Veröffentlicht am 07.10.2013 13:17

Bunker wird zum Kunst-Herz

Katharina Schellenberger zeigt Traumbilder als Seelenlandschaften. (Foto: Sch)
Katharina Schellenberger zeigt Traumbilder als Seelenlandschaften. (Foto: Sch)
Katharina Schellenberger zeigt Traumbilder als Seelenlandschaften. (Foto: Sch)
Katharina Schellenberger zeigt Traumbilder als Seelenlandschaften. (Foto: Sch)
Katharina Schellenberger zeigt Traumbilder als Seelenlandschaften. (Foto: Sch)

Mit einem „Bunkerfest” startet am Donnerstag, 10. Oktober, „Kunst in Sendling”. Diese Tage der „offenen Ateliers” haben inzwischen Tradition im Viertel, denn seit zehn Jahren öffnen Künstler hier im Oktober ihre Türen und laden Kunstinteressierte und Nachbarn zum Plausch in ihre Ateliers und Arbeitsräume ein.

In diesem Jahr sind fast 100 Teilnehmer an 42 Stationen dabei: Maler, Fotografen, Bildhauer, Filmemacher und Aktionskünstler. Neben Ausstellungen und Aktionen haben die Organisatoren ein vielfältiges Rahmenprogramm auf die Beine gestellt. Es gibt Konzerte, Lesungen und Filme. Bei einem „Nachbarschafts-Speed-Dating” im Fünf-Minuten-Takt können sich die Sendlinger näher kennen lernen.

22-Meter-Bunker als zentraler Treffpunkt

Mittelpunkt der Ateliertage und zentraler Treffpunkt ist in diesem Jahr der Hochbunker in der Thalkirchner Straße 158. Das 22 Meter hohe Kriegsbauwerk steht derzeit leer und wird an den vier Ateliertagen von den Sendlingern künstlerisch genutzt. Ermöglicht hat dies ein Antrag der Grünen im Stadtrat, dem das Kommunalreferat zugestimmt hat. Die Sendlinger Künstler wollen mit dieser einmaligen Aktion darauf hinweisen, dass in dem Stadtteil nicht nur Wohnungen fehlen, sondern auch bezahlbare Ateliers und Veranstaltungsräume, sagt Reinhold Rühl, der zusammen mit Berit Opelt und Fred Krüger „Kunst in Sendling” organisiert: „Wir wollen den Bürgern zeigen, was in diesen Mauern alles möglich ist”.

Bunker fürs Viertel nutzbar machen

Verhindern wollen die Künstler, dass die städtische Immobilie verkauft und „zur Nobel-Wohnadresse umgebaut wird”. In der Ungerer Straße in Nordschwabing sei dies derzeit zu besichtigen. Dort entstehen in einem ehemaliger Bunker teure Penthouse-Wohnungen. Der sechseckige Bunker in Sendling hat auf fünf Etagen fast 500 Quadratmeter Grundfläche. Der kegelförmige Dachaufbau könnte nach Einschätzung der Sendlinger Künstler zu einem Multi-Funktionsraum umgebaut werden. Im Erdgeschoss wäre eine gastronomische Nutzung möglich, in den oberen Etagen Platz für Ateliers und Ausstellungen. Sogar ein kleines Club-Kino können sich die Kunst-Organisatoren in dem wuchtigen Gebäude vorstellen.

Auch der Sendlinger Bezirksausschuss hat sich gegen den Verkauf des Bunkers ausgesprochen. Das Gremium diskutierte verschiedene Möglichkeiten, den Bunker und das Grundstück zu nutzen: Man könnte ein Bunkermuseum einrichten, das Gelände des benachbarten Kindergartens erweitern, Band-Übungsräume einrichten, bezahlbaren Wohnraum für die Sendlinger schaffen oder hier eine Außenstelle des NS-Dokumentationszentrums öffnen.

