SpVgg Unterhaching erarbeitet sich gegen RB Leipzig den Erfolg

Auch ein Wunder kann man erzwingen

Stefan Marinovic war am Dienstag unüberwindbar. Verteidiger Marco Rosenzweig übte sich gegen Leipzig als Torschütze.   Foto: Christian Riedel

Stefan Marinovic war am Dienstag unüberwindbar. Verteidiger Marco Rosenzweig übte sich gegen Leipzig als Torschütze. Foto: Christian Riedel

Unterhaching · Arm an Überraschungen war der DFB-Pokal noch nie. Auch in der zweiten Hauptrunde des aktuellen Wettbewerbs hat es wieder das eine oder andere kleine Wunder gegeben. Das größte darunter: Drittliga-Absteiger SpVgg Unterhaching schlägt den ambitionierten Zweitliga-Club RB Leipzig mit 3:0 (2:0) und lässt so manchen bereits ausgeschiedenen Bundesligisten hinter sich.

Hätten sie nicht ihre Arme nicht zum Hochreißen gebraucht, die 5.000 Zuschauer im Hachinger Sportpark hätten sich wahrscheinlich verwundert die Augen gerieben. Vor fünf Monaten noch lag der damalige Drittligist und feststehende Absteiger sportlich am Boden. Jetzt pirscht sich die Mannschaft von Trainer Claus Schromm in der Regionalliga Bayern in die Spitzengruppe und hat in den ersten beiden Pokalrunden einen Bundesligisten (2:1 gegen Ingolstadt) und mit RB Leipzig einen Bundesliga-Anwärter aus dem Turnier geschossen.

Der Sieg am Dienstagabend war alles andere als glücklich. Diszipliniert und hochmotiviert gingen die Münchner Vorstädter die Partie an – das Gegenteil von dem, was Leipzig sich an diesem Abend vorgenommen zu haben schien. Das Signal, das Trainer Ralf Rangnick vorab ausgesandt hatte, war eher fatal. Er setzte nicht die erste Elf ein, sondern schonte einige seiner Akteure. Dabei hätte er die Hachinger mal lieber ernstnehmen sollen, ebenso seine Mannschaft.

Was bringt mehr Ruhe und Sicherheit ins eigene Spiel als ein frühes Tor? Nach nur fünf Minuten zappelte der Ball erstmals im Leipziger Netz. Markus Einsiedler verwandelte ein Zuspiel von Thomas Steinherr eiskalt und brachte Haching damit auf die Siegerstraße. Der Matchplan ging auf. Für Markus Einsiedler war es bereits der dritte Pokaltreffer im laufenden Wettbewerb. Er hatte bereits Ingolstadt mit einem Doppelpack rausgekickt.

RB Leipzig war geschockt, ratlos, wie paralysiert. Es schien, als dachten sich die Hachinger: »Wenn Ihr das Spiel nicht machen wollt, machen wir es halt.« Die Folge: das 2:0 durch Marco Rosenzweig in der 22. Minute. Von einem Zwei-Klassen-Unterschied war nichts zu sehen und selbst, wenn: Zwei Tore Rückstand holt das höherklassige Team nicht ohne Weiteres auf. Vor allem nicht, wenn der »Kleine« alles ins Spiel bringt, was abzurufen ist. Die Leipziger sammelten sich und versuchten, das Spiel an sich zu ziehen.

Nach einer halben Stunde nahm das Spiel der Sachsen tatsächlich Fahrt auf. Und dann wurde es richtig gefährlich, doch SpVgg-Keeper Stefan Marinovic war an diesem Abend nicht zu überwinden. Er rettete den Zwei-Tore-Vorsprung in die Pause, wo es für Rangnick erheblich mehr Handlungsbedarf gab als für Schromm.

Die ebenso verblüfften wie begeisterten Zuschauer begrüßten das Heimteam mit stehenden Ovationen aus der Pause zurück. Bilder, die man viel zu lange nicht mehr im Sportpark erlebt hat. Bis in die Haarspitzen motiviert wollten sich die Hachinger das Spiel nicht mehr aus der Hand nehmen lassen. Doch ein Tor für Leipzig hätte die Partie kippen lassen können. Es kam anders.

In der 67. Minute wurde Thomas Steinherr zum Matchwinner. Er traf zum 3:0, nachdem er das erste Tor bereits vorbereitet hatte. Keine halbe Stunde mehr auf der Uhr und drei Tore Rückstand – mit hängenden Köpfen ergaben sich die Leipziger in ihr Schicksal und wurden allernächster Zeuge eines mittelgroßen Pokalwunders in Rot und Blau.

Der Einzug in die nächste Runde ist für die SpVgg vor allem wirtschaftlich wichtig. Die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Heimspiels ist groß. Außer Haching ist Aue der einzige Amateurclub im Achtelfinale, drei Mannschaften treten heute Abend an: Viktoria Köln gegen Bayer Leverkusen, Carl Zeiss Jena gegen VfB Stuttgart und SSV Reutlingen gegen Eintracht Braunschweig.

Und dann ist das nicht der einzige Pokalwettbewerb, in dem die SpVgg noch mitspielt. Im Verbandspokal gehören die Hachinger zum Favoritenkreis, nachdem sie ihrerseits den Pokalschreck SpVgg Haidhausen mit 7:0 rausgekickt haben. Im Viertelfinale Anfang April muss die Mannschaft zum SV Seligenporten. Noch vor Weihnachten wird's auf der großen Fußballbühne ernst. Am 15. und 16. Dezember wird das DFB-Pokal-Achtelfinale ausgespielt. Erst dann geht's für den Regionalligisten in die Winterpause, die in der Meisterschaft schon zehn Tage vorher beginnt. Aber für so ein Achtelfinale sitzen die Rot-Blauen gerne mal nach.

Artikel vom 28.10.2015
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