Veröffentlicht am 09.12.2014 15:36

Lernen seinen Weg zu gehen

Daniel Hüttel 1994 als Zivi mit der 2. Klasse und Lehrerin Sabine Schmidt-Wildfeuer (Foto: Privat-Archiv)
Daniel Hüttel 1994 als Zivi mit der 2. Klasse und Lehrerin Sabine Schmidt-Wildfeuer (Foto: Privat-Archiv)
Daniel Hüttel 1994 als Zivi mit der 2. Klasse und Lehrerin Sabine Schmidt-Wildfeuer (Foto: Privat-Archiv)
Daniel Hüttel 1994 als Zivi mit der 2. Klasse und Lehrerin Sabine Schmidt-Wildfeuer (Foto: Privat-Archiv)
Daniel Hüttel 1994 als Zivi mit der 2. Klasse und Lehrerin Sabine Schmidt-Wildfeuer (Foto: Privat-Archiv)

Daniel Hüttel hat Glück gehabt im Leben – Glück, weil seine Mutter nach einer bei ihm diagnostizierten Legasthenie versucht hat, durch einen Schulwechsel eine optimale Förderung für ihn zu finden; Glück, weil er in seiner neuen Schule, der Montessori-Schule der Aktion Sonnenschein, auf einen engagierten Lehrer getroffen ist, der seine Null-Bock-Einstellung aufgelöst hat und durch den er langsam aber sicher selbst erkannt hat, was in ihm steckt.

Heute ist Daniel Hüttel Projektleiter bei einer mittelständischen Messebaufirma. Er ist erfolgreich, schon viel in der Welt herumgekommen und er weiß, dass er gut in seinem Job ist. Den Kern dazu habe die Montessorischule gelegt, sagt er.

Harter Kampf

Dabei hat die Schullaufbahn des zweifachen Familienvaters wenig vielversprechend begonnen. Bereits die 2. Klasse Grundschule musste er wiederholen. „Im Zeugnis stand damals, dass meine Deutschkenntnisse nicht ausreichend sind”, berichtet Daniel Hüttel. Obwohl er in Mathematik stets sehr gute Noten hatte und im Sport glänzte, gestaltete sich jedes Schuljahr als harter Kampf. In Deutsch sei er nie auf einen grünen Zweig gekommen, konstatiert der 42-Jährige. „Und mit dem Beginn von Englisch wurde es natürlich nicht besser.”

Nach der fünften Klasse wechselte Daniel Hüttel auf die Montessori-Schule der Aktion Sonnenschein. Seine Mutter habe damals viel Gutes über die Schule gehört, die in dieser Zeit ganz neu in der Heiglhofstraße eröffnet wurde. Daniel kam in eine Integrationsklasse, die als Versuchsprojekt mit 15 Prozent körperlich oder geistig behinderten Kindern sowie Schülern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf lief.

Tun was Spaß macht

„Ich kam in eine gut funktionierende Klasse und bin gleich zweiter Klassensprecher geworden”, erinnert sich der Gräfelfinger. „Mein Lehrer Herbert Kunze war darüber gar nicht glücklich. Ich kam von außen und hatte keine Lust, irgend etwas zu machen.” Zwei Monate habe der Kampf mit seinem Lehrer gedauert, dann habe ihm Kunze erlaubt, das zu tun, was ihm Spaß mache. Daniel wählte den Sportunterricht und wurde dort sogleich als Praktikant für die Grundschüler eingesetzt. Er baute Geräte auf und ab und passte auf, dass seine jüngeren Mitschüler beim Sport nicht zu Schaden kamen. Tagein, tagaus. Nach zwei Wochen hatte er genug davon. „Ich wollte wieder zurück in die Klasse”, schmunzelt er.

Von da an änderte sich etwas in der Einstellung des 13-Jährigen. In den Stunden mit Freiarbeit lernte er viel Mathe und beschäftigte sich intensiv mit dem Montessori-Material, insbesondere mit den Landkarten. Über Referate habe ihn Herbert Kunze dann auch an Deutsch herangeführt. Gegen Ende der 6. Klasse habe er dann auch freiwillig für Deutsch gearbeitet.