Bunkerfest eröffnet „Kunst in Sendling”

Ab 10. Oktober haben Bürger die Möglichkeit, vier Tage lang den Bunker zu besichtigen und dort bei freiem Eintritt ein vielfältiges Programm zu erleben. Eröffnet wird „Kunst in Sendling” am Donnerstag um 18 Uhr mit einem Bunkerfest. Es gibt einen Vortrag über die Hinterlassenschaften der Kriegsgeneration, ab 20 Uhr eine Krimilesung des Schriftstellers Michael Gerwien („Mordswiesen”) und Live-Musik mit der Schauspielerin Ines Honsel, die über „Trinken und Lieben” singt. Bis Sonntag ist in den oberen Etagen die Fotoausstellung „Budenzauber” zu sehen, die der Sendlinger Fotograf Ralf Weiss beim Aufbau des Oktoberfestes aufgenommen hat. Die Performance-Künstlerin Maria Berauer zeigt in ihrer Video-Installation „Yes, I can't”, was bei ihren Kunstaktionen vor der Großmarkthalle alles schief gelaufen ist. Im „Bunkerkino” gibt es einen Spaziergang zu „20 Lieblingsplätzen” in Sendling zu sehen und zu hören.

Mit einer „Kurzfilmnacht” geht es am Samstag, 12. Oktober, um 20 Uhr weiter im Bunkerprogramm. Es laufen Dokus und Kurzspielfilme, z.B. eine Doku über die seltsamen Trinksitten der Oktoberfestbesucher aus Neuseeland und Australien. Wo Joschka Fischer das Steinewerfen übte, ist in dem Super-Acht-Clip „Die wilden 70er” zu sehen. Eine Rarität ist auch „The Sound of Havana”. In dem Film, der sich in Kuba auf die Spuren des Buena Vista Social Club begibt, lernt der bayerische Schauspieler und Comedian Eisi Gulp Salsa tanzen.

Außergewöhnliches beim H-Team

Einer der vielen anderen Kunst-Orte im Viertel ist das H-TEAM in der Plinganserstraße 19. Carla Llabega und Katharina Schellenberger präsentieren hier ihre Werke vom 11. bis 13. Oktober. „Es freut uns sehr, dass diese renommierten Künstlerinnen mit ihren außergewöhlichen Werken unsere Räume für Kunst in Sendling zur Ausstellung nutzen”, sagt Peter Peschel, Geschäftsführer des H-TEAMS.

Carla Llabegas Thema ist „Selbstporträts mit Gesichtsblindheit”. Da sie nicht in der Lage ist, sich selbst aus dem Spiegel heraus abzubilden, wählte sie den Umweg über die haptische Wahrnehmung: Eine Hand tastend ins Gesicht gelegt, zeichnet sie parallel dazu mit der anderen das Erfühlte aufs Papier. Seit sechs Jahren hat sie kein anderes Thema und so sind im Laufe der Zeit viele Hundert dieser Blätter entstanden. Einige davon werden wieder und wieder bearbeitet. So fügen sie sich Schicht um Schicht zu einem Selbstbildnis eines sehr eigenen und sehr persönlichen Prozesses.

Die Künstlerin Katharina Schellenberger zeigt „Traumbilder - Seelenlandschaften”. Der Ursprung der Arbeiten findet sich in Träumen und Erinnerungen genauso wie in Fotos, Zeitungsberichten, Literatur und Musik. Durch Selektion und Kombination verschiedener Erfahrungen entstehen Momentaufnahmen, bei denen nicht die korrekte Form im Vordergrund steht, sondern der seelische Gehalt oder der unmittelbare Ausdruck eines Gedankens. Unsicherheit und Zerbrechlichkeit menschlichen Daseins sind tragende Bildthemen neben Selbstironie gepaart mit grotesken Elementen.

Öffnungszeiten Kunst in Sendling: Donnerstag 18 bis 24 Uhr (nur Bunker). Freitag 19 bis 22 Uhr. Samstag 14 bis 22 Uhr. Sonntag 14 bis 20 Uhr. Info: www.kunst-in-sendling.com.

north