Veröffentlicht am 27.07.2017 12:24

„Ein Bezirk, in dem man gerne lebt”

Die Blumenhütte am Harras. (Foto: Stefan Kubon-Lindinger)
Die Blumenhütte am Harras. (Foto: Stefan Kubon-Lindinger)
Die Blumenhütte am Harras. (Foto: Stefan Kubon-Lindinger)
Die Blumenhütte am Harras. (Foto: Stefan Kubon-Lindinger)
Die Blumenhütte am Harras. (Foto: Stefan Kubon-Lindinger)

Anfang der 90er Jahre wurde München in neue Stadtbezirke gegliedert. Das Gebiet „Sendling” teilt sich seither in den Bezirk 6: Sendling und 7: Sendling-Westpark. Außerdem ist da noch der Stadtbezirk 19 zu dem neben Fürstenried, Forstenried und Solln auch Thalkirchen und Obersendling gehören. Doch nicht Stadtbezirksgrenzen machen ein Lebensgefühl aus. Anwohner definieren ihre „Heimat” viel eher durch bestimmte Straßen, Plätze oder Parks, die sie nicht missen möchten. Die Münchner Wochenanzeiger haben an offizieller Stelle nachgefragt, wie Stadtbezirke vor über 20 Jahren eingeteilt wurden:

„Festgelegt auf politischer Ebene”

Bernhard Plank, Pressesprecher des Kommunalreferats der Landeshauptstadt München: „ Der GeodatenService des Münchner Kommunalreferats ist zwar für die Vermessung der Stadtbezirksgrenzen zuständig. Festgelegt werden die Grenzen jedoch auf politischer Ebene.”

„Auftrag des Stadtrates”

Matthias Kristlbauer, Presse- und Informationsamt der Landeshauptstadt München: „ Im Jahr 1991 hat der Stadtrat unter Mitwirkung der Bezirksausschüsse und der Öffentlichkeit neue Stadtbezirksgrenzen und -namen festgelegt, darunter auch die Bezirksausschüsse, die jeweils einen Teil Sendlings beinhalten (6 - Sendling, 19 - Thalkirchen - Obersendling - Forstenried - Fürstenried - Solln). Der Stadtbezirk 7 hieß damals noch Westpark. Hintergrund der Festlegung war ein Auftrag des Stadtrates vom 24. Januar 1991, der die Stadtverwaltung damals beauftragt hat, 'bis zum 30. September 1991 eine Vorlage nach Anhörung der Bezirksausschüsse über eine Neueinteilung des Stadtgebietes in zirka 20 Stadtbezirke von vergleichbarer Größe zu erarbeiten und dem Stadtrat vorzulegen'.

„Übertragung von Entscheidunsgrechten”

Hintergrund war die Übertragung von Entscheidungsrechten auf die Bezirksausschüsse durch den Stadtrat. Hierzu hatte die Regierung von Oberbayern dringend empfohlen, eine Neueinteilung des Stadtgebietes vorzunehmen, um gestärkten und mit neuen Aufgaben versehenen Bezirksausschüssen Stadtgebiete zuordnen zu können, die in Größe, Bevölkerungsstruktur und Problemfülle möglichst gleichgewichtig sein sollten. Auch wurde im Sozialbereich (Sozialverwaltung und freie Träger der Wohlfahrtspflege) eine Neueinteilung wegen der Erleichterung und Beschleunigung des eigenen Vorhabens, die sozialen Dienste neu zu gliedern und eventuell zu dezentralisieren, begrüßt. Auch das Kreisverwaltungsreferat hat sich positiv zur Möglichkeit geäußert, die Stimmbezirke und Wahllokale neu zu ordnen.”

„Der Sendlinger mag es nicht zu üppig”

Wir haben uns außerdem umgehört, was „Sendling” und andere Münchner Viertel für ihre Bewohner ausmacht – unabhängig von jeweiligen Bezirksgrenzen:

Stefan Kubon-Lindinger, Blumenhütte am Harras: „ Wir besitzen die Blumenhütte am Harras. Was wir an unserem Standort besonders schätzen, ist das sehr gemischte Publikum, das bei uns einkauft. Viele Alteingesessene schauen vorbei, darunter mischen sich häufig junge Familien: Bodenständige Leute. Gerade in unserer Arbeit mit Naturprodukten merken wir natürlich, dass die Anwohner sehr naturbewusst sind. Deshalb bieten wir auch überwiegend regionale Ware an. Der Großteil unserer Blumen und Pflanzen kommt aus der Gärtnerei unserer Familie in Freimann. So können wir die gute Herkunft unserer Angebote garantieren – auch unser Honig kommt von dort. Was Blumensträuße angeht, mag es der Sendlinger nicht zu üppig. Es soll aussehen, wie von der Wiese gepflückt. Ebenso Weihnachten, wenn Dekoration ausgesucht wird: Natur ist immer wichtig.