Ein engagierter Lehrer

Wenn Daniel Hüttel von seinem damaligen Klassenlehrer erzählt, und von den vielen Projekten, die dieser auch außerhalb der Schulzeit mit seiner Klasse durchgeführt hat, sprechen aus seinen Worten eine große Sympathie, viel Begeisterung und Dankbarkeit. Jeden Tag habe Herbert Kunze gefragt: „Was ist besonders an diesem Tag?” Und die Antwort sei stets gewesen: „Er wird nie wiederkommen.” Das Montessori-Motto „Hilf mir es selbst zu tun” sei auch voll und ganz das Motto von Herbert Kunze gewesen, betont Daniel Hüttel.

Daniel Huettel machte nach der 9. Klasse extern den Quali – „alle aus meiner Klasse, die es versuchten, haben es geschafft” – und anschließend eine Lehre als Einzelhandelskaufmann, die er nach drei Jahren erfolgreich abschloss, in dem klaren Bewusstsein, dass das nicht der Beruf ist, den er bis zur Rente ausüben wollte.

Zivi in der Montessorischule

Bevor er sich beruflich neu orientierte, kehrte der junge Mann aber erst einmal in die Montessori-Schule der Aktion Sonnenschein zurück – als Zivildienstleistender. Er half Janik aus Riga dabei Deutsch zu lernen, und er unterstützte den behinderten Denis im Schulalltag. „Die Zivildienstzeit war toll. Sie hat mich auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht”, resümiert Daniel Huettel. „Es hat mich sehr beeindruckt, wie die Kinder im Rollstuhl mit dem Leben zurecht kommen und wie engagiert die Lehrer sind.” Während seines Zivildienstes ging er auch Herbert Kunze im Berufsförderunterricht für die 8. und 9. Klassen zur Hand. „Wir arbeiteten viel mit Holz, und Herbert sagte: Mach etwas Handwerkliches”, erinnert sich Daniel Hüttel.

Schreinerlehre in Gauting

In einer kleinen Schreinerei in Gauting, in der Massivholzarbeiten noch an der Tagesordnung waren, begann der nun 20-Jährige seine Schreinerlehre. Mit 23 Jahren war er Geselle, suchte längere Zeit nach einer passenden Arbeit und rutschte dann in den Messebau hinein. Weltweit war er in den folgenden Jahren unterwegs. „Im Jahr 2000 bin ich 186 Tage im Ausland gewesen”, erzählt Daniel Hüttel. Als die Firma dann Konkurs anmelden musste, entschloss er sich, nochmals die Schulbank zu drücken. Drei Semester lang besuchte er die Meisterschule in einem Vollzeitkurs und stellte dabei fest, wie positiv seine Zeit in der Montessori-Schule seine Einstellung zum Lernen geprägt hatte. 2005 erhielt er den Meisterbrief und wurde „direkt von der Schule weggekauft”. Als Betriebsleiter war er für die maschinelle Fertigung von Dachschrägenschränken und Küchenkorpen zuständig. „Ein harter Job”, sagt er. Ein 12-Stunden-Tag sei keine Seltenheit gewesen.

„Ich weiß, was ich will”

Nach zwei Jahren ging Daniel Hüttel zurück in den Messebau. Seit 2010 arbeitet er bei der Firma Kohlhaas Messebau, die für ihre „abgefahrenen Entwürfe” bekannt ist. Inzwischen ist er Projektleiter. Seine Aufgabe ist es, den kreativen Ideen der Designabteilung eine reale Gestalt zu geben. Natürlich ist er auch heute noch auf den verschiedensten Messen zu finden, doch die Zahl seiner Auswärtseinsätze ist überschaubar, so dass ihm genügend Zeit für seine Familie bleibt.

„Ich verdanke der Montessori-Schule, dass ich weiß, was ich will”, stellt Daniel Hüttel fest. Keine Frage also, dass seine beiden Töchter Hannah und Eva in die Fußstapfen ihres Vaters getreten sind und ebenfalls die Schule an der Heiglhofstraße besuchen. „Das Wichtige ist, dass man einen Sinn sieht, in dem, was man macht”, betont Daniel Hüttel. „Und das wurde mir dort vermittelt.”

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