Viel verändert habe sich seit Beginn ihres Berufslebens im Bereich der Hebammen, erzählen die beiden Hebammen Monika Tiedtke und Ema Capkova, die vor rund zehn Jahren gemeinsam die Hebammen Praxis Germering (Landsberger Str. 23) aufgebaut haben: „Am Anfang unseres Berufslebens war es noch der Normalfall, in einem Krankenhaus als angestellte Hebamme zu arbeiten. Inzwischen gibt es das nur noch in ganz großen Häusern, kleinere Kliniken wollen sich das nicht mehr leisten – die Hebammen sind quasi in die Freiberuflichkeit entlassen worden.“
Die 56-jährige Ema Capkova und ihre 48-jährige Kollegin Monika Tiedtke können beide auf eine jahrzehntelange Erfahrung als Hebamme zurückblicken. Sie haben anfangs als Angestellte gearbeitet, dann als Beleg-Hebammen, um die schwangeren Frauen, die sich ihnen anvertraut hatten, bis zur Geburt des Kindes begleiten zu können. In den ersten Jahren der eigenen Praxis haben sie noch ab und zu Frauen als Beleg-Hebammen betreut, und heutzutage werden sie auch ständig gefragt, ob sie nicht die Geburtshilfe übernehmen können, doch: „Wir wissen, es ist nicht mehr