Wie barrierefrei ist meine Stadt? Das fragte sich eine Gruppe grüner Mandatsträger, unter ihnen Landtagskandidat Thomas Pfeiffer und Bezirksrätin Petra Tuttas. Mit Rollstühlen machten sie sich auf den Weg vom Resi-Huber-Platz zum Harras. Dabei stießen sie auf eine Menge unerwarteter Hürden: „Mal eben so zwischen parkenden Autos durchzukommen ist gar nicht so einfach, wenn man einen dreiviertel Meter breit ist“, findet Thomas Pfeiffer. Schon eine kleine Stufe, die höher als ein Handbreit ist, kann er jetzt ohne fremde Hilfe nicht mehr überwinden.
Der Politiker will mit der Aktion testen, wie mobil man ist, wenn man nicht selber gehen kann. Welche Steine liegen im Weg, wie lange braucht man tatsächlich für die alltägliche Einkaufstour und wie kommt man im engen Supermarkt an die Schokolade im oberen Regalfach?
Solche ganz alltäglichen Probleme interessierten Pfeiffer, der für den bayerischen Landtag in Giesing, Sendling und Münchner Süden kandidiert. Die Klappe eines Altkleidercontainers, an dem er und seine Gruppe vorbeikommen, ist zu hoch angebracht, die Gänge eines Supermarkts sind zu eng. Zwar kommt er mit dem Rollstuhl in einen anderen Laden hinein, aber kaum mehr heraus. Erst muss er die Ladentür schließen, dann mit dem Rollstuhl vorbeifahren, um sie anschließend hinter dem Rücken wieder zu öffnen und rückwärts aus dem Laden zu rollen.
Vor dem Laden zückt Pfeiffer sein Smartphone und ruft die App Wheelmap.org" class="auto-detected-link" target="_blank">Wheelmap.org auf. Darin verzeichnet er den Laden, den er gerade kunstvoll verlassen hat, mit einem leuchtenden Orange: „bedingt rollstuhlgerecht“. Die Wheelmap.org" class="auto-detected-link" target="_blank">Wheelmap.org ist eine Mitmach-Karte im Internet, auf der Orte verzeichnet und mit einer Ampel markiert sind: Rot bedeutet unzugänglich – Orange, wenn eine Stufe zu überwinden ist – grün für alle leicht zugänglichen Orte. Weit über 300.000 Orte sind bundesweit schon eingetragen, die Grünen haben sich vorgenommen, ein gutes Dutzend weitere aus Sendling hinzuzufügen.
Begleitet wird Pfeiffer auch von Petra Tuttas aus dem oberbayerischen Bezirkstag, der für Pflege und Psychiatrie in Oberbayern zuständig ist. Als Tuttas mit ihrem Rollstuhl über eine gepflasterte Einfahrt fährt, driftet sie unerwartet zur Straße hin ab – der Gehweg ist an dieser Stelle leicht abschüssig, als Fußgänger merkt man das nicht, im Rollstuhl hingegen muss man das Gefälle anstrengend ausgleichen. Auch die Valleystraße, die von der Implerstraße zum Harras führt, hatten die Teilnehmer der Tour nicht so steil in Erinnerung – mit dem Rollstuhl werden auch kleine Hügel zu großen Bergen und eine nicht abgesenkte Bordsteinkante zur Falle.
„Menschen sind nicht behindert“, resümiert Thomas Pfeiffer die Test-Tour, „sie werden von ihrer Umgebung erst behindert gemacht.“ „Das muss sich ändern“, pflichtet Petra Tuttas ihm bei. „Die UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet die Politik zum Handeln. Aber Inklusion von Menschen mit Behinderung fängt vor allem auch in unseren Köpfen an. Erst wenn wir selbst erfahren, wie schwierig schon einfache Dinge wie Einkaufen sind, können wir uns ein Bild davon machen, wie anstrengend der Alltag für Menschen mit Behinderung ist”.