Veröffentlicht am 01.12.2011 11:36

Leidenschaft für Laienkunst

Hans Holzinger mit zwei Exponaten aus seiner Sammlung. (Foto: ws)
Hans Holzinger mit zwei Exponaten aus seiner Sammlung. (Foto: ws)
Hans Holzinger mit zwei Exponaten aus seiner Sammlung. (Foto: ws)
Hans Holzinger mit zwei Exponaten aus seiner Sammlung. (Foto: ws)
Hans Holzinger mit zwei Exponaten aus seiner Sammlung. (Foto: ws)

„Mein Vater hat bündelweise naive und moderne Kunst gesammelt”, sagt Hans Holzinger junior. Das war in den 1950er und 1960er Jahren. Damals und auch noch später trug Hans Holzinger senior einen Schatz an Laienkunst zusammen. Es waren allein 1800 Bilder, dazu unzählige Grafiken und Skulpturen. Nach dessen Tod im Jahr 1997 übernahm sein Sohn die Privatsammlung. „Alles war damals verteilt auf zwei Garagen, drei Kellerräume und eine Drei-Zimmer-Wohnung.” Er erfasste alles systematisch und ordnete es. Bis in die 1980er Jahre hochgelobt, verblasste das Ansehen der Laienkunst zusehends – leider viel zu sehr, findet Holzinger. „Deshalb sehe ich es als meine Aufgabe an, die Fahne dieser Kunstrichtung hoch zu halten.” Die Kunst der Autodidakten sei vielfältig, habe Originelles und Wertvolles hervorgebracht.

Gefragte Sammlerstücke

Bei den Holzskulpturen des Bildhauers Hans Schmitt (1912 – 1996) vom Ammersee handele es sich etwa um gefragte Sammlerstücke: Das glaubt man denn auch ohne weiteres, betrachtet man den „Kuhkopf”, den „Steinzeitmediziner” und die „Häuptlingsfrau”. Alle drei dieser eigenartigen Holzwesen erinnern wegen ihrer bunten Bemalung ein wenig an frühere Indianerstämme.

Gleich neben diesen eindrucksvollen mächtigen Figuren steht ein winziger Esel aus Alufolie, nur ein paar Zentimeter groß. Der Künstler lebt noch und knetet unverdrossen seit seinem fünften Lebensjahr aus Spaß mit der Hand Alufolie zu einem Mini-Tier zusammen. „Es ist in fünf Minuten fertig”, weiß Holzinger zu berichten. Ein anderer Künstler, der früher bei BMW am Fließband stand, sammelt in seiner Freizeit kleine und große Steine aus dem Bachbett der Isar, bemalt jeden dieser Kieselsteine zu einem Gesicht und setzt die Isar-Kiesel-Gesichter zu einem Bild zusammen. Auch leere Weinflaschen haben es dem Mann angetan, er bemalt und gestaltet sie zu einer Ur-Bayerin im Dirndl um, die mehrere Maßkrüge stemmt.

Auge Gottes

Ein ehemaliger Ministerialdirektor im Landwirtschaftsministerium hat aus einer Teigrolle und einer Schuhleiste eine bayerische Dampfwalze konstruiert. Von den Erben einer Schlosserwerkstatt stammen ganz seltsame Skulpturen aus Eisen, eine soll „Das Auge Gottes” darstellen. Den Beständen seiner Sammlung fügt Holzinger immer wieder Werke heutiger Autodidakten hinzu: Ein Polizist aus Hamburg baut Jahr für Jahr aus Holz eckige Truhentiere in Form einer Katze oder eines Ameisenbären, deren Rücken man samt Schwanz hochklappen kann. Drinnen ist jede Menge Stauraum. Solche „Katzen” und „Bären” sind im Kinderzimmer beliebt und stehen inzwischen in so manch einer Ecke.

Freilich hat der in Obermenzing lebende Holzinger auch „Naive”, etwa Lithographien von der verstorbenen Münchner Malerin Petra Moll mit ihren einfachen, unbekümmerten und fantasievollen Bildmotiven sowie Lithographien des im Münchner Westen lebenden Münchner Malers, Zeichners und Illustrators Josef Wahl. Auch ein Aquarell von Max Raffler (1902 – 1988), dem malenden Bauern vom Ammersee, gehört zu der Sammlung. Sein Werk ist ebenfalls der naiven Kunst zuzuordnen.

Mit Whisky getränkt

Ganz und gar nicht naiv, sondern sehr abstrakt und modern sind die Bilder eines jungen Künstlers aus dem Iran. Der 30-Jährige tränkt zum Beispiel das Papier mit Whisky, bevor er es bemalt. Auch jungen Autodidakten verschließt sich Holzinger also nicht.

Sechs Mal im Jahr zeigt er aus den Beständen seiner umfangreichen, hochkarätigen Sammlung wechselnde Ausstellungen, die er meist um Werke zeitgenössischer Autodidakten ergänzt. Der kleine Ausstellungsraum befindet sich in der nordwestlichen Ecke der Hofgartenarkaden an der Galeriestraße. Ganz früher hat dort sogar schon Gabriele Münter (1877 – 1962), Malerin des Expressionismus, ausgestellt. Die Familie Holzinger hält seit 1974 in den Hofgartenarkaden eisern die Stellung für ihre Leidenschaft: die Laienkunst, die Kunst der Autodidakten. Die laufenden Kosten erfordern es immer wieder, sich von dem einen oder anderen Sammlerstück zu trennen, das dann käuflich zu erwerben ist. Die Sammlung Holzinger (Telefon 292487), Galeriestraße 2, ist geöffnet Dienstag bis Freitag jeweils von 14 bis 18 Uhr.

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