Besser als 50 Pferde

Vor Sperrung: Retrospektive zur Bahn über Moosach/Fasanerie/Schleißheim

Dr. Andreas C. Hofmann hat viel über die Geschichte der Eisenbahn recherchiert. Das Foto wurde aufgrund der sichtbaren Elektrifizierung vermutlich in den 40-er Jahren erstellt. F: Nachlass Sebastian Kuchlbauer (VÖ genehmigt v. Bürgermeister C. Kuchlbauer)

Dr. Andreas C. Hofmann hat viel über die Geschichte der Eisenbahn recherchiert. Das Foto wurde aufgrund der sichtbaren Elektrifizierung vermutlich in den 40-er Jahren erstellt. F: Nachlass Sebastian Kuchlbauer (VÖ genehmigt v. Bürgermeister C. Kuchlbauer)

Oberschleißheim-Fasanerie-Moosach · Seit 160 Jahren schon sind sie bekannt, geliebt und in Momenten der Ungeduld und des Zeitverzugs auch hier und da mal »gehasst«: die Züge von München nach Schleißheim, die zuerst über die Fasanerie führten und später dann auch über Moosach.

Gerade in Zeiten der wiederholten Streckensperrungen, wie dies auf dieser Linie so oft vorkommt und auch im Sommer die S1 betreffen wird, muss man sich mal bewusst machen, was so eine Linie denn tagtäglich für Strecken hinlegen muss – und das mittlerweile eineinhalb gute Jahrhunderte lang. Der Historiker Dr. Andreas C. Hofmann hat sich dieses Themas angenommen.

Eisenbahn: die Sensation des Jahrhunderts!

Am 3. November 1858 wurde auf der brandneuen Bahnstrecke München-Landshut der Personenverkehr in Betrieb genommen und unter anderem die Station Schleißheim, westlich der Schlösser eröffnet. Dies war der Startschuss für eine 160-jährige Geschichte.

Der Historiker und VABOSH-Vorsitzende Dr. Andreas C. Hofmann war auf Spurensuche nach Berichten über die Vorbereitungen, Bauarbeiten sowie Eröffnung der Strecke und ihrer neuen Bahnhöfe.

Dass die Bahnstrecke München-Landshut zum Beispiel über Oberschleißheim führt, ist offensichtlich den Schlössern zu verdanken. Denn bei den Diskussionen um das 1855 gegründete Bayerische Nationalmuseum war auch Schloss Lustheim als Standort im Gespräch. Der spätere Museumsdirektor Karl Maria Freiherr von Aretin wies König Maximilian II. am 23. März 1854 extra darauf hin, dass die Eisenbahn deswegen durch Oberschleißheim führen solle.

Schleißheim setzte sich gegen Garching durch

Eine Streckenführung über Garching wäre kürzer gewesen, scheiterte aber ferner am dortigen Posthalter, der dies als eine Konkurrenz zu seinem 50 Pferde starken Betrieb sah. Somit fiel der endgültige Beschluss zum Bau des Bahnhofs am 2. Mai 1857 in der Direktion der kgl. privilegierten Bayerischen Ostbahnen. Durch eine Bekanntmachung weiß man, dass über 11.000 Gulden für das Gebäude eingeplant waren. Dies ist knapp zwanzigmal so viel wie das Jahresgehalt eines bayerischen Generals gewesen.

Der Löwenanteil von über 6.000 Gulden entfiel auf Erd-, Maurer- und Steinhauerarbeiten. Die Handwerker mussten bis 18. Mai 1857 ihre Angebote bei der Bahnverwaltung einreichen, wobei die Auftragsvergabe bereits am Tag darauf stattfand. Zum Jahreswechsel 1857/58 war der Abschnitt von München nachSchleißheim bereits fertiggestellt und ab dem 7. Januar 1858 fuhren schon die ersten Züge. Der in Betrieb genommene Streckenabschnitt wurde auch genutzt, um die neu gelieferten Lokomotiven zu testen. Zum anderen konnten jetzt Schienen und anderes Baumaterial für die weiteren Passagen schneller transportiert werden.

Am 29. Oktober 1858 fand schließlich die Eröffnungsfahrt von München bis ganz nach Landshut statt: mit dem neugierigen bayerischen Ministerratsvorsitzenden Ludwig von der Pfordten als Ehrengast. Sie startete um 8:40 Uhr und fuhr 23 Minuten später durch Schleißheim.

Der Regelbetrieb begann für Personen am 3. November und für Güter am 15. November 1858. Im Winter 1858 kostete eine Fahrt München-Schleißheim in der dritten Klasse mit 15 Kreuzern etwa so viel wie ein Hühnchen. In Schleißheim hielten die Züge um 8:33 Uhr, 12:09 Uhr und 19:03 Uhr in Richtung München sowie um 6:58 Uhr, 10:52 Uhr und 17:28 Uhr in Richtung Landshut.

2018 hat sich am Fahrplan viel geändert. Bleibt abzuwarten, was die Streckensperrungen noch bringen werden.

Artikel vom 21.06.2018
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