Blumen, Spielsachen, Rollatoren: Das Quartier am Reinmarplatz ist bezogen, die Bewohner gehen im Begegnungszentrum ein und aus. Die Einrichtung ist seit Ende Juli 2015 in Betrieb und wurde nun auch im Beisein von Oberbürgermeister Dieter Reiter offiziell eröffnet – zusammen mit dem Wohnen-im-Viertel-Standort der GEWOFAG, bei dem der Evangelische Pflegedienst Kooperationspartner ist. Die Einrichtungen, die sich Räumlichkeiten teilen, gehören zu einem neuen Quartier mit 125 Wohnungen, das die GEWOFAG gemeinsam mit der Genossenschaft WOGENO errichtet hat. Auch ein Kindertageszentrum der Diakonie – Jugendhilfe Oberbayern gibt es hier. „Dieses Objekt hat Modellcharakter in München. Das Mehrgenerationenwohnen ist eine wichtiges Zukunftsprojekt. Dass es hier auch ein Begegnungszentrum gibt, halte ich für herausragend. Das Zusammenleben von Jung und Alt soll hier ausgelebt werden“, betont der Oberbürgermeister.
„Aus unserer täglichen Arbeit wissen wir, dass es einen großen Bedarf an neuen zeitgemäßen Wohnformen gibt – vor allem für ältere Menschen. Dazu gehört ein unterstützendes Umfeld. Aber auch Familien wünschen sich Austausch und gegenseitige Hilfe. Damit das funktioniert, brauchen wir Partner, die Angebote bereitstellen und koordinieren“, sagt Klaus-Michael Dengler, Sprecher der Geschäftsführung der GEWOFAG. „Wir gehen hier ganz neue Wege in der Zusammenarbeit.“
Wohnen im Viertel ist das erfolgreiche Wohn- und Versorgungskonzept der GEWOFAG, das es den Mietern auch bei zunehmender Hilfe- und Pflegebedürftigkeit – zum Beispiel im Alter – ermöglicht, selbstbestimmt zu wohnen. Zehn Projektwohnungen und eine Pflegewohnung auf Zeit für kürzere Aufenthalte, zum Beispiel nach einem Krankenhausaufenthalt, stehen am Reinmarplatz zur Verfügung. Die Pflege- und Betreuungsleistungen können jedoch von allen Mietern im Umkreis von 800 Metern in Anspruch genommen werden.
„Wohnen im Viertel stellt für uns als ambulanten Pflegedienst eine wesentliche Weiterentwicklung unseres Angebotes dar“, betont Angelika Pfab, Geschäftsführerin des Evangelischen Pflegedienstes München e.V.. „Wir können im Mehrgenerationenwohnen am Reinmarplatz durch das Zusammenspiel von barrierefreiem Wohnraum und einem multiprofessionellen Team vor Ort schwer pflegebedürftige Menschen in ihrer eigenen Wohnung optimal versorgen. Besonders freut uns, dass auch die gesamte Nachbarschaft von unserer 24-Stunden-Präsenz profitiert und auf unsere Leistungen zurückgreifen kann.“ In Kooperation mit der GEWOFAG betreibt der Evangelische Pflegedienst München e.V. auch die Standorte in Gern, am Domagkpark und am Ackermannbogen. Zwei der zehn Wohnungen sind noch an Bedürftige zu vergeben. Interessenten mit Wohnberechtigungsschein können sich an das Wohnforum der GEWOFAG wenden.
