„Eigentlich wollte ich etwas ganz anderes machen”, erinnert sich Sandra Krenn. Als Jugendliche stellte sie es sich toll vor, Fotografin zu werden und Aufnahmen in der ganzen Welt zu machen. Doch dann absolvierte sie noch in der Schulzeit ein Praktikum in einem Fotostudio und musste erkennen, dass sich der Beruf in der Realität ganz anders darstellte als in ihrer Fantasie. Da sie schon damals gut mit Kindern umgehen konnte, begann sie eine Erzieherinnenausbildung und bildete sich im Anschluss daran zur Heilpädagogin fort. Seit 2007 arbeitet Sandra Krenn als Lehrerin in der Montessori-Schule der Aktion Sonnenschein in der Heiglhofstraße. Man sieht ihr an, dass sie ein Betätigungsfeld gefunden hat, das sie ausfüllt und wirklich glücklich macht.
Die Einrichtung ist der 33-Jährigen bereits seit langem vertraut. Ihre zwei Jahre jüngere, geistig behinderte Schwester Steffi ist hier zehn Jahre lang zur Schule gegangen. Als Sandra Krenn im Rahmen ihrer Erzieherinnenausbildung die vorgeschriebenen Praktika machen musste, war es für sie keine Frage, dass sie sich dafür in der Montessori-Schule um einen Platz bewarb. „Ich bin dem Haus verbunden”, sagt sie. Und auch nach ihrer Heilpädagoginnenausbildung war für sie klar: „Ich wollte unbedingt wieder hier her.”
Da sich Sandra Krenn durch ihre Schwester mit Behinderteneinrichtungen gut auskennt, wird sie von den Eltern oft nicht nur als Lehrerin gesehen sondern eben auch als Angehörige eines geistig behinderten Menschen. „Ich bekomme bei den Elterngesprächen oft einen Vertrauensvorschuss, einfach weil ich weiß, wie es ist, auf der anderen Seite zu sitzen”, erzählt sie. Es ist vor allem aber auch die Atmosphäre im Haus, die sie nicht missen möchte. Der Satz „Wir sind eine Schule – jeder lernt vom anderen” ist keine Phrase sondern wird jeden Tag gelebt. Dazu trägt auch das Bildungsdorfkonzept bei, das bis 2009 ein Modellversuch war und seither kontinuierlich auf alle Jahrgangsstufen ausgedehnt wurde. Die Kinder und Jugendlichen einer Jahrgangsstufe sind zwar nach wie vor in a-, b- und c-Klassen aufgeteilt, lernen aber auch zusammen, gestalten gemeinsam verschiedene Projekte und machen miteinander Ausflüge und Klassenfahrten. Damit öffnen sich die Gruppen zusehends – und nicht nur die Klassenlehrer sondern alle Lehrerinnen und Lehrer des Jahrgangs werden zu Ansprechpartnern der Schülerinnen und Schüler. „Man hilft sich gegenseitig. Sechs Lehrer kümmern sich um 62 Schüler”, betont Sandra Krenn. „Es ist leichter für die Schüler auf Lehrer zuzugehen, wenn sie mit jemanden etwas besprechen möchten, denn sie können sich denjenigen heraussuchen, bei dem sie das Gefühl haben, es passt. Die Kinder brauchen den Klassenverband, sie brauchen aber auch die größere Gemeinschaft.”
Im Bildungsdorf der 7. Klassen, zu dem Sandra Krenn gehört, gibt es auch zwei männliche Lehrkräfte, was sie als große Bereicherung empfindet, da diese im sozialen Bereich und auch im Schuldienst eher Mangelware sind. „Es ist ein Vorteil für die Schüler, wenn auch männliche Bezugspersonen da sind”, stellt sie fest. Gerade auch männliche Jahresassistenten, wie Bufdis und Absolventen eines Freiwilligen Sozialen Jahres, seien deshalb sehr wichtig für die Einrichtung.
Sandra Krenn ist Lehrerin der 7a, die wie alle a-Klassen in der Montessori-Schule in der Heiglhofstraße den Förderschwerpunkt auf geistige Entwicklung setzt, d.h. hier werden geistig behinderte Kinder auf ein Leben in größtmöglicher Selbständigkeit vorbereitet. Lerninhalte sind – wenn es der Entwicklungsstand des Kindes zulässt – unter anderem auch ein Fahrtraining, das darauf vorbereitet selbständig zur Schule und wieder nach Hause zu kommen. Dazu muss der Schüler bis zu einem gewissen Grad lesen können, auf den Straßenverkehr achten und auch mit dem Handy umgehen können, um Kontakt aufzunehmen, sollten z.B. die öffentlichen Verkehrsmittel ausfallen oder sonst etwas Unvorhergesehenes passieren. Gerade durch das Bildungsdorf und die gemeinsamen Projekte und Ausflüge, würden die Kinder aus den a-Klassen sehr profitieren, erläutert Sandra Krenn. Aber auch die b- und c-Klassen, die sogenannten Integrationsklassen, die sich aus zwei Drittel Schüler ohne Förderbedarf und ein Drittel Schüler mit unterschiedlichen sonderpädagogischen Förderbedarf zusammensetzen, gewinnen dadurch – an sozialer Kompetenz. Jeder lernt eben vom anderen – lernt mit den Stärken und Schwächen des anderen umzugehen, Rücksicht zu nehmen und sich für einander einzusetzen.
Celine und Fatih aus der 7a machen am Nachmittag Hausaufgaben mit Sandra Krenn. Die beiden 13-Jährigen sind seit der ersten Klasse in der Montessori-Schule. Im Moment lernen sie gerade die Addition und Subtraktion, Division und Multiplikation von großen Zahlen. Das Montessori-Material hilft, die Dinge zu greifen und zu begreifen. „Sie sind wirklich sehr fit”, freut sich Sandra Krenn über die Entwicklung ihrer Schützlinge. Eine Entwicklung, die sich auswirkt: Celine und Fatih verbringen in diesem Schuljahr ihre Nachmittage gemeinsam mit 34 Kindern aus den Integrationsklassen. Diese kommen während der Hausaufgabenzeit zum Teil ebenfalls zu Sandra Krenn, um hier ihre Aufgaben zu erledigen. „Jeder wird seinen Weg gehen”, sagt diese mit Überzeugung. „Manche machen ihren Quali oder die Mittlere Reife, die anderen gehen in die Berufsschulstufe. Die Kinder profitieren alle davon, dass sie hier selbständiges Lernen lernen.”
Viele Aktionen der Montessori-Schule und auch die nötigen pädagogischen Zusatzkräfte können nur durch finanzielle Unterstützung von Förderern und Spendern gestemmt werden. Eine Spende kann überwiesen werden an die „Stiftung Aktion Sonnenschein”, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 70020500, Kto 7811100. Eine Spendenquittung wird ausgestellt.