Ein Teil der Oskar-von-Miller-Straße in Germering heißt jetzt Cewe-Straße. Die Cewe-Straße beginnt im Umkreis des gleichnamigen Firmensitzes im Nordwesten der Ortsstraße und endet an der Einmündung zur Industriestraße. Bereits im Juli vergangenen Jahres hatte sich der Hauptausschuss der Stadt Germering für die Umbenennung ausgesprochen. Vollzogen wurde sie allerdings erst vor kurzem. Das Unternehmen, das Digitalbilder, Fotobücher und Fotoabzüge produziert, ist einer der größten Arbeitgeber Germerings.
Eigentlich hätte die Umbenennung eine reine Formsache werden sollen. Allerdings hatte sich nach dem Beschluss der Stadträte eine Germeringerin an die Stadtverwaltung gewandt und die Umbenennung in Frage gestellt. Mit Cewe würde nämlich auf die Initialien des Schwiegervaters des Firmengründers Bezug genommen. Carl Wöltje steckt hinter C.W. Der Oldenburger sei nationalsozialistisch vorbelastet.
Ihr Wissen bezog die Germeringerin aus einer Studie des Instituts für Geschichte an der Universität Oldenburg. 2013 hatte diese die Ergebnisse einer Untersuchung veröffentlicht, bei der Straßennamen der Stadt auf eventuelle Verstrickungen mit dem NS-Regime untersucht werden sollten. Da es in Oldenburg eine Carl-Wöltje-Straße gibt, wurde auch dieser Name untersucht. Die 1912 von Wöltje gegründete damalige Photographische Anstalt gehört heute zu den ältesten Fachgeschäften Oldenburgs.
Eine Bewertung der Rolle der beschriebenen Personen gibt es in der Studie nicht. „Diese Enthaltung ist der grundsätzlichen Überlegung geschuldet, dass eine Bewertung der Personen in der öffentlichen Diskussion sowie in den Gremien der Stadt vorgenommen werden sollte“, heißt es in der Dokumentation. Sie möchte mit ihren Ergebnissen eine wissenschaftliche Grundlage für sachliche Diskussionen legen, dabei aber weder Richtung noch Konsequenzen vorgeben. Erkenntnisse über die Rolle des Oldenburger Fotografen während der Zeit des Nationalsozialismus gibt es lediglich aus den Angaben seiner Entnazifizierungsakte. Daraus geht laut Studie hervor, dass Wöltje seit 1933 Mitglied der NSDAP war, sowie Mitglied der Deutschen Arbeitsfront (DAF), des NS-Reichsbundes für Leibesübungen und der Nationalistischen Volkswohlfahrt (NSV). Wöltje wurden nach dem Krieg seine hohen Einnahmen im Dritten Reich mit einer Konten- und Eigentumssperre belegt, gegen die er erfolgreich Einspruch einlegte. 1948 wurde er als „entnazifiziert“ eingestuft. Wöltje ist später in den Oldenburger Stadtrat eingezogen, war Vize-Bürgermeister und ist 1963 verstorben. 1961 hat Wöltjes Schwiegersohn, Heinz Neumüller, in Oldenburg die Cewe gegründet. Es gibt europaweit elf Standorte. Seit 1989 gibt es die Niederlassung in Germering. Hier sind rund 220 von über 3200 Mitarbeiter beschäftigt. Das Unternehmen selbst zeichne sich für seine Innovationen aus und würde sich auch sozial engagieren und Arbeitsplätze für behinderte Menschen bereitstellen.
Im Germeringer Unternehmen hat Wöltje noch nie eine Funktion innegehabt. Auch mit dem Begriff „Cewe“ würde niemand eine Person in Verbindung bringen, sondern lediglich das Unternehmen. Oberbürgermeister Andreas Haas und sein Stadtgremium sahen dies ähnlich. Ein nationalsozialistischer Bezug könne nicht zu dem Germeringer Unternehmen und seinen Mitarbeitern hergestellt werden.