Veröffentlicht am 08.03.2012 10:15

Vorsicht vor falschen Enkeln

Immer wieder fallen Senioren auf den sogenannten Enkeltrick herein. (Foto: photos.com)
Immer wieder fallen Senioren auf den sogenannten Enkeltrick herein. (Foto: photos.com)
Immer wieder fallen Senioren auf den sogenannten Enkeltrick herein. (Foto: photos.com)
Immer wieder fallen Senioren auf den sogenannten Enkeltrick herein. (Foto: photos.com)
Immer wieder fallen Senioren auf den sogenannten Enkeltrick herein. (Foto: photos.com)

„Rate mal, wer gerade anruft…“, was sich harmlos anhört, entpuppt sich oft als dreiste Betrügerei. Der sogenannte Enkeltrick ist zwar eine altbekannte Abzockmasche, doch immer wieder fallen ihr vor allem ältere Menschen zum Opfer. Erst kürzlich haben Betrüger in Hadern zweimal versucht, Senioren mit dem Enkeltrick reinzulegen. Zum einen rief ein unbekannter Täter bei einer 85-jährigen Frau in Kleinhadern an und gab sich als ihr Enkel aus. Er sei, so sagte der Mann, gerade aus dem Gefängnis entlassen worden und brauche 6000 Euro, um eine längere Haft abzuwenden. Ein Freund werde das Geld abholen. Die Seniorin reichte den Telefonhörer allerdings an ihre anwesende Tochter weiter, woraufhin der Täter auflegte.

Zum anderen hat ein ebenfalls unbekannter Mann bei einer Frau in Großhadern angerufen und sich auch hier als Enkel der 64-Jährigen ausgegeben. In diesem Fall erklärte der Täter, dass er 5000 Euro benötige, ebenfalls um eine drohende Haft zu umgehen. Hier hätte die Frau das Geld einem Anwalt übergeben sollen, der – ironischerweise – in der Ettstraße, hier sitzt das Münchner Polizeipräsidium, auf sie warte. Die Frau handelte richtig: Sie ging nicht auf ihren angeblichen Enkel ein und verständigte die Polizei.

Doch Trickbetrug, mit dem kriminelle Banden Senioren um ihre Ersparnisse bringen wollen, hat viele Facetten. So kam vor kurzem ein Unbekannter zur Wohnung einer 68-jährigen Frau in Neuperlach und erklärte ihr, dass er eine „Kleinigkeit“ an der Warmwassertherme beziehungsweise der Heizungsanlage reparieren müsse. Auf den Einwand der Seniorin, dass bereits vor einigen Tagen jemand deswegen im Haus gewesen sei, reagierte der Täter sofort und betonte, dass dabei etwas übersehen worden wäre. Nachdem die Seniorin den Mann in ihre Wohnung gelassen hatte, verlangte er zunächst 150 Euro als Vorkasse. Dabei konnte er beobachten, wo sich das Bargeld befindet. Daraufhin schickte der Täter die 68-Jährige ins Badezimmer, wo sie mehrmals das Wasser an- und abstellen sollte. Diesen Moment machte sich der falsche Handwerker zu nutzen: Er stahl den Wohnungsschlüssel der Frau, ihr Sparbuch sowie ihre Brieftasche.

Die Maschen der Trickbetrüger sind vielfältig. Oft geben sich die Betrüger als Verwandte, Enkel oder Bekannte aus, wollen Geschenke abgeben oder bitten um ein Glas Wasser, sagen sie seien Behörden- oder Bankmitarbeiter, Krankenschwestern, Handwerker, Warenverkäufer oder auch Polizisten.

„Wir setzen darauf, dass die Tricks bekannt sind“

Wie jedoch lässt sich verhindern, dass immer wieder Rentner Opfer solcher Trickbetrügereien werden? „Wir setzen im Grunde darauf, dass die Tricks bekannt sind“, erklärt Ulrich Rothdauscher, der Leiter der Polizeiinspektion Neuhausen (PI 42). Deshalb betreibe die Polizei in diese Richtung auch immer wieder gezielte Aufklärung bei Senioren. „Wenn den Leuten etwas spanisch vorkommt, sollen sie auf keinen Fall zögern und sofort die Polizei rufen“, so der Polizeioberrat. „Die Täter gehen automatisch davon aus, dass ältere Menschen höhere Geldbeträge daheim haben.“

Wie die Täter genau vorgehen, sei unterschiedlich, sagt Rothdauscher. Zum einen gebe es den Bereich der Beobachtung, „zum Beispiel, wenn ältere Menschen eine Bank verlassen, kann es sein, dass sie vom Täter nach Hause verfolgt werden.“ Zum anderen gebe es auch immer Fälle, in denen ältere Menschen nach dem Weg gefragt werden, mithilfe eines Stadtplans. „Der Täter greift dann im Moment der Ablenkung in die Tasche und klaut die Brieftasche“, so der Leiter der PI 42.

