Gegen einen Abriss des 200 Jahre alten Gebäudes der Bäckerei Popp in der Kurzbauerstraße hatte sich der Bezirksausschuss 19 im März ausgesprochen, um den Denkmalschutz für den Dorfkern Solln nicht zu gefährden. Eingriffe an der Fassade des Hauses lehnte der BA ab, nur einem Umbau im Inneren stimmte er zu. Im Mai wurde über das Thema Ensembleschutz in Solln und das Anwesen im Bezirksausschuss 19 erneut heftig diskutiert.
Randhir Dindoyal (FDP) sprach sich gegen die Eingriffe in die Eigentumsrechte der Bäcker-Familie Popp aus. Mittels eines in der Kurzbauerstraße aus Sicht der FDP nicht mehr nachvollziehbaren Ensembleschutzes verhinderten SPD und Grüne bislang, dass die alt eingesessene Bäckerfamilie Popp das marode Backhaus nach ihren Vorstellungen abreißen lässt, um neuen Wohnraum zu schaffen, so die FDP. Schon der Blick aus dem Auslagenfenster der Bäckerei hinüber zur anderen Straßenseite, wo schlichte Neubauten stehen, mache deutlich, dass hier nicht mehr von einem Ensemble gesprochen werden kann, kritisierte Dindoyal, Kreisvorsitzender der FDP München-Süd. Prägend in Solln sei die Familie Popp mit ihrem traditionellem Backhandwerk. Identitätsstiftend sei es, dass die Bäckerin Popp jeden Kunden persönlich kenne und sich die Zeit für ein paar nachbarschaftliche Worte nehme. Nachdem aber der Bäckereibetrieb eingestellt wird, sei es das Recht der Bäckerfamilie, ihr Grundstück zu verwerteten, um in den verdienten Ruhestand zu gehen, betont die FDP. „Nicht die Steine des Hauses machen eine Dorfgemeinschaft aus, sondern die Menschen, die dort arbeiten und wohnen“, so Dindoyal.
Die SPD und die Grünen zeigten sich vom Meinungswechsel der FDP sehr überracht und bestürzt. Micky Wenngatz (SPD) fragte, ob sich die FDP nun ernsthaft gegen den Ensembleschutz ausspreche. Der Sollner Dorfkern sei in Gefahr, wenn die Kurzbauerstr. 9 weiche. Ihre Meinung zum Antrag der FDP: „Es geht eben nicht nur um den Abbruch eines einzelnen Hauses, sondern um den Verlust des Ensemble-Schutzes des gesamten Dorfkerns. Den Interessen von Spekulaten würde damit Tür und Tor geöffnet werden. Genau dagegen haben die Mitglieder des BA vor Monaten noch gemeinsam erfolgreich gekämpft. Jetzt opfert die FPD das kulturelle Erbe unseres Dorfkerns den wirtschaftlichen Interessen einzelner.” Fraktionskollegin Hannelore Prechtel betonte, dass der Erhalt des Gebäudes der Bäckerei Popp die letzte Bastion für den Erhalt des Sollner Dorfkerns sei, das Landesdenkmalamt würde bei weiteren Eingriffen den gesamten Ensembleschutz aufheben. Auch Karl Hirsch (SPD) mahnte, beim mehrheitlichen Beschluss zu bleiben, die Familie Popp könne ja trotzdem im hinteren Bereich bebauen. Ebenfalls vor einer Aufweichung des Ensembleschutzes warnten Michael Kollatz (SPD) und Alexander Aichwalder (Grüne).
Die Mitglieder der CSU waren sich nicht ganz einig, Teile der Fraktion hielten einen Abriss für vertretbar, solange die Kubatur des Gebäudes erhalten bliebe, Dr. Rudolf Zirngiebel hingegen sprach sich für einen Erhalt der Frontfassade und der Kubatur aus und auch Max Rößner hielt am Denkmalschutz fest.
Grundsatz-Entscheidung gefordert
Zu einer generellen Abstimmung über den Schutz des Sollner Dorfkerns drängte daraufhin die SPD: „Wenn der BA19 nicht mehr hinter der Aufrechterhaltung des Ensembleschutzes stehe, so müsse dies nun geklärt werden”, forderte BA-Vorsitzender Hans Bauer.
Die CSU-Fraktion beantragte aber eine Vertagung der Abstimmung mit der Begründung, dass man nicht aktuell auf das Thema vorbereitet sei. Der Antrag der CSU auf Vertagung scheiterte in der Abstimmung. Daraufhin entzog sich die CSU dieser Grundsatz-Entscheidung, indem die Mitglieder der Fraktion den Raum verließen. Die Beibehaltung der gemeinsamen Linie für den Erhalt des Ensembleschutzes im Sollner Dorfkern wurde in der folgenden Abstimmung mehrheitlich beschlossen. Fraktionssprecherin Wenngatz (SPD) über das Ergebnis: „Der BA ist sich seiner Verantwortung für das kulturelle Erbe bewusst und beschloss mit den Stimmen von SPD und Grünen eine grundsätzliche Entscheidung für den Ensemble-Schutz.” Die FDP dagegen zeigt sich damit höchst unzufrieden: ”Die Attraktivität der Landeshauptstadt ist nach wie vor ungebrochen, daher braucht München dringend mehr Wohnraum. Die auch in Solln gebotene und von den Bürgern verwirklichte Nachverdichtung hat längst eingesetzt. Andere Fraktionen im BA 19 mögen sich grundlegend die Diskussion um den Gartenstadtcharakter vorgenommen haben – wo die jährlich 7.000 neuen Wohnungen entstehen sollen, die sich die Landeshauptstadt als Ziel gesetzt hat, beantworten sie jedoch nicht. Klar ist nur: Zumindest nicht vor ihrer Tür.” Die Liberalen sehen im Festhalten am Ensemble-Schutz eine Gängelung der Sollner Grundeigentümer.