Davon haben wir hier gerade genug. Da sind der Westpark und der Neuhofer Park. Wir kennen uns rund um den Harras sehr gut aus, wir schätzen die Margareten Kirche, sie ist architektonisch toll, sehr monumental. Natürlich mögen wir auch den Stemmerhof mit zugehöriger Wiese. In unserer kleinen Blumenhütte etwas abseits vom Trubel am Harras haben wir einen netten Ruhepol gefunden – inmitten toller Geschäfte, in denen man sich gut kennt.

„Historischer Stadtbezirk”

Alfred Nagel, Sprecher der CSU in Sendling-Westpark: „ Sendling-Westpark ist ein historischer Stadtbezirk im Südwesten von München. Der Stadtbezirk mit seinem jungen Namen ist aus der Gemarkung Untersendling erwachsen. Um 1860 wird die Steuergemeinde Sendling, noch außerhalb des Burgfriedens, gebildet und beim Eingemeindungsschub in der Gründerzeit 1877 als Bezirk Sendling (XIX) weitergeführt. Schon als Steuergemeinde umfasste dieser Bezirk ungefähr das spätere Waldfriedhofviertel (Bezirk 34 alt) und den Stadtbezirk Sendling (Bezirk 19 alt). Die Abtrennung der beiden Viertel entlang der Bahnlinie erfolgte 1948 mit dem Erlass der ersten Nachkriegssatzung über die Bildung von Bezirksausschüssen in den Stadtbezirken (seinerzeit 41 an der Zahl). Nach der Neueinteilung der Stadtbezirke 1992 wurde aus dem Waldfriedhofviertel – durch Abtrennung des Friedhofsgeländes sowie Begradigungen im Norden an der Westendstraße und im Westen an der Fürstenrieder Straße – der Stadtbezirk 7 gebildet: mit dem neuen Namen Sendling-Westpark. Das 1948 abgetrennte Sendling erhielt nun die neue Stadtbezirks-Nummer 6.

„Grünflächen dürfen keinesfalls angetastet werden”

Nach einer stürmischen Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg ist der Stadtbezirk auf 60.000 Einwohner angewachsen. Es gibt kaum noch Bereiche auf der fast 800 Hektar großen Fläche des Stadtgebietes, auf der Wohnungen gebaut werden könnten. Seit der Bebauung des Hansaparks war und ist letztlich nur noch eine maßvolle Nachverdichtung möglich. Denn nach der weitgehenden Schließung der Verkehrsnarbe Mittlerer Ring dürfen die, den Stadtbezirk prägenden, großen Grünflächen 'Westpark' und 'Sendlinger Wald' keinesfalls angetastet werden. Vielmehr ist der Luise-Kiesselbach-Platz als Grünfläche neu zu gestalten und soll mit den rund 40 weiteren Grünflächen dazu beitragen, Aufenthalts- und Wohnqualität im Stadtbezirk zu verbessern. Zur Klimaverbesserung tragen als grüne Lunge auch die großen Areale der Kleingärten bei. Zum Stadtbezirk gehören auch sportliche und kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen im Westpark, im Feierwerk, in der Kranhalle, in den Kirchen, den vielen Sportvereinen und nicht zuletzt die großen Events der Basketballer im Audi Dome.

„Soziales Engagement”

Auch das soziale Engagement findet seinen sichtbaren Ausdruck teils weit über die Grenzen des Stadtbezirks und Münchens hinaus, im Altenheim St. Josef, im Spastikerzentrum ICP und in der Lebenshilfe. Schließlich beherbergen wir neben vielen kleinen und mittleren Unternehmen mit ihren wertvollen Arbeitsplätzen auch große Dienstleistungsunternehmen wie den TÜV SÜD, die Zentrale der Fraunhofer Gesellschaft und den ADAC und, als weit über die Grenzen hinaus bekanntes, produzierendes Unternehmen, IWIS-Ketten. Die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen sichern zahlreiche Kindertagesstätten, vier Grundschulen, eine Förderschule und zwei bekannte Gymnasien, die künftig zu einem Bildungscampus Westpark zusammengeführt werden sollen. Damit sind im Stadtgebiet gute Voraussetzungen geschaffen, für hohe Wohnqualität und die Möglichkeit der Entspannung in den Grünanlagen sowie den sportlichen und kulturellen Einrichtungen. Mit der Sicherheit, für die im Hintergrund die Polizeiinspektion 15 sorgt, ist Sendling-Westpark auf dem Weg zu einem Stadtbezirk Münchens, in dem man gerne lebt.”