„Die Gutmütigkeit der Menschen wird ausgenutzt“

„Dass der Enkeltrick immer wieder klappt, ist auch für mich nur schwer nachvollziehbar“, gibt Rothdauscher zu. „Doch gerade bei älteren Menschen ist die Abwehrbereitschaft oft eingeschränkt und auch die Wachsamkeit ist nicht so ausgeprägt.“ Viele seien in einer anderen Wertgesellschaft aufgewachsen und deshalb in gewisser Weise gutgläubiger. Und genau davon gehen die Täter auch aus. Oft würden sich auch die Geldverstecke ähneln, „deshalb sind Senioren meist leichter zu durchschauen.“ Für die Täter sei dies meist eine relative sichere Sache, „weil sie oft in der Wahrnehmung des potentiellen Opfers geschult sind“ erläutert Rothdauscher. „Sie merken meist schon an der ersten Reaktion der Senioren, ob sie Erfolg haben werden oder nicht.“ Zum Teil, so betont Rothdauscher, seien die erbeuteten Summen so hoch, dass es für die Betroffenen schon an die Existenz gehe. Nicht selten sind die Folgen bei einem geglückten Betrug für die Senioren fatal, da das meist über Jahrzehnte angesparte Vermögen, Rücklagen für das Altersheim oder für die Kinder auf einen Schlag weg ist. „Da wird die Gutmütigkeit einzelner Menschen ausgenutzt“, sagt Rothdauscher.

Hintermänner werden selten gefasst

Ob es sich bei den Tätern um Banden oder um Einzelpersonen handelt, sei schwer zu sagen, meint der Polizeioberrat. „Meiner Einschätzung nach ist es allerdings so, dass ein gewisser Organisationsgrad unumgänglich ist.“ Meist stecke eine systematische Struktur hinter den Taten. Erst kürzlich ist es der Münchner Justiz gelungen, die mutmaßlichen Drahtzieher einer bundesweit agierenden Bande von Enkeltrickbetrügern vor Gericht zu bringen. An die Hintermänner solcher Banden zu kommen, gelingt der Polizei meist nur selten. „Trickbetrug findet ja nicht nur an der Wohnungstür statt“, sagt Rothdauscher, der zudem davon ausgeht, „dass einige Leute gar nicht wissen, dass sie Opfer eines Trickbetrugs waren.“

„Münchner Initiative gegen Trickdiebstahl – M.I.T.“

Aufgrund der stetig steigenden Opferzahlen hat die Polizei München die „Münchner Initiative gegen Trickdiebstahl – M.I.T.“ ins Leben gerufen. Neben einer breit angelegten Informationskampagne tritt sie mit Hilfe von Freiwilligen direkt an Menschen über 60 Jahre heran und informiert so über Erscheinungsformen des Trickbetrugs und darüber, wie man sich ohne Umwege schützen kann. Das für das Projekt zuständige Kommissariat 105, Opferschutz und Prävention, führt auch Fortbildungen für die Kontaktbeamten der örtlichen Polizeiinspektionen durch und versorgt sie mit Informationsmaterial. „M.I.T. wurde 2004 gestartet“, berichtet Rothdauscher. „Unter anderem werden dort auch Senioren geschult, die dann in ihrem Bekanntenkreis über die Gefahren des Trickbetrugs aufklären können.“ M.I.T. bestehe nach Angaben des Polizeioberrats aus drei Säulen: der Prävention, der konsequenten Strafverfolgung und der Opfernachsorge. „Wir wollen den Menschen, die Opfer eines Trickbetrugs geworden sind, das Gefühl geben, dass sie nicht alleine sind“, betont Rothdauscher.

Tipps der Polizei

• Lassen Sie keine fremden Personen in Ihre Wohnung.

• Händigen Sie Fremden oder angeblich Beauftragten kein Bargeld aus.

• Lassen Sie sich den Dienstausweis oder den Personalausweis zeigen.

• Fragen Sie bei der zuständigen Behörde / Stelle nach.

• Gesundes Misstrauen ist keine Unhöflichkeit.

• Rufen Sie im Zweifel den Polizei-Notruf 110. Besser einmal zu viel, als einmal zu wenig.

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