Kontroverse Informationsveranstaltung mit Gutachter und Vertretern der Stadt

Feldmoching · Streit ums Grundwasser

Markus Auerbach, die Anwohner-Sprecher Rolf Deska und Martin Obersojer,  Rudolf Fuchs, Dr. Klaus Arzet und Robert Schmidt (von links).	Foto: ws

Markus Auerbach, die Anwohner-Sprecher Rolf Deska und Martin Obersojer, Rudolf Fuchs, Dr. Klaus Arzet und Robert Schmidt (von links). Foto: ws

Feldmoching · Das überarbeitete Gutachten zur Grundwasser-Problematik am Nordwest-Sammelkanal im Norden Feldmochings liegt vor:

Grundwasser-Problematik in Feldmoching

Der private Gutachter Axel Christmann von der Ingenieurtechnik GmbH berichtete bei einer Infoveranstaltung des Bezirksausschusses Feldmoching-Hasenbergl im Pfarrsaal von St. Peter und Paul von einem Aufstau des Grundwassers an dem Abwasserkanal in Höhe von 45 Zentimetern. Genehmigt seien im Wasserbescheid 29 Zentimeter. Für die Überflutung vieler Keller im Bereich der sogenannten Untermühle in Feldmoching im vergangenen Sommer nannte Christmann drei »gravierende« Ursachen: die starken Regenfälle, die Überflutung des nahen Würmkanals sowie bauliche Veränderungen am Nordwest-Sammelkanal. So ergebe eine unterirdische Spundwand von 52 Metern Länge »im Abstrom eine einseitige Behinderung«.

Damit das von Süden anfließende Grundwasser künftig besser den Abwasserkanal umströmen könne, empfahl der Gutachter als Sofort-Maßnahme unter anderem Durchstiche. Er habe der Münchner Stadtentwässerung dies bereits im Jahr 2000 nahe gelegt – doch passiert sei nichts, bemängelte der private Kanalexperte, der damals im Auftrag der Stadtentwässerung ein Gutachten erstellte.

Der Nord-West-Sammelkanal war 1999 fertig gestellt worden. Der unterirdische Betonschacht ist rechteckig und hat Außenmaße von 5,60 Metern Höhe und 3,60 Metern Breite. Auf dem Abwasserschacht befindet sich dem Gutachter zufolge zum Teil eine 50 Zentimeter dicke Betonschicht. Diese werde nun herausgeschnitten, Rohre würden verlegt und der Rest mit Roll-Kies aufgeschüttet, damit das Grundwasser künftig den Kanal auch obenherum überströmen könne. Die Hausbesitzer forderten einmal mehr, dass das unterirdisch anfließende Wasser den Abwasserkanal künftig besser unter- und überströmen könne.

Rolf Deska, Sprecher von geschädigten Hausbesitzern, betonte: »Uns tun die Pegelunterschiede des Grundwassers weh – und nicht die Niederschläge.« Die Anlieger glauben nach wie vor, dass der Abwasserkanal die Hauptursache für die Überflutung ihrer Keller im August 2010 war – was die Stadtverwaltung auch weiterhin heftig bestreitet. Martin Obersojer, ebenfalls Sprecher von betroffenen Hausbesitzern, wollte wissen: »Wer ist dafür verantwortlich, dass nichts getan wurde?«

Robert Schmidt, technischer Werkleiter der Stadtentwässerung, schloss dies für seine Behörde aus. Er betonte außerdem: »Wenn wir ursächlich Schuld hätten, würden wir zahlen.« Die Stadt habe zwar ihre Versicherung informiert, doch »der ursächliche Zusammenhang« müsse nachgewiesen werden. Rudolf Fuchs vom städtischen Referat für Gesundheit und Umwelt stellte klar: »Wir sind der Auffassung, dass die Niederschlagsmenge die Hauptursache war.«

Aus Sicht der Stadtverwaltung werde in dem Gutachten nichts über die tatsächlichen Ursachen für die nassen Keller im August 2010 ausgesagt. Die starken Regenfälle hätten damals erhebliche Auswirkungen gehabt, dieser Aspekt sei in dem Gutachten zu kurz gekommen, sagte Fuchs. Die Vertreter der Stadt waren in dieser wichtigen Frage also anderer Auffassung als der Gutachter.

