Veröffentlicht am 21.06.2016 11:51

„Jürgen, mach' halt was draus!”

Jürgen Kirner besuchte Valentin-Urenkelin Rosemarie Scheitler, um ihr einige der gerade erschienenen CDs vorbeizubringen und ein wenig zu plaudern, (Foto: bb)
Jürgen Kirner besuchte Valentin-Urenkelin Rosemarie Scheitler, um ihr einige der gerade erschienenen CDs vorbeizubringen und ein wenig zu plaudern, (Foto: bb)
Jürgen Kirner besuchte Valentin-Urenkelin Rosemarie Scheitler, um ihr einige der gerade erschienenen CDs vorbeizubringen und ein wenig zu plaudern, (Foto: bb)
Jürgen Kirner besuchte Valentin-Urenkelin Rosemarie Scheitler, um ihr einige der gerade erschienenen CDs vorbeizubringen und ein wenig zu plaudern, (Foto: bb)
Jürgen Kirner besuchte Valentin-Urenkelin Rosemarie Scheitler, um ihr einige der gerade erschienenen CDs vorbeizubringen und ein wenig zu plaudern, (Foto: bb)

„Mir gefällt's gut”, sagt Rosemarie Scheitler. „Ich bin erstaunt, dass die Texte so aktuell sind. Das könnte von heute sein.” Die Urenkelin von Karl Valentin spricht über die erst kürzliche erschienene CD der Couplet-AG. „Neues vom Valentin” lautet der Titel. Und nicht nur die Verse des unvergessenen Münchner Querdenkers sind neu, da sie bisher in Familienbesitz waren und nie veröffentlicht wurden, sondern auch die bekannte vierköpfige Kabarettgruppe, die mit vollem Namen Couplet-ArterhaltungsGesellschaft heißt, hat damit Neuland beschritten und gleichzeitig einen Wunsch von Anneliese Kühn erfüllt.

Die 2014 verstorbene Enkelin von Karl Valentin war mit Jürgen Kirner, dem Gründer und Motor der Couplet-AG mehr als 25 Jahre lang herzlich befreundet. Vor rund fünf Jahren hatte sie ihm die bisher 115 unveröffentlichten Couplets und Lieder ihres Großvaters ans Herz gelegt, mit der Bitte, diese der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. „Jürgen, mach' halt was draus!”, hatte sie damals gesagt, und Jürgen Kirner sichtete daraufhin gemeinsam mit seinem Couplet-AG Partner Bernhard Gruber das umfangreiche Material und wählte 21 Lieder und Couplets aus. Bis zur Umsetzung dauerte es aber noch einige Jahre, da andere Projekte dazwischen kamen. Jetzt ist die CD fertig, und Jürgen Kirner brachte einen Schwung der kleinen Scheiben ins Valentinhaus nach Planegg, wo Rosemarie Scheitler mit ihrer Familie wohnt und bis zu ihrem Tod auch deren Mutter, Anneliese Kühn, lebte.

Neue Melodien für überlieferte Texte

Für die Couplet-AG war die musikalische Annäherung an Karl Valentin durchaus eine Gratwanderung. „Wenn du Valentin machst, wirst du immer am Original gemessen. Und da kommt man nicht ran”, stellt Jürgen Kirner fest. Daher entschied sich der gebürtige Oberpfälzer, der seit 1985 in der bayerischen Landeshauptstadt lebt – einer seiner ersten Wege in München war das Valentin-Musäum – und in Punkto „hinterkünftigem Humor” dem Valentin kaum nachsteht, für eine entsprechende Intepretation. Dabei kam ihm, der schon als Kind gerne Couplets gesungen hat, entgegen, dass von Karl Valentin weder Tonaufnahmen noch musikalische Vorgaben für die Couplets erhalten blieben; dieser hat seine Lieder generell ohne Noten aufgeschrieben. Gelegentlich fanden sich zwar Hinweise auf Melodien; meist nahm Valentin aber Anleihe bei populären Musikstücken der damaligen Zeit, um seine Texte zu transportieren und die erschienen aus heutiger Sicht nicht mehr geeignet.

Bernhard Gruber, wie Kirner Gründungsmitglied der Couplet-AG, ist in der Gruppe für Kompositionen und Arrangements zuständig. Er hat Valentins Liedtexte neu vertont; bewusst nicht „valentinesk” sondern – wie von Enkelin Anneliese Kühn gewünscht – im Stil der Couplet-AG. Herausgekommen sind eingängige Melodien, die zum Nachsingen anregen. Jürgen Kirner: „Ich wünsche mir, dass die Valentin Lieder wieder Verbreitung finden und sein musikalisches Werk zu neuem Leben erweckt wird.”

Freude und Leid, Unsinn und Sinn

Die 21 Nummern reichen vom typischen Couplet – einem witzig-zweideutigen oder politisch-satirischen Lied – bis zu Stücken, bei denen einem das Lachen im Hals stecken bleibt. „Blödsinnverse” oder „Chinesisches Couplet” treiben die valentineske Spezialität der lustigen Reimverrenkungen auf die Spitze; doch auch der am Irrsinn der Welt verzweifelnde Valentin der Nachkriegsjahre findet Beachtung: in „Wenn ich einmal der Herrgott wär”. Mitten im Zweiten Weltkrieg überlegte sich Valentin eine Welt ohne Technik und damit auch ohne Kriegsbomber – alle hätten ruhig schlafen können, wär er einmal der Herrgott gewesen.

Das Album „Neues vom Valentin – Ungehörte Lieder und Couplets” ist erschienen bei Kudernak Records/ www.kennen.de (ISBN 978-3-945395-10-3) und kostet 16,99 Euro. Die CD kann unter anderem auch bei den Münchner Wochenanzeigern in der Fürstenrieder Straße 9 erworben werden und eignet sich bestens als Geschenk für alle Münchner. Wer ein wenig in die Valentin-Couplets hineinhören und mehr über die Entstehung wissen möchte, dem seien die Radio-Spitzen am 24. Juni (14.05 Uhr) oder 25. Juni (20.05 Uhr) auf BR 2 mit einer Reportage zur neuen CD empfohlen.

Führungen durchs Valentinhaus

Die Urenkelin von Karl Valentin erzählte bei dem Besuch in der Planegger Georgenstraße übrigens auch einige nette Anekdoten über ihren berühmten Vorfahren. So hatte Karl Valentin eine Vorliebe für mollige Damen und in seinem Portemonnaie, das noch in einer Vitrine im Wohnraum ausgestellt ist, befand sich immer ein Bild von einer etwas dickeren Frau. Für Valentin-Fans besteht die Möglichkeit das Haus, in dem der berühmte Münchner seine letzten Lebensjahre verbrachte, zu besichtigen. Rosemarie Scheitler bietet für einen kleinen Unkostenbeitrag individuelle Führungen für Gruppen von fünf bis zwölf Personen an, die mit vielen Geschichten, einem Glaserl Wein und selbstgebackenen Keksen gewürzt werden. Termine kann man unter Tel. (089) 89979252 oder per Mail an info@karl-valentin.de ausmachen.

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