Veröffentlicht am 22.06.2013 00:00

Ein halbes Jahrhundert für den „Info”

Ein halbes Jahrhundert für den „Info” (Foto: red)
Ein halbes Jahrhundert für den „Info” (Foto: red)
Ein halbes Jahrhundert für den „Info” (Foto: red)
Ein halbes Jahrhundert für den „Info” (Foto: red)
Ein halbes Jahrhundert für den „Info” (Foto: red)

Das weiß er auf den Tag genau: Am 25. Oktober 1965 hat Wilhelm Kraus seine erste Anzeige für den Informationsdienst gesetzt. Im September 1984 hat der Schriftsetzer-Meister die Geschäftsführung des Verlags übernommen. Der Informationsdienst, oder kurz „der Info”, ist die Buschtrommel des Würmtals. Jeden Donnerstag wird er kostenlos verteilt - und wer ihn mal nicht bekommt, der ruft an. „Haben Sie einen Aufkleber ,Keine Werbung' am Briefkasten?”, fragt dann die freundliche Dame am Telefon. „Ja, aber der Info ist doch keine Werbung, den braucht man ja”, lautet regelmäßig die Antwort des Anrufers oder der Anruferin.

Vom Setzer zum Verlagsleiter

Herr Kraus, Sie haben den schönen Beruf des Schriftsetzers gelernt. Warum?

Wilhelm Kraus: Unsere Schulklasse war zu einer Führung bei der „Süddeutschen Zeitung”, und da wusste ich sofort: Das und nichts anderes will ich werden.

Wie kam es dann dazu, dass Sie vom Setzer zum Chef des ganzen Verlags wurden?

Kraus: Das Verleger-Ehepaar Kurt und Carola von Palm hatte keine Kinder. Als von Palm älter wurde, hat er mir die Nachfolge angeboten. Wir waren uns in einigen Dingen ähnlich, wir hatten auch am selben Tag Geburtstag. Ich bin ihm heute noch sehr dankbar dafür, dass er mir die Chance gegeben hat. Ich habe sie genutzt.

Zunächst war es aber ein Sprung ins kalte Wasser?

Kraus: Natürlich, ich war neu im Verlagswesen und musste mich gegen die Wettbewerber im Würmtal behaupten, also gegen echte Verlagsprofis. Aber ich dachte mir: ,Die Arche Noah ist von Amateuren gebaut worden, die Titanic von Profis'.

Das Feuer weitergeben

Und jetzt führen Sie einen seit 65 Jahren bestehenden Traditionsbetrieb.

Kraus: Tradition ist für mich nicht Anbetung der Asche, sondern Weitergabe des Feuers. Und ich will agieren, nicht reagieren. Deshalb habe ich schon vor fünf Jahren Thomas Steiner zu mir in die Geschäftsführung geholt. Er kommt wie ich aus der Setzerei.

Im Gegensatz zum Ehepaar von Palm haben Sie einen Sohn. Warum übernimmt er nicht den Verlag?

Kraus: Er ist in der IT-Branche sehr glücklich und hat sein eigenes Leben. Und hinterlässt schon bald seine eigenen Fußspuren: Im August werde ich Opa, so Gott will.

„Wie ein Virus, das lässt einen nicht los”

Nächstes Jahr werden Sie 70. Zurückziehen wollen Sie sich nicht?

Kraus: Nein. Der Info, das ist wie ein Virus, wenn man sich einmal infiziert hat, lässt er einen nicht los. Ich glaube der Info braucht mich noch – und ich den Info auf jeden Fall. Es ist schön, wenn man nicht mehr arbeiten muss, aber noch arbeiten kann. Auch unsere Mitarbeiter sind seit vielen Jahren bei uns, wir sind ein eingespieltes Team. Allen voran muss ich natürlich meine Frau erwähnen, sie macht nicht nur die Buchhaltung, sondern ist als Einzige auf allen Positionen einsetzbar. Sie hat mir auch in schwierigen Zeiten immer den Rücken frei gehalten.

Worin besteht für Sie dieser Virus, diese Faszination?

Kraus: Ich habe meinen Beruf immer geliebt. Ich habe für den Info Anzeigen akquiriert, gesetzt, das Blatt gedruckt, gefalzt und mit meiner Familie auch ausgetragen. Für mich sind alle Kunden gleich, der Kleinkunde ist sogar unsere Stärke. Wir betreiben eine sensible Preispolitik, wir hatten mal elf Jahre lang die gleichen Preise. Unser Motto ist: Bei uns steht nicht nur Würmtal drauf, bei uns ist auch Würmtal drin. Ich kenne mich hier wirklich gut aus und habe viel Erfahrung. Wir legen Wert darauf, uns keine Feinde zu machen. Und wir wollen uns gar nicht ausdehnen.

Auch nicht ins Internet?

Kraus: Mit einem kostenfreien Online-Angebot würden wir uns ja selber Konkurrenz machen. Nein, ich denke, Printmedien wird es noch lange geben. Der Info hat den Vorteil, dass Sie hinterher, wenn Sie ihn gelesen haben, auch noch einen Brathering einwickeln können.

Auch Meister Eder braucht den Info

Was waren die witzigsten Druckfehler im Info?

Kraus: Einmal fielen zu Bleisatz-Zeiten die Nullen runter und in der Anzeige eines Möbelhauses wurde ein Wohnzimmerschrank statt für 1500 Mark für 1,50 Mark angeboten. Ein Witzbold wollte gleich 20 Stück bestellen. Sehr schön war auch eine Anzeige mit einem Foto von Gardinen und der Bildunterschrift: „So sollen sie hängen.” Ein Setzer hat das „sie” groß geschrieben...

An welche Episode aus ihrem langen Berufsleben erinnern Sie sich am liebsten?

Kraus: Während eines Urlaubs in Nordafrika habe ich eine Dame aus Krailling kennen gelernt. Sie reklamierte gleich, dass sie letzte Woche keinen Info bekommen hätte. Ich habe vom Urlaub aus im Büro angerufen und erfahren, dass eine Vertretung unterwegs gewesen war, die das etwas abgelegene Haus wohl übersehen hatte. Zum Glück hatte ich auch zwei Exemplare der neuesten Ausgabe dabei, so dass sie ihren Info gleich lesen konnte.

Hatten Sie auch prominente Kunden?

Kraus: „ Derrick” Horst Tappert, „Meister Eder” Gustl Bayrhammer, Schlagersänger Bata Illic und noch viele Prominente mehr. Auf der Suche nach einer Putzhilfe oder einem Haus für die Tante haben sie sich auf den Erfolg einer Anzeige im „Info” verlassen.

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