Betreiber des Begegnungszentrums am Reinmarplatz, das allen Bewohnern des Quartiers offen steht, ist die Arbeiterwohlfahrt Kreisverband München-Stadt e.V. (AWO München-Stadt). Sie koordieniert darüber hinaus die Angebote für die Bewohner und vernetzt die Aktivitäten aller am Projekt beteiligten Akteure. „Das neue Begegnungszentrum stellt ein Musterbeispiel für ein gemeinsames und gutes Leben im städtischen Quartier dar“, erklärt Christoph Frey, Geschäftsführer der AWO München. „Es ist eine Freude für die AWO München-Stadt, die einzelnen Fasern bürgerschaftlichen Engagements zu einem festen Seil des gemeinschaftlichen Lebens werden zu lassen.“
Auf Basis des konzeptionellen Anspruchs „Menschen gestalten ihr Quartier – aus Nutzern werden Akteure“ ist das Begegnungszentrum sowohl Treffpunkt als auch partizipative Dienstleistungsdrehscheibe für vielfältige soziokulturelle Angebote. Bei allen Aktivitäten des Begegnungszentrums geht es um die Förderung von Selbstbestimmung und Lebensqualität. Es gilt, generationsübergreifende Angebote für und mit den Bewohnern zu entwickeln, neue Nachbarschaften und gegenseitige Hilfsangebote zu stiften, gemeinsame Interessen für das Gemeinwohl zu formulieren und ehrenamtliches Engagement zu fördern. Die AWO München-Stadt übernimmt zudem die Koordination und Steuerung aller am Reinmarplatz beteiligten Organisationen. So können soziale Angebote besser miteinander verzahnt werden.
Die Bewohner des Mehrgenerationen-Quartiers wurden von Beginn an am Projekt beteiligt. Neben der umfänglichen Information über alle Planungsschritte konnten sie bei der Ausformung der Gemeinschaftsbereiche, der Freiflächen und im WOGENO-Bereich auch bei der Ausgestaltung der konkreten Grundrisse mitwirken. Diese frühzeitige Einbindung in das Projekt hat weit über die Beteiligung an Planungsthemen hinaus die Identifikation mit dem Haus und der Nachbarschaft gefördert.
Das Ziel ist, dass die Bewohner nun auch das gemeinschaftliche Zusammenleben aktiv gestalten, denn eine funktionierende Nachbarschaft ersetzt in der urbanen Gesellschaft oft traditionelle Familienstrukturen. Deshalb setzen WOGENO und GEWOFAG am Reinmarplatz auf Beteiligung, um wirksam gegen Vereinsamung und für Gemeinschaft und gegenseitige Hilfe einzutreten.
An der Stelle des neuen Quartiers mit insgesamt 125 Wohnungen stand früher das Wilhelmine-Lübke-Haus, ein Altenwohnheim. Das Altenwohnheim setze Mitte der 1960er-Jahre Maßstäbe: Es verfügte über eine komfortable Einrichtung und vielfältige soziale Angebote.
Als Gründerin des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA) engagierte sich Wilhelmine Lübke, die Ehefrau des Bundespräsidenten Heinrich Lübke, für dieses Haus. Das Kuratorium wurde als Wilhelmine-Lübke-Stiftung zu ihrem Lebenswerk. Wilhelmine Lübke entwickelte die Idee für „Essen auf Rädern“ sowie Grundlagen für die Kurzzeit- und Tagespflege älterer Menschen. Für das neue Gebäude wurde eine Tafel restauriert, die auf das Altenwohnheim, das früher hier stand, und die Stifterin Wilhelmine Lübke hinweist.
Für die barrierefreien Wohnen-im-Viertel-Projektwohnungen kann sich jeder bewerben, der seit mindestens fünf Jahren in München wohnt, einen erheblichen Pflegebedarf hat (mindestens Pflegestufe I) und einen Registrierbescheid des Amtes für Wohnen und Migration mit hoher Dringlichkeitsstufe vorweisen kann. Interessenten wenden sich bitte an die Wohnforum GmbH, den konzerneigenen sozialen Dienstleister der GEWOFAG (Gisela Heinzeller und Ruth Kleininger, Wohnforum GmbH – Soziale Quartiersentwicklung, Tel. 089/ 4123-6091 oder -6094, E-Mail: gisela.heinzeller@gewofag.de, ruth.kleininger@gewofag.de).