„Ich möchte in keinem anderen Viertel wohnen”

Auch außerhalb Sendlings lieben die Münchner ihre Viertel – oder? Wir haben einige Stimmen aus der Stadt eingefangen:

„Lebenswerter Stadtbezirk”

Sabine Weisenbach, Waldperlach: „ Wir gehören zum BA 16, Ramersdorf-Perlach. Das heißt, Waldperlach wird gar nicht wirklich wahrgenommen. Die Teile Ramersdorf, Perlach, Neuperlach und Waldperlach sind in so vielen Punkten so verschieden, dass es fast unmöglich ist, ein gemeinsames Bild darüber zu machen. Waldperlach ist noch sehr grün, es gibt wirklich viele Bäume und Grünflächen, im Gegensatz zu Ramersdorf. Die Nachbarschaft kennt sich noch, zumindest im alten Teil von Waldperlach, was auch sehr schön ist. Leider haben wir auch nicht so schöne Unterschiede, wie die unterschiedlichen Quadratmeterpreise für Wohnraum und Grundstücke, die relativ schlechte Infrastruktur in Waldperlach und das Überangebot an Bussen in Neuperlach. Dann hätten wir da noch die mangelnde medizinische Versorgung in Waldperlach. Hier ist es für ältere, kranke Menschen ohne Auto sehr schwer, einen Arzt aufzusuchen. Dann gibt es leider keine Möglichkeit, biologische Produkte zu kaufen, es gibt nur einen Penny und einen Rewe. Fazit: Waldperlach ist trotz allem ein sehr schöner, lebenswerter Stadtrandbezirk, um den sich nur leider keiner kümmert.”

„Wollt nie weg”

Wolfgang Baumann, Neuhausen: „ Schon als kloaner Bua und großer Lauser, war ich gerne ein Neuhauser. Wollt nie weg, was anderes sehn, fand mein Neuhausen wunderschön. Erstes Rendevouz mit Sarcletti-Eis, am Rotkreuzplatz schmelzen Herzen, wenn´sd net aufpasst, auch das Eis. Dieser Ort ist was Besondres und ich liebe diesen Flair. Wenn du hier geboren bist, magst du München umso mehr.”

„Gewachsene Struktur des Viertels”

Wolfgang Schwirz, Vorsitzender Unterausschuss Bildung und Sport, Bezirksausschuss 9 Neuhausen-Nymphenburg: „ Als Neuhauser, der in der Nymphenburger Straße groß geworden ist, sage ich natürlich, dass ich im schönsten Stadtteil Münchens lebe. Dafür spricht die gewachsene Struktur des Viertels, wo noch Altes, wie die Gebäude in der Juta-Straße und die Winthirkirche, neben ganz Neuem, wie den neu entstandenen Wohngebieten Arnulfpark, Hirschgarten und Nymphenburg Süd, besteht. Der Rotkreuzplatz als Zentrum bietet alles, was man zum Leben braucht, vom Wochenmarkt über Einzelhandelsgeschäfte und den Kaufhof bis zur Buchhandlung – und die gleich zweifach. Und die Lokal- und Kneipenlandschaft sucht ihresgleichen. Als Mitglied im Bezirksausschuss (BA) seit 1998 ist mir die Zugehörigkeit aller Neuhauser zu ihrem Viertel wichtig und wir alle im BA versuchen, die Wünsche und Anregungen aus der Bevölkerung umzusetzen, soweit dies geht und die Verwaltung will und kann. Da ist manchmal einige Überzeugungsarbeit nötig. Die Maxvorstadt in der Nachbarschaft bietet natürlich auch einiges. Gleich an der Grenze steht die Bennokirche, architektonisch und in ihrer Wirkung ein echtes Schmuckstück. Und das Museumsviertel ist einzigartig in der Welt: Alte Pinakothek, Neue Pinakothek, Pinakothek der Moderne und Brandhorst-Museum bieten die ganze Kulturgeschichte von den Anfängen bis in die Gegenwart. Da kann man schon etwas neidisch werden.”

„Einiges geboten”

Alfred Hilbich, Giesing: „ Für mich ist Giesing eines der schönsten Stadtviertel von München. Nicht nur, weil ich da schon seit Geburt wohne – 25 Jahre Untergiesing, 36 Jahre Obergiesing. Giesing liegt schon mal strategisch optimal. Mit dem Auto ist man sofort an den Autobahnanschlüssen Richtung Süden. Mit dem Rad oder zu Fuß ist es nur ein Katzensprung an die Isar oder in die Stadtmitte. Alle öffentlichen Verkehrsmittel (Trambahn, Busse S- und U-Bahn) sind praktisch vor der Tür. Einkaufsmöglichkeiten an fast jeder Ecke, ebenso wie die ärztliche Versorgung. Giesing hat sehr viele grüne Oasen. Die Hinterhöfe der alten Häusern wie in der Unteren Grasstraße oder Gietl Straße sind noch ein Stück altes München – das hat nicht jedes Viertel. Kulturelle Veranstaltungen bietet Giesing natürlich auch: das Kulturzentrum Giesinger Bahnhof und demnächst auch Musikevents im Giesinger Bräu Musikbühne. Im Vergleich zu einigen anderen Vierteln ist abends auch einiges geboten. Diverse Bars, Bistros und Lokalitäten laden zum gemütlichen Sitzen und Relaxen ein; im Sommer natürlich im Freien. Das hat schon südländischen Flair. Giesing ist ein schönes, familiäres gewachsenes Viertel mit allen Altersgruppen und Bevölkerungsschichten. Ich möchte in keinem anderen Viertel wohnen.”

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