Veröffentlicht am 01.02.2017 15:11

„Man hat einen Freund an seiner Seite”

Blindenführhunde sind an der orangefarbenen Kenndecke mit der gleichnamigen Aufschrift gut zu erkennen. (Foto: job)
Blindenführhunde sind an der orangefarbenen Kenndecke mit der gleichnamigen Aufschrift gut zu erkennen. (Foto: job)
Blindenführhunde sind an der orangefarbenen Kenndecke mit der gleichnamigen Aufschrift gut zu erkennen. (Foto: job)
Blindenführhunde sind an der orangefarbenen Kenndecke mit der gleichnamigen Aufschrift gut zu erkennen. (Foto: job)
Blindenführhunde sind an der orangefarbenen Kenndecke mit der gleichnamigen Aufschrift gut zu erkennen. (Foto: job)

Wer einen Blindenführhund benötigt, stößt mitunter auf Missverständnisse. Yvonne Uhrig wohnt in Hadern. Sie ist auf einen solchen Hund angewiesen. Im Gespräch mit Redaktionsmitarbeiterin Sümeyye Ugur erklärt sie, welche Hürden sie mit ihrem Vierbeiner im Alltag bewältigen muss.

„Der Hund kann viel mehr”

Wobei hilft Ihnen Ihr Hund besonders?

Yvonne Uhrig: Der Hund ersetzt den Blindenstock. Er kann aber viel mehr: Er erkennt Absperrungen und umläuft Hindernisse. Er sucht Briefkästen, weicht Wasserpfützen aus, zeigt Bordsteine, Ampeln, Aufzüge, Ein- und Ausgänge, Haltestellen, Zebrastreifen an. Er weicht Radfahrern und Passanten aus. Er sucht Treppen und er findet Schalter und Kassen jeder Art. Ein Beispiel: Ein Lieferwagen parkt auf dem Gehweg und lässt seine Laderampe auf halber Höhe. Der Blindenstock würde darunter durchpendeln und der blinde Mensch mit voller Wucht in die Rampe laufen.

„Man fällt etwas mehr auf”

Mit dem Hund ist man sicherer und schneller als mit dem Stock. Man hat einen Freund an seiner Seite. Man fällt etwas mehr auf – leider nicht immer positiv. Als ein Lebewesen kann er aber nicht uneingeschränkt eingesetzt werden: Der Hund braucht natürlich Pausen. Auch ist er immer nur eine gewisse Zeitspanne aufmerksam. Man muss viel planen mit Hund – ähnlich wie mit einem kleinen Kind: Wann hat er Hunger, wann ist er müde, wann will er spielen?

„Bindung muss ehrlich sein”

Wie wichtig ist der persönlicher Bezug zum Tier?

Yvonne Uhrig: Die persönliche Bindung zum Tier muss gut und ehrlich sein. Wer in dem Hund nur ein Arbeitstier sieht, hat verloren. Der Hund ist so trainiert, dass er Dienst und Freizeit trennt. In der Freizeit ist er ein Hund wie jeder andere. Er erkennt den Unterschied am Geschirr, das er zum Führen trägt. Ist das Geschirr dran, ist er im Dienst. Ist es ab, hat er frei.

„Der Blindenhund hat immer Vorrang”

Worauf müssen andere Menschen achten, wenn sie Ihnen beiden begegnen?

Yvonne Uhrig: Ein Blindenhund ist immer mit einer orangen Kenndecke mit dem Aufnäher „Blindenführhund” gekennzeichnet. Generell gilt: Ist der Hund an der Leine, immer Abstand halten und fragen, ob er Kontakt haben darf zu anderen Hunden oder gestreichelt werden darf. Ist der Hund im Geschirr, ihm den Weg frei machen, ihn nicht ansprechen, locken oder streicheln. Den eigenen Hund nicht heranlassen.

Möchte man die blinde Person ansprechen, die vom Hund geführt wird, bitte Abstand halten und sich verbal bemerkbar machen. Den Hund beim Gespräch nicht ansehen und niemals anfassen. Der Hund kommuniziert gerne mit den Augen. Er soll aber im Arbeitsmodus bleiben. Das kann er nur, wenn er nicht abgelenkt wird.

Der Blindenhund hat immer Vorrang. Das gilt auch für Radfahrer. Autofahrer sollen bitte stehen bleiben. Ein Blindenhund hält kurz am Bordstein an. Der Blinde horcht und gibt das Signal zum Überqueren. Viele Autofahrer fahren aber schnell wieder an, weil sie denken, ich will gar nicht über die Straße. Ich gebe aber oft genau in diesem Moment die Straße für uns frei.

„Viele Menschen sind unsicher”

Wo stoßen Sie am häufigsten auf Probleme?

Yvonne Uhrig: Der Zutritt zu Geschäften ist oft ein Problem. Die Mitarbeiter sind oft unsicher. Ein Blindenführhund hat Zutritt zu allen öffentlichen Einrichtungen. Das sind auch Lebensmittelläden, Arztpraxen und Krankenhäuser. Es gibt ein paar Ausnahmen: Er darf nicht auf Intensivstationen oder in Schwimmbäder. Der Blindenhund darf überall frei laufen und sein Geschäft verrichten, wo es anderen Hunden verboten ist. Das ist gesetzlich geregelt.

Ein großes Problem sind fremde Hunde. Sie behindern den Hund bei der Arbeit und bringen den blinden Menschen damit in Lebensgefahr. Hier sollten Hundeschulen Aufklärung betreiben. Bei jedem Welpenkurs müsste man auch den richtigen Umgang mit Assistenzhunden lehren. Das betrifft auch Rollstuhlbegleithunde, Diabetiker- und Anfallhunde und Hunde, die traumatisierte Menschen begleiten. Diese Hunde tragen ebenfalls Kenndecken, aber in anderen Farben und mit anderer Aufschrift.

Es sind übrigens nicht immer große Hunde, die für den Begleitdienst trainiert werden. Nur Blinden- und Rollstuhlbegleithunde sind größere Rassen. Ein Diabetiker-Hund kann auch ein Chihuahua sein.

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