Es sind Bubengesichter, die dem Betrachter von den alten schwarz-weiß-Fotos entgegen lachen. Die schlaksigen Burschen stecken in Uniformen, auf den Köpfen haben sie Stahlhelme gestülpt. „Für sie war das damals ein großes Abenteuer“, sagt Journalist Hans-Dieter Götz. Damals, das war während des zweiten Weltkriegs als Germering ein bedeutender Stützpunkt im sogenannten „Münchner Flakring“ war. Dieses Luftverteidigungssystem umschloss die Hauptstadt mit insgesamt 240 schweren Flieger-Abwehrkanonen, berichtet Götz. Auf den Wiesen zwischen Germering und Puchheim hatte sich eine „Großbatterie“ mit 18 Langrohrgeschützen verschanzt. Daneben standen die Baracken für die 300 Flak-Artilleristen.
Ausgebildete Soldaten befanden sich freilich nur zur Hälfte unter den Männern. Ab 1943 wurden nämlich Schüler als „Luftwaffenhelfer“ an den Kanonen der „Heimatflak“ verpflichtet, Oberschüler der Jahrgänge 1926 bis 1928. Man hoffte, dieses letzte Aufgebot könnte München vor alliierten Bomberangriffen bewahren. Unter den Flakhelfern befand sich auch Franz-Xaver Schmid, der später in den Kraillinger Gemeinderat gewählt wurde. Heimatforscher Götz lernte ihn während seiner Recherchen zu einem Buch über die Geschichte der Kraillinger Wifo-Siedlung kennen. Als Schmid von seinem Einsatz als Flakhelfer in Germering berichtete, war die Neugierde von Götz auf dieses Stück Germeringer Heimatgeschichte geweckt. Gemeinsam machten die beiden weitere Zeitzeugen von damals ausfindig. Götz ließ sich von den Überlebenden, die mittlerweile 85 Jahre alt sind, von der damaligen Zeit erzählen und Fotos zeigen. Das Material hat er dann zu einer Tonbildschau zusammengestellt. Am 6. März zeigt er die Bilder von 20 bis 21.30 Uhr im Nachtasyl der Stadthalle Germering. Für die jungen Männer aus dem Münchner Theresiengymnasium war der Einsatz damals mehr aufregend als furchterregend, hat Götz festgestellt. Die Gräuel des Krieges und überhaupt die Tragweite ihres Einsatzes hatten die Pubertierenden, die jahrelang auf einen „Endsieg“ eingestimmt worden waren, wohl als eine Art Überlebensstrategie ausgeblendet beziehungsweise gar nicht wahrgenommen.
Ein weiterer Zeitzeuge, der Münchner Stadtteilhistoriker Walter Demmel berichtet, dass es für die Flakhelfer sogar Schulunterricht gab. Dazu kamen die Lehrkräfte mit dem Zug nach Unterpfaffenhofen. Gegen Ende des Krieges wurde wegen der verstärkten Angriffe der alliierten Luftwaffen ein geregelter Unterricht schwierig bis unmöglich. Die Schüler mussten sich mit dem „Notabitur“ zufrieden geben. Auch der zurückgetretene Papst Benedikt XVI. war übrigens Luftwaffenhelfer gewesen und zwar im ein paar Kilometer entfernten Gilching. Weitere bekannte Vertreter der „Flakhelfer-Generation“ sind Dieter Hildebrandt, Günter Grass und Hans-Dietrich Genscher. Die ehemaligen Flakhelfer, die die Tonbildschau bereits gesehen haben, haben sich anerkennend über Text und Bilder geäußert. Genau so sei es gewesen, bekam Götz zu hören. Das Leben als Flakhelfer war in den Augen der Burschen spannend, aber auch hart. Im kalten Kriegswinter 1943/1944 war morgens das Wasser in den Waschschüsseln gefroren, die Geschütze waren schwer, die Nachtschichten anstrengend. „Manchmal explodierten Bomben durch fahrlässige Handhabung und verletzten Schüler“, so Demmel. Gut kann sich ein anderer Zeitzeuge an die Erschießung eines russischen Hilfsarbeiters erinnern. Er sei damals in einer Holzkiste in der Aubinger Lohe im Moor vergraben worden, heißt es. Wann die nächste Tonbildschau gezeigt werden wird, steht noch nicht fest.