Seit 1980 hat die Gemeinde Gauting 44 verdienstvollen Bürgern die Bürgermedaille verliehen, die alle auf ganz unterschiedlichen Gebieten Großes leisten. Seit vergangenen Samstag sind weitere zwei engagierte Frauen dazu gekommen, eine davon allerdings wohnt in Krailling. „Unsere Satzung sieht nicht vor, dass wir die Bürgermedaille an Nicht-Gautinger verleihen“, erklärte die Bürgermeisterin Brigitte Kössinger bei der Feierstunde im Rathaus. „Dies ist eine Ausnahme, die der Gemeinderat auch einstimmig getragen hat.“
Im Beisein vieler Gemeinderäte, Bürgermedaillenträger, Vertreter der Geistlichkeit und Vereine überreichte Kössinger die Bürgermedaille 2015 an die Gautingerin Jutta Jecht und die Kraillingerin Claudia von Maltitz vom Helferkreis Asyl Gauting. „Die Feierstunde haben wir auf Wunsch der beiden Geehrten in einem kleinen Rahmen gehalten, beide wollten kein großes Aufheben um ihre Person. Schon dies bezeugt ihre Bescheidenheit. Es geht ihnen stets um das Gemeinwohl. Und auch die Helfer, die sie um sich gesammelt haben, suchten und suchen keine Aufgabe und Selbstverwirklichung per se, sondern wollen von ganzem Herzen helfen.“ Es sei Gautings wertvolle Tradition, Neuankömmlinge willkommen zu heißen, meinte Kössinger weiter. „Die oft zu hörende Abwertung „Gutmensch“ ist dabei völlig inakzeptabel. Wir sind als Gemeinde sehr stolz auf das stetig wachsende Engagement unseres Helferkreises.“
Die Diplomübersetzerin und Lehrerin Jutta Jecht sei vor drei Jahren zufällig zu den Asylsuchenden in der Paul-Hey-Villa gestoßen. „Es kam dort ein großer Schwarzer auf mich zu, zeigte auf mich und fragte: Deutschkurs? Da dachte ich mir: Recht hat er. So fing alles an“, erinnerte sich Jecht. Seither habe sie schon unzählige Deutschstunden gehalten. „Bei jeden Neuankömmlingen fangen wir von vorn an. Wenn Englischsprechende dabei sind, tun wir uns natürlicher leichter. Aber im Moment haben wir viele, die keine der europäischen Sprachen sprechen und zudem noch Analphabeten sind. Da müssen wir kreativ sein!“
Kreativität sei auch bei Kursräumen, Unterrichtsmaterial und allem Drum-und-Dran gefragt, so die studierte Sozialpädagogin von Maltitz. „Es geht nicht nur um Deutsch, es geht um viel, viel mehr, nämlich in erster Linie um Vertrauensaufbau. Erst wenn das geschafft ist, können sich die Flüchtlinge für Neues öffnen. Dann können sie ihre Erfahrungen verarbeiten und in die Zukunft schauen.“
Rund 400 Ehrenamtliche haben sich bereits im Helferkreis zusammengefunden, Tendenz steigend. „Auch das gehört für mich zum ehrenamtlichen Helfen dazu: Ich bin mit Menschen in Berührung gekommen, die ich wahrscheinlich sonst nie getroffen hätte. Jeder ist eine Bereicherung für mich, für unseren Kreis. Und wir selbst lernen täglich von den Asylsuchenden.“
Die Freude, das Vertrauen, die Herzlichkeit und Nähe, die sie dabei erlebe, sei sicherlich mit dem Satz gemeint, mehr zurückzubekommen, als man gegeben habe, so von Maltitz. Deshalb auch widmeten beide Geehrte ihre Bürgermedaillen dem gesamten Helferkreis Gauting. „Wir nehmen die Auszeichnung stellvertretend für alle in Empfang.“ Zur Veranschaulichung der täglichen Arbeit waren ehemalige Flüchtlinge im Rathaus anwesend und erzählten von sich.
„Mein erster Eindruck damals war: nein, diese Sprache schaffe ich leider nie“, erinnerte sich Sausan. Heute will sie Deutsch als Fremdsprache studieren. Julius hatte nach einigen Anläufen endlich seine Sprachprüfung geschafft, „weitermachen als Option gibt es eben auch, das hat mir Frau Jecht beigebracht.“ „Erst konnte ich nur „Guten Morgen“ sagen, heute bin ich als Schneider in Starnberg in Vollzeit angestellt“, so Mohammed. „Wir schaffen das gemeinsam, haben wir von Frau Jutta und Frau Claudia immer wieder gehört“, meinte Elie Tschibango „ich habe jetzt wieder ein Zuhause, auch wenn ich mich noch nicht zu Hause fühle und Heimweh habe. Aber ich bin zuversichtlich für die Zukunft. Das verdanke ich dem Helferkreis.“