Fasten und die Fastenzeit müssen sich nicht ums Essen drehen, sie können auch als Entscheidung für einen bewussteren Umgang mit dem (eigenen) Leben verstanden werden. So lassen in Deutschland jedes Jahr Millionen Menschen die Finger vom Alkohol, vom Rauchen oder von Schokolade. Andere räumen den Fernseher auf den Dachboden und greifen öfter zum Buch. Viele machen dabei die Erfahrung von neuer Freiheit. Und bei manchen wird der zeitweise Verzicht auf schlechte Gewohnheiten sogar zur dauerhaften Angewohnheit. Die Münchner Wochenanzeiger fragten: „Worauf verzichten Sie in der Fastenzeit - und warum?” Ganz unterschiedliche Dinge sind es, ohne die der Einzelne auskommen möchte:
Bernhard Bienlein, Pfarrvikar im Pfarrverband Laim:
Ich trinke in der Fastenzeit keinen Alkohol. Das fällt mir gar nicht so leicht. Aber gerade deshalb ist dieser Vorsatz für mich auch persönlich sehr wichtig, als Überprüfung. Ich will einfach mal sehen, ob es auch „ohne“ noch geht. Und es geht. Jedes Jahr. Das beruhigt mich.
Außerdem verzichte ich noch von Kinderzeiten her auf Süßigkeiten. Aber da nehme ich es nicht so genau. Ich esse zwar keine Schokolade oder Gummibärchen, aber dafür einige andere Dinge, in denen (manchmal nicht wenig) Zucker ist. Ich glaube, ohne Zucker geht es bei mir nicht.
Schwester M. Imelda Hillmeier, Hausoberin der Maria-Theresia-Klinik:
Nachdem in der katholischen Kirche das eigentliche Ziel der Fastenzeit die Vorbereitung auf die Feier des Todes und der Auferstehung Christi ist, ist es auch mein Wunsch, mich auf dieses Geheimnis mit Leib und Seele vorzubereiten. Das bedeutet für mich zum einen keinen Genuss von Süßigkeiten, vor allem jedoch: Zeit schenken demjenigen, der sie benötigt, achtsames und geduldiges Zuhören im Gespräch sowie barmherzig denken und leben - auch mir selber gegenüber.
MdL Diana Stachowitz:
Wer alles hat, für den wird auch der Verzicht leicht zum Luxus. Fastenzeit heißt für mich „Fasten im Kopf“: Das ist der Versuch, aus der alltäglichen Routine auszubrechen und zu entdecken, was wirklich wichtig ist im Leben. Und dann nehme ich mir ganz bewusst Zeit für Menschen in meiner Umgebung: Familie, Freunde und Menschen aus meiner Nachbarschaft. Ich höre ganz bewusst auf mein Herz und tue Dinge, die mich und andere froh machen. Singen, zum Beispiel. Oder Querflöte spielen. „Großes Herz“ ist das Motto der diesjährigen Fastenaktion der evangelischen Kirche in Bayern. Sie ruft dazu auf, das Herz zu öffnen und einen Schritt auf Menschen zuzugehen, die sonst abseits stehen. Alte Menschen, die oft alleine sind, zum Beispiel. Aber, wie gesagt, auch den Partner, die Kinder - alle, die im Alltag vielleicht zu kurz kommen.
Frieder Vogelsgesang, stv. Vorsitzender 1200 Jahre Menzing e.V.:
Das Rauchen habe ich mir bereits vor 25 Jahren abgewöhnt. Damit einher ging dann allerdings ein gesteigerter Konsum an Süßigkeiten und folglich auch eine sicht- und spürbare Zunahme des Gewichts. Seit einigen Jahren nun stehe ich bald täglich auf der Waage, um die Folgen meiner Essgewohnheiten im Blick zu behalten und mich zu zügeln. Aktuell habe ich wieder etwas zu viel auf den Rippen und bin daher durchaus nicht unfroh, wenn Weihnachtsgebäck und Faschingskrapfen aus dem Blickfeld geraten. Insbesondere an einem maß- und genussvollerem Umgang mit Schokolade übe ich mich regelmäßig. Diesen bewussten Umgang versuche ich zwar das ganze Jahr über, aber die Fastenzeit ist ein willkommener Anlass, mich gezielt an mein Wunschgewicht heranzuarbeiten.
Inge Wiederhut, Blumenau:
Viele Leute fasten ja hauptsächlich wegen dem Gewicht. Ich habe die Waage allerdings schon länger aus dem Bad verbannt („Frau” kennt ja die Geschichte von den kleinen Monstern, die die Kleidung heimlich enger nähen!). Ich verzichte seit vielen Jahren während der 40 Tage auf Alkohol als Vorbereitung auf das Osterfest. Allerdings fällt es mir mit der Standhaftigkeit schon schwer, wenn neben mir der Göttergatte zum Essen ein schaumgekröntes, frisches Weißbier stehen hat. „Magst an Schluck!“ - so spricht die lebende Versuchung. Da spaltet sich dann mein Ich, und die eine Hälfte meint, dass ich doch nicht so streng zu mir selbst sein soll. Kritisch wird’s dann auch noch, wenn demnächst der runde Geburtstag eines Freundes und die Hochzeit der eigenen Tochter anstehen. Doch ich halt´s wie unsere Kanzlerin: Wir schaffen das!