Der heftige Streit um die Schuldzuweisung und um angeblich falsche oder richtige Zahlen sowie um technische Details bestimmte den Abend. Als sich die Diskussion immer mehr im Kreise drehte, schaltete sich die Politik ein. Versammlungsleiter Markus Auerbach (SPD), Vorsitzender des Bezirksausschusses Feldmoching-Hasenbergl, ermahnte die städtischen Beamten, endlich konkrete Maßnahmen zu nennen. Trotzdem ging das Hickhack zwischen Bürgern und Behördenvertretern weiter. So war man nach drei Stunden nicht weitergekommen.

Der Landtagsabgeordnete Joachim Unterländer (CSU) zeigte sich frustriert: »Mich beschleicht das Gefühl, dass sich nicht so viel ändert.« Dabei müssten im Interesse der Betroffenen schnellstmöglich Abhilfemaßnahmen erfolgen, »damit so etwas nicht mehr vorkommt«, so Unterländer. Auch Stadträtin Mechthilde Wittmann (CSU) warf der Stadt vor, dass in den letzten Jahren »offenkundig nichts passiert ist«.

Ein Mitarbeiter der Stadtentwässerung kündigte dann doch Maßnahmen an: In diesem Frühjahr würden Grundwasser-Überleitungen auf dem Abwasserkanal errichtet. Die Arbeiten für diese Durchstiche würden etwa drei Monate dauern. Ferner sei die Sanierung aller Düker in Feldmoching geplant: Diese Rohre leiten bereits das anströmende Grundwasser unter dem Kanal hindurch. Auch für den Notfall will die Stadtentwässerung vorsorgen: Falls es im Sommer wieder stark regnet, sollen kurzfristig Überpumpmaßnahmen erfolgen. Mit zwei Vakuum-Pumpen könnte man das Grundwasser von einem Dükerschacht hoch an die Erde pumpen und auf einen Acker leiten. Gutachter Christmann wies schließlich darauf hin, »dass wir hier ein Klein-Venedig haben«. An dieser Ecke Feldmochings fließen der Würmkanal und der Mühlbach. Der Würmkanal sei im vergangenen August übergeschwappt. Betroffen davon waren Häuser in der Schwarzhölzlsiedlung.

»Lassen Sie uns nicht absaufen. Bitte machen Sie den Würmkanal und den Mühlbach hochwassersicher«, forderte ein Anwohner der Siedlung unter dem Applaus der gut 100 Anwesenden. Der Leiter des staatlichen Wasserwirtschaftsamtes, Dr. Klaus Arzet, stellte jedoch klar, dass partielle Damm-Anschüttungen am Würmkanal nicht möglich seien. Das Ur-Gutachten liegt dem Bezirksausschuss inzwischen ebenfalls vor. Es werde in diesen Tagen geöffnet, kündigte der Gremiumsvorsitzende Auerbach an. Wie berichtet hatte die Stadtverwaltung im Februar das Ergebnis des Gutachtens strikt geheim gehalten, weil es »zu falschen Schlussfolgerungen« hätte führen können. Die Stadt hatte Nachbesserungen gefordert. Das ist mittlerweile geschehen. »Und trotzdem wissen die Herren von der Stadt es dann anders«, resümierte ein Bürger ironisch. Er spielte darauf an, dass der private Gutachter und die städtischen Beamten nun bei der offiziellen Präsentation der Untersuchung die Ursachen für die Keller-Überflutungen unterschiedlich bewerteten.

Wally Schmidt

Artikel vom 19.04.2011
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