Lärmaktionsplan zur Gemeinde liegt im Rathaus aus

Kirchseeon ·„Staades“ Kirchseeon

Noch bis 23. Dezember können Kirchseeoner Vorschläge zum Lärmaktionsplan einreichen. Laut Udo Ockel fehlen etwa in Eglharting Lärmschutzwände. 	Fotos: sf/Gemeinde

Noch bis 23. Dezember können Kirchseeoner Vorschläge zum Lärmaktionsplan einreichen. Laut Udo Ockel fehlen etwa in Eglharting Lärmschutzwände. Fotos: sf/Gemeinde

Kirchseeon · Noch bis Freitag, 23. Dezember, liegt der Lärmaktionsplan der Regierung von Oberbayern im Bauamt des Rathauses Kirchseeon aus und interessierte oder von Schienenlärm betroffene Bürger können Anregungen oder Vorschläge bei der Gemeinde einreichen.

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„Es gibt schon einige Stellen bei uns, wo noch Lärmschutzwände fehlen, zum Beispiel in Eglharting“, sagt Kirchseeons Rathauschef Udo Ockel. Hier lautet der Vorschlag der Gemeinde, entlang der Gleise auf beiden Seiten den Schallschutz so zu bauen, dass die Züge immer abwechselnd hinter einer Wand fahren. „Eine komplette Einschalung käme zu teuer und ob die Bahn überhaupt etwas zahlt, ist fraglich“, so Ockel. Die Gemeinde könnte zwar auf eigene Faust Maßnahmen ergreifen, „aber dann müssten wir etwa 90 Prozent der Kosten auf die Bürger umlegen und das will keiner“, erklärt der Rathauschef. Offenbar fühle sich ohnehin niemand betroffen, denn bisher seien noch keine Rückläufe von Bürgern gekommen, so Ockel. Diese wolle man aber auf der nächsten Gemeinderatssitzung am 12. Dezember, bei der das Thema auf der Tagesordnung steht, diskutieren.

Mit dem Ziel, europaweit ein gemeinsames Konzept zur Verminderung von „Umgebungslärm“ festzulegen, hat die Europäische Kommission alle Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, Lärmaktionspläne gegen Lärmbelastung, zum Beispiel von Straßen und Eisenbahnstrecken, in Ballungsräumen aufstellen. Da auch Kirchseeon durch die Bahnstrecke München-Rosenheim betroffen ist, wurde auf Grundlage des Bundesimmissionsschutzgesetzes erstmals für die Gemeinde ein entsprechender Lärmaktionsplan entwickelt, der alle fünf Jahre überprüft werden muss.

„Wozu?“ wird sich so mancher Bürger fragen, denn weder sind die Dezibel-Werte, bei denen man von einer Lärmbelastung sprechen kann, gesetzlich festgelegt, hier gibt es nur Richtwerte, die das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit den Regierungen vorgeschlagen hat, noch kann die Deutsche Bahn AG nachträglich zu Schallschutzmaßnahmen verpflichtet werden. Der Lärmaktionsplan für Kirchseeon umfasst Daten für vorhandene und geplante Bebauungen, die das Eisenbahn-Bundesamt aus Archiven und durch Befragung der Gemeinde zusammengetragen hat. Laut Lärmkartierung des Eisenbahn-Bundesamtes sind mehr als 50 Bürger tagsüber einem Lärmpegel von über 70 Dezibel, nachts über 60 Dezibel ausgesetzt. Zum Vergleich: 70 Dezibel entsprechen dem Geräuschpegel eines Großraumbüros, ab 85 Dezibel müssen Arbeitgeber Gehörschutz zur Verfügung stellen. Allerdings wurden bereits abgeschlossene passive Lärmschutzmaßnahmen wie schalldichte Fenster nicht berücksichtigt und auch die geschätzte Einwohnerzahl Kirchseeons stimmt nicht mit den Angaben der Gemeinde überein. Somit geht das Eisenbahn-Bundesamt davon aus, dass die tatsächliche Zahl der betroffenen Bürger niedriger ist.

Auch andere Daten stimmen nicht. Ein Beispiel ist der „Bebauungsplan Dachsberg II“. Falls er realisiert würde, erübrigt sich in diesem Bereich eine Lärmschutzwand, weil die – in dem Fall gewerbliche – Bebauung genügend Lärmschutz bietet, heißt es in den Unterlagen. In Kirchseeon ist dieser Bebauungsplan allerdings unbekannt. „Es könnte sich um das Schwellenwerksgelände am Ende der Straße handeln“, mutmaßt Bürgermeister Ockel. Vor Jahren habe es hier Überlegungen gegeben, das brach liegende Grundstück zu bebauen, aber da der Boden kontaminiert ist und erst gereinigt werden müsste, sei es schwer, einen Investor zu finden, sagt der Rathauschef. Ein weiteres Beispiel: Die Kleingartenanlage Kirchseeoner Weg. Nach Aussagen von Ockel ist der Bebauungsplan 2002 in Kraft getreten, aber passiert ist seitdem nichts. Denn der Bauherr müsste laut eines städtebaulichen Vertrages die Lärmschutzmaßnahme selbst finanzieren und das wäre laut Gutachten eine drei Meter hohe Lärmschutzwand. Ockel: „Wenn die mehr kostet, als der Investor durch die Kleingartenanlage gewinnen kann, lohnt es sich nicht. Bisher haben sich noch nicht genügend Interessenten für die Anlage gefunden“.

Vielleicht wird das Thema Lärmaktionsplan für die Bürger interessanter, wenn der Brenner-Basis-Tunnel (BBT) gebaut wird und dann Güter- und Personenzüge durch ihn und die insgesamt 2.200 Kilometer lange Strecke Berlin-Palermo rattern. Der Nordzulauf soll dann nämlich über die Strecke München-Rosenheim erfolgen. Von Sybille Föll

Artikel vom 01.12.2011
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