Junge Zugewanderte und Geflüchtete haben nach ihrer Ankunft in Deutschland vor allem ein Ziel: Schnell Arbeit finden und auf eigenen Beinen stehen. Ein Praktikum ist der ideale erste Schritt für die Neuankömmlinge – sie können in Berufe hineinschnuppern und lernen Betriebe kennen. Die Online-Praktikumsbörse „sprungbrett into work” bietet Interessierten über 1.300 branchenübergreifende Plätze an ( die Münchner Wochenanzeiger berichteten ). Wir haben uns mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie sowie der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. unterhalten. Beide Einrichtungen unterstützen die Praktikumsbörse:
Woher kam die Idee zu „sprungbrett into work” und wie wird die Website praktisch umgesetzt und betreut?
Ilse Aigner, CSU, Bayerische Wirtschaftsministerin: „ Bayern ist das Land der gelingenden Integration. Das liegt auch daran, dass Wirtschaft, Politik und Verwaltung an einem Strang ziehen, wie bei der Entwicklung des Konzepts 'sprungbrett into work'. Alle Beteiligten haben erkannt, dass die geflüchteten jungen Menschen Unterstützung bei der Integration brauchen. Die aktive Teilhabe am Arbeitsmarkt ist die entscheidende Voraussetzung für eine langfristig erfolgreiche Integration in die Gesellschaft. Die Weiterentwicklung des bereits bestehenden Konzepts 'sprungbrett bayern' der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) war daher eine logische Folge und wurde von allen Beteiligten vorbildlich umgesetzt. Für eine erfolgreiche Vermittlung steht seit März vergangenen Jahres eine Online-Plattform zur Verfügung. Diese bietet bereits nach nur einem Jahr branchenübergreifend und bayernweit rund 1.300 Praktikumsplätze. Betreut wird die Seite durch das Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft e.V. Das Bayerische Wirtschaftsministerium unterstützt dieses Projekt mit knapp 400.000 Euro pro Jahr. Wir wissen: Das ist gut angelegtes Geld.”
Warum ist „sprungbrett into work” so wichtig für junge Geflüchtete?
Ilse Aigner : „Wenn man aus einem fremden Land kommt sind die ersten Schritte nicht leicht. Die Sprache, die Gepflogenheiten und insbesondere die Arbeits- und Ausbildungswelten sind neu. Wir haben mit der sehr erfolgreichen Dualen Ausbildung ein weltweit nahezu einzigartiges System. Es bereitet die jungen Menschen ideal auf den Arbeitsmarkt vor, stellt aber hohe Anforderungen. Wenn wir den Geflüchteten jedoch eine echte Chance geben wollen, in unserer Gesellschaft anzukommen und sich eine Zukunft aufzubauen, muss uns die Arbeitsmarktintegration gelingen. Ein Praktikum bietet den Geflüchteten daher eine ideale Gelegenheit, um erste Einblicke in Betriebe und Berufsbilder zu gewinnen und diese mit ihren Fähigkeiten und Interessen abzugleichen. Sie haben Kontakt zum Unternehmen und können diese von sich überzeugen. Ein wichtiger erster Schritt. Auch die Unternehmen können im Rahmen des Praktikums den Bewerber kennenlernen. Das Online-Portal 'sprungbrett into work' bringt die jungen Geflüchteten mit ausbildungswilligen Unternehmen zusammen und überbrückt damit die erste Hürde hin zu einer dauerhaften Ausbildung.”
Was ist das Ziel der Plattform „sprungbrett into work” und wie gut funktioniert die Umsetzung?
Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw - Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V.: „ Unser Ziel ist es, Flüchtlinge in den bayerischen Arbeits- und Ausbildungsmarkt zu integrieren. 'sprungbrett into work' ist eines von zwölf Projekten aus unserem Maßnahmenpaket 'IdA – Integration durch Ausbildung und Arbeit', das wir im Herbst 2015 gemeinsam mit der Bayerischen Staatsregierung und der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit gestartet haben. Diese Plattform bietet Mehrwert für die Teilnehmer: Unternehmen können integrationsbereite junge Menschen als zukünftige Auszubildende oder Mitarbeiter gewinnen und gleichzeitig gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Flüchtlinge können sich damit schnell und unkompliziert für Praktika bewerben. Praktika sind ein wichtiger Schritt für eine erfolgreiche Integration in das Berufs- und Arbeitsleben.”
Wie können Unternehmer Praktikumsangebote auf 'sprungbrett into work' schalten?
Bertram Brossardt: „ Die Anwendung ist einfach und unkompliziert. Die Unternehmen registrieren sich auf der Homepage, dann füllen sie das Anzeigeformular aus und die Praktikumsanzeige ist damit freigeschaltet. Hat das Unternehmen bereits einen Account, so muss es nur die Praktikumsanzeige anlegen.”
Kostet ein Angebot für Unternehmen oder Geflüchtete etwas?
Bertram Brossardt: „ Nein, die Nutzung der Plattform 'sprungbrett into work' ist für die teilnehmenden Flüchtlinge sowie für die Unternehmen gratis.”
Können Geflüchtete auch die Initiative ergreifen und generelles Interesse an einem Praktikum bekunden, ohne sich auf eine konkrete Stelle zu bewerben?
Bertram Brossardt: „ Ja, das ist möglich. Sie können einfach über den Button 'Kein passendes Praktikum gefunden? Melde Dich bei uns!' Kontakt aufnehmen und ihr Interesse für eine Praktikumsstelle bekunden. Ein Mitarbeiter des sprungrett-Teams setzt sich dann mit ihnen in Verbindung und hilft gezielt bei der Suche nach einem Praktikumsplatz.”
Wer hilft einem Geflüchteten, wenn er sich auf der Website nicht zurechtfindet?
Bertram Brossardt: „' sprungbrett into work“ ist zielgruppengerecht aufgebaut. Die Nutzung ist leicht verständlich und selbsterklärend. Alle aktuellen Praktikumsangebote sieht man auf den ersten Blick, sobald man auf der Homepage ist. Zusätzlich gibt es ein Erklärvideo auf der Startseite, das beim Einstieg hilft. Außerdem sind die Inhalte der Seite auch auf Englisch verfügbar. Kommt man trotzdem nicht weiter, kann man einfach Kontakt zum sprunbgrett-Team aufnehmen, das gerne hilft.”
Wo können sich interessierte Unternehmen informieren?
Bertram Brossardt: „ Hierfür gibt es eine spezielle Rubrik auf der Seite. Sie enthält Informationen, die besonders für Unternehmen relevant sind, zum Beispiel über Förderinstrumente, die Unternehmen nutzen können. Neben 'sprungbrett into work' können sich Unternehmen auch über www.integration-durch-arbeit.de über alle rechtlichen Fragen der Flüchtlingsintegration informieren.”
Wie viele Praktika werden angeboten und viele Unternehmen sind auf der Plattform registriert?
Bertram Brossardt: „ Momentan sind 1.371 Praktikumsplätze online. Bayernweit sind es 410 Unternehmen, die aktuell die Plattform nutzen, um Praktikumsplätze für Flüchtlinge anzubieten. In ganz Bayern werden von Januar 2016 bis Ende dieses Jahres insgesamt 60.000 Flüchtlinge ein Praktikum in Unternehmen gemacht haben. Mit unserer Plattform 'sprungbrett into work' und mit unseren weiteren IdA-Projekten tragen wir einen Teil dazu bei.”