Veröffentlicht am 08.01.2014 09:46

„Einsicht scheint für viele ein Fremdwort zu sein”

„Die meisten Fahrgäste machen die Probleme selbst”, schrieb Roswitha Schrader in unserer Rubrik „Sauer auf den MVV” im Samstagsblatt vom 4. Januar. Zu deren Leserbrief gibt es unterschiedliche Meinungen:

„Nirgends ist mir so viel Unfreundlichkeit begegnet”

Cornelia Bluhm meint:

„Der Dame ging es nicht in erster Linie um die Probleme, die sie mit Verspätungen und anderen Unregelmäßigkeiten beim MVV hat, sondern darum, sich über die 'Zugereisten' zu beschweren. Dazu möchte ich jetzt mal etwas sagen. Ich komme selbst nicht von hier, bin im Laufe der letzten 30 Jahre sehr oft umgezogen - meist berufsbedingt durch meinen Mann. Ich habe in vielen verschiedenen Städten und damit in sechs verschiedenen Bundesländern gelebt. Nirgends ist mir so viel Intoleranz und Unfreundlichkeit begegnet, wie hier im Münchner Raum! Weltoffenheit und Annehmen von Anderen scheint hier ein größeres Problem zu sein als anderswo.

Frau Schrader beschwert sich über Meckereien von 'Zugereisten'. Ich weiß gar nicht, ob sie jeden, den sie meckern hört, danach fragt, wo er herkommt. Daran, dass vielleicht nicht die bayrische Mundart gesprochen wird, lässt sich die Herkunft nun wirklich nicht erkennen! Ich kenne selbst Menschen, die hier geboren sind, deren Familien von hier kommen und die selbst nicht bayrisch sprechen. Glücklicherweise leben wir in einem ziemlich freien Land und dürfen darin ungehindert umziehen.

Vielleicht sollte Frau Schrader auch einmal den Versuch machen, in eine andere Region umzuziehen. Dann würde sie feststellen, wie wohltuend es ist, angenommen zu werden, auch wenn man nicht die dortige Mundart spricht. Diese 'mia san mia'-Mentalität etlicher Menschen, die sich für besser halten als ihre nicht-bayrischen Mitbürger finde ich entsetzlich und sehr kleingeistig. Was ist es, dass sie so sein lässt? Zufriedenheit und Selbstbewusstsein sicher nicht.

Um auf das eigentliche Thema Ihrer Rubrik zu kommen: Ich glaube auch nicht, dass Verspätungen daran liegen, dass die Fahrgäste zu langsam aussteigen! Die genauen Hintergründe für die Verspätungen, die wirklich an der Tagesordnung sind, kenne ich nicht. Was mich aber auch ärgert, ist die mangelnde Information. Ich denke, es wäre ein erster Schritt, besser zu informieren. Dann ist das Verständnis und die Toleranz seitens des Fahrgastes auch größer.”

„Kann ohne Einschränkung zustimmen”

Hermann Paul schreibt:

„Dem Kommentar von Frau Roswitha Schrader kann ich ohne Einschränkung zustimmen. Zusätzlich aber noch einige Anmerkungen: Bei U- und S-Bahn wird häufig die pünktliche Abfahrt verhindert, weil - in aller Regel jüngere - Fahrgäste die Lichtschranke an den Türen unterbrechen, um andere aus der Gruppe, die sich ebenfalls seit einiger Zeit bereits am Bahnsteig aufhielten, noch einsteigen zu lassen. Die sind meistens anderweitig beschäftigt und glauben offensichtlich, nach Belieben zusteigen zu können. Auch Ansagen der Zugführer, bitte sofort einzusteigen, da die U-Bahn gleich abfährt, werden ignoriert. Da dies alles auf einer Strecke oft mehrfach geschieht, summieren sich die Verzögerungen schnell zu einigen Minuten und mehr im gesamten Verlauf. Dass dadurch wichtige Anschlüsse verpasst werden, was oft mit viel Umständen und Ärger verbunden ist, interessiert die (meist jungen) Herrschaften auch nicht.

Bei aller berechtigten Kritik am MVV, z. B. wegen hausgemachter Fehler, muss immer wieder auf das völlig undisziplinierte Verhalten hingewiesen werden. Aber Einsicht und Selbstkritik scheint für viele mittlerweile ein Fremdwort zu sein.”

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