Elke Prumbach, Geschäftsführerin des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) e.V. München:
Ich versuche in der Fastenzeit auf Plastik zu verzichten oder es weitestgehend zu vermeiden. Mich haben die Bilder riesiger Plastikstrudel in den Meeren schockiert. Allein im Nordpazifik schwimmt ein Müllteppich in der Größe Mitteleuropas. Und das Problem ist, dass Plastik nicht verrottet und es 450 Jahre dauert, bis es sich zersetzt hat. Deshalb versuche ich möglichst wenig Verpacktes zu kaufen, keine Getränke in Kunststoffflaschen und auch immer eine Tasche mitzunehmen. Außerdem achte ich auch auf Mikroplastik, das vor allem in Kosmetika und Duschgels enthalten ist. Ich vermeide alles, was Polyethylen, Nylon oder Polymere enthält. Mit meinem Plastikfasten möchte ich dieses Jahr ganz bewusst die Umwelt schützen. Und hoffe natürlich, dass ich es nach der Fastenzeit auch noch einhalte.
Andrea Borger, Pfarrerin an der Sendlinger Himmelfahrtskirche:
Der Aschermittwoch war und ich hatte immer noch keine ganz klare Entscheidung getroffen. Wie gut, dass Sie mich fragen! Meine Antwort: Sieben Wochen mit täglicher Besinnungszeit am Morgen. Diese 10 Minuten tun mir gut, das weiß ich, und doch gehen sie mir als gute Gewohnheit immer wieder verloren. Ein Psalm, ein Vater unser, eine kurzer Abschnitt aus der Bibel, und schon ist die innere Brille für den Tag schärfer eingestellt, und ich atme ruhiger. Sieben Wochen täglich 10 Minuten mit dem (katholischen) Heft „Te deum“, damit eine gute Gewohnheit wieder fester verankert wird – das nehme ich mir vor. Damit komme ich sicher auch dem diesjährigen Fasten-Motto der Evangelischen Kirche nahe: „Großes Herz! Sieben Wochen ohne Enge.“
Petra Windisch de Lates, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Lebensbrücke e.V.:
Jedes zweite Kind sitzt morgens allein am Frühstückstisch, jedes 6. Kind kommt mit leerem Magen und ohne Pausenbrot in die Schule. Und das hat nichts mit der Fastenzeit zu tun, auch nicht zwingend damit, dass die Eltern kein Essensgeld für ihre Kinder haben. Denn für ein Handy und für einen Euro für „was Süßes“ reicht es bei den meisten trotzdem. In unseren Frühstücks- und Kochklubs in München bekommen über 80 Kids eine gesunde Grundlage für den Tag und eine Idee davon, wieviel Spaß gesundes Essen machen kann. Natürlich auch in der Fastenzeit. Aber wir versuchen, unseren Klub-Kindern zu vermitteln, dass ein paar Wochen Verzicht durchaus sinnvoll sein können – und gesund. Dass und wie das geht, erleben sie bei uns “live” beim miteinander Kochen und Essen. Am meisten freuen wir uns, wenn sie das dann auch daheim ausprobieren. Denn das tut allen gut: Kids und Eltern. Voraussetzung: Auch die Erwachsenen machen mit, denn Erziehung ist bekanntlich „Vorbild und sonst nichts als Liebe”.
Josef Schmid, zweiter Bürgermeister in München:
Die Fastenzeit ist wirklich ein guter Anlass, etwas Maß zu halten und insgesamt bewusster zu leben. Ich versuche in dieser Zeit zum Beispiel, unter der Woche auf mein Abendessen zu verzichten. Das ist für mich erfahrungsgemäß auch der beste Weg, einige überflüssige Pfunde loszuwerden. Süßigkeiten sind für mich während der Fastenzeit tabu. Auch auf Alkohol verzichte ich soweit als möglich. Bei geselligen Veranstaltungen am Abend gehören ein Bier oder ein Glas Wein zwar manchmal dazu, aber das ist eher die Ausnahme und es bleibt dann auch bei dem einen Bier oder dem einen Glas Wein.
Auch mit dem Suchtverhalten des modernen Menschen schlechthin versuche ich in dieser Zeit etwas bewusster umzugehen: der Sucht, ständig sein Handy zu kontrollieren. Ich finde: Gerade was das betrifft, tut uns immerzu beschäftigten Menschen die eine oder andere Auszeit sehr gut. Auch jenseits der Fastenzeit!
Eva I. und Robert III., Laimer Prinzenpaar:
Als Prinzenpaar fragt man sich: „Was soll ich nach der Faschingszeit fasten?” Sicherlich meinen viele: „Na, Alkohol, wäre doch das Naheliegenste.” Aber hier müssen wir leider sagen, dass die Faschingszeit für uns als Prinzenpaar auch Arbeitszeit heißt. Damit wir unsere Auftritte alle absolvieren können, ist da nichts mit Alkohol. Lustig sind wir natürlich trotzdem, das geht bei uns auch ohne Alkohol. Nach unserem Überlegen steht nun für uns aber fest: Fasten heißt für uns „Weniger Süssigkeiten und Fast Food”, denn da mal eine Schokolade, da mal ein Gummibärchen, das ist immer mal drin und der Burger geht ganz schnell und nebenbei, wenn man zwischen den Terminen nicht viel Zeit hat. Deshalb werden wir in der nächsten Zeit die Süssigkeiten und das schnelle Essen verbannen und hauptsächlich auf gesunde Ernährung achten. Denn jetzt haben wir wieder mehr Zeit, uns darauf zu konzentrieren, bevor das Training und der neue Fasching wieder geplant wird und beginnt.