Veröffentlicht am 25.07.2016 14:25

Darf eine Immobilie „ausgeschlachtet” werden?

„Ich habe eine Immobilie gekauft”, schreibt Leserin Barbara Hubert. „Bei der Übergabe war die Wohnung nicht komplett geleert. Es standen noch einige Möbel für den Transport auf dem Gang. Nach Bezahlung der Gesamtsumme wurden mir die Schlüssel von der Maklerin übergeben. Zu meiner Überraschung waren die eingebaute Garderobe und einige Einbauschränke herausgerissen. Ich hatte diese Einbaumöbel als zur Wohnung gehörend betrachtet.” Frau Hubert fragt: Darf eine Immobilie nach der Übergabe „ausgeschlachtet” werden?

Was steht im Kaufvertrag?

Dr. Benjamin Merkel, Rechtsanwalt bei Haus und Grund München, klärt die Sachlage:

„Wir gehen zunächst davon aus, dass in Ihrem Kaufvertrag hinsichtlich der eingebauten Garderobe und Einbauschränke keine Regelung getroffen wurde. Ist diesbezüglich nichts geregelt, hängt das 'Schicksal' der Einbauten von den gesetzlichen Bestimmungen ab. Wesentliche Bestandteile des Grundstücks / Wohnung im Sinne von § 94 BGB sind immer mitverkauft, Zubehör im Sinne von § 97 BGB sind im Zweifel mitverkauft, sonstige bewegliche Sachen sind, sofern nichts anderes geregelt ist, nicht mitverkauft.

Wesentliche Bestandteile sind nach der juristischen Definition alle mit dem Grund und Boden bzw. mit dem Gebäude fest verbunden Sachen. Zubehör liegt vor, wenn die Sache dem wirtschaftlichen Zweck des Grundstücks dient, ohne wesentliche Bestandteil zu sein und ein räumliches Verhältnis zu Grundstück besteht. Sonstige bewegliche Sachen sind solche, die weder wesentlicher Bestandteil noch Zubehör sind. Hierzu zählen beispielsweise Gartenmöbel oder Gardinen.

Äußerst umstritten

Ob Einbaumöbel als wesentlicher Bestandteil oder Zubehör oder gar als sonstiger Bestandteil zu werten ist, ist äußerst umstritten. Wesentliche Bestandteile sind sie dann, wenn sie so mit den umschließenden Teile des Gebäudes vereinigt sind, dass diese Seiten- und Rückwände bilden, oder wenn sie – wie eine Schranktrennwand oder ein Raumteiler anstelle sonst notwendigen Mauerwerks – echte oder notwendige Gebäudeteile ersetzen (BGH NJW-RR 1989, S.1045 (1047)).

Sollte es sich vorliegend um maßangefertigte Einbauschränke handeln, gehen wir davon aus, dass diese wesentliche Bestandteile sind / waren, zumindest aber Zubehör. Sie hätten dann nicht vom Verkäufer entfernt werden dürfen. Sie könnten dann diesbezüglich Schadensersatzansprüche zumindest auf Erstattung des Zeitwerts geltend machen. Hinsichtlich der Garderobe dürfte es davon abhängen, ob es sich um eine einfache an der Wand befestigte Garderobe oder um eine aufwendig gefertigte, für den dauerhaften Verbleib bestimmte Maßanfertigung handelte. Nur wenn Letzteres zuträfe, hätte die Garderobe in der Wohnung verbleiben müssen. Anderenfalls wäre von einer sonstigen beweglichen Sache auszugehen.”

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