Veröffentlicht am 30.10.2013 09:29

„Du musst unbedingt Hostess werden”

Gerda Kunkel 1972 als Hostess. (Foto: pr)
Gerda Kunkel 1972 als Hostess. (Foto: pr)
Gerda Kunkel 1972 als Hostess. (Foto: pr)
Gerda Kunkel 1972 als Hostess. (Foto: pr)
Gerda Kunkel 1972 als Hostess. (Foto: pr)

„Du musst unbedingt Hostess werden”, diese Empfehlung bekommt Gerda Kunkel bei einem Vorstellungsgespräch im November 1971 von einer jungen Hostess namens Silvia. Damals noch eine einfache Olympia-Mitarbeiterin, lernt Gerda Kunkels Mentorin während der Spiele ihren zukünftigen Ehemann kennen - und ist nicht einmal vier Jahre später Königin von Schweden. Obwohl mehr als 40 Jahre vergangen sind, seit Gerda Kunkel als eine von 1.120 Hostessen bei den Olympischen Spielen 1972 in München arbeitete, kann sich die heute 73-jährige noch gut an die Zeit erinnern. Vor allem ist ihr jedoch die Begegnung mit Silvia von Schweden im Gedächtnis geblieben.

„Silvia umarmte mich”

Zum Vorstellungsgespräch reiste Gerda Kunkel damals eigens aus Solingen nach München. Hier lernt sie Silvia, die zukünftige Königin von Schweden, kennen, die selbst als Hostess bei der Olympiade arbeitet und dort ihren Gatten Carl Gustaf treffen wird.

„Sie hat mich empfangen, umarmte mich und sagte: 'Du musst unbedingt Hostess werden'”, erinnert sich Gerda Kunkel an ihre erste Begegnung mit Silvia. „Leider habe ich sie im Laufe der Olympiade aus den Augen verloren.”

„Wir waren sehr begehrt”

Nachdem sie mit „royaler” Unterstützung die Stelle bekommt, bezieht sie ein Jahr später ihr Zimmer in den Wohnblöcken der heutigen Studentenstadt in Freimann. „Die Moral wurde groß geschrieben. Es durfte kein Herr in unser Haus”, sagt sie über die damaligen Hausregeln. Fasziniert von den adretten Hostessen, versuchte dennoch so mancher Mann sein Glück: „Sie kletterten die Fassaden hinauf, um uns Blumensträusse zu überreichen und riefen dabei unsere Namen”, beschreibt Gerda Kunkel die Anziehungskraft, die von den Olympia-Hostessen ausging: „Wir waren sehr begehrt.”

Der strengen Ettiquette traten die Frauen mit einem Funken Humor entgegen, indem sie ihre himmelblauen Dirndl-Kleider, die aus Anstandsgründen bis über die Knie reichten, heimlich um ein paar Zentimeter kürzten. Ihr Kleid verkaufte Gerda Kunkel jedoch im letzten Jahr an einen Sammler im Internet. „Jetzt passe ich ja eh nicht mehr hinein”, scherzt sie.

„The Games must go on”

In ihren feschen Roben waren die Hostessen für die Betreuung von Ehrengästen zuständig oder halfen sportbegeisterten Touristen bei der Navigation durch die Landeshauptstadt. Gerda Kunkel war für die Presse unterwegs und daher meist im Büro anstatt live bei den Veranstaltungen, sagt sie. „Während der Anschläge war ich im Pressezentrum, wir wussten schon vor allen anderen, dass niemand überlebt hatte”, beschreibt sie die tragischen Ereignisse. Nach einer eintägigen Unterbrechung setzte der damalige IOC-Präsident Avery Brundage die Spiele mit den Worten „The games must go on” fort. „Dann haben wir halt weiter gearbeitet”, berichtet Gerda Kunkel.

„Ich will auf jeden Fall wieder hin!”

Trotz der schrecklichen Geiselnahme war es für Gerda Kunkel „eine wahnsinning interessante und schöne Zeit.” Auch aufgrund ihrer positiven Erinnerungen, will sie die Olympischen Winterspiele 2022 unbedingt in München erleben. Sie wäre dann 82. „Wenn ich bis dahin gesundheitlich noch fit genug bin, will ich auf jeden Fall hingehen!”

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