht. So drohten gleich nach der Gründung des Ortsvereins viele bürgerliche Ebersberger dem Hamberger-Wirt mit einem Boykott, sollte dieser weiterhin mit den "Roten" verkehren. So musste der Ortsverein kurz nach seiner Gründung ins Gasthaus Springer in die Münchner Straße umziehen.

Trotzdem konnten 1919 vier SPD-Mitglieder bei der ersten Gemeinderatswahl in Ebersberg nach dem Krieg in das Stadtparlament einziehen. Viel Zeit ist seitdem vergangen und die SPD zu einer festen Größe in der Ebersberger Lokalpolitik geworden. Dennoch konnten die Sozialdemokraten in ihrer langen Geschichte als älteste demokratische Partei in Ebersberg bis heute noch keinen einzigen Bürgermeister stellen. Fast gereicht hatte es 1972, als Sebastian Schurer Junior knapp 50 Prozent erzielte und denkbar knapp mit nur 40 Stimmen unterschied gegen Hans Vollhardt von der CSU verlor. Seit 1994 gibt es kein Vorbeikommen an den langjährigen CSU-Kandidaten Walter Brilmayer. Hier hagelte es nahezu regelmäßig krachende Niederlagen für die SPD-Kandidaten. Doch es kam noch dicker. Bis heute ist die Ebersberger SPD so oft wie keine andere Partei bei der Besetzung des stellvertretenden Bürgermeisters gescheitert.

Einige politische Erfolge gibt es natürlich auch zu verzeichnen. Die Ebersberger SPD konnte mit dem 2017 unerwartet verstorbenen Mitglied Ewald Schurer immerhin 15 Jahre einen Mandatsträger im Deutschen Bundestag stellen. Schurer war in der Zeit von 1978 bis 1990 auch der am längsten amtierende Ortsvorsitzende der Ebersberger SPD. Aktuell sitzt Doris Rauscher vom Ortsverein für die SPD im Bayerischen Landtag. Zudem hat die Ebersberger SPD-Fraktion im Stadtrat mit 60 Prozent derzeit den höchsten Frauenanteil und stellte 1966 mit Erika Schienagl und Richardis Blum die ersten Frauen im Ebersberger Stadtrat überhaupt.

Zum 100. Gründungsjubiläum erinnert der mit 80 Mitgliedern größte SPD-Ortsverband im Landkreis mit einer Geschichtsausstellung im Ebersberger Rathaus an die leidgeprüfte Geschichte der Sozialdemokratie in Bayern. Anhand von Dokumenten und Zeittafeln bietet die Ausstellung einen Überblick über Gründungszeit in der Weimarer Republik, den Widerstand gegen das NS-Regime und den Neuanfang in der Bundesrepublik bis hin zur Gegenwart. "Viele eindrucksvolle Dokumente und Bilder sind über die vielen Jahre erhalten geblieben und wurden in den vergangenen Monaten dafür gesichtet und sortiert", berichtet Ortsvereinsvorsitzender Dirk Schött.

Mitverantwortlich für die Ausstellung ist auch SPD-Mitglied Hans Mühlfenzl. Er saß 34 Jahre für die SPD im Stadtrat und hat sich seitdem intensiv mit der Geschichte des Ortsvereins auseinandergesetzt. Er sichtete das umfangreiche Archivmaterial aus dem Nachlass von Ewald Schurer, welches zum Teil in der Ausstellung zu sehen ist.

Am letzten Sonntag wurde die Ausstellung im Beisein von Ehrengast Wilhelm Hoegner, Urenkel des ersten Ministerpräsidenten des Freistaats Bayern, feierlich eröffnet. Die Ausstellung kann noch bis 16. Mai, immer Montag bis Donnerstag von 8 bis 16.30 Uhr und freitags von 8 bis12 Uhr besichtigt werden. Am morgigen Sonntag, 14. April, bietet Kreisheimatpfleger und Historiker Thomas Warg zusätzlich einen historischen Spaziergang durch Ebersberg an, der in die Gründungsphase der Ebersberger SPD entführen soll.

Treffpunkt und Start der Runde ist um 16.30 Uhr am Restaurant "El Macho", das damalige Gründungslokal. Im Anschluss an den historischen Rundgang soll hier erneut eingekehrt werden. Genau wie die Gründungsgenossen einhundert Jahre zuvor.
Von Stefan Dohl

Artikel vom 12.04.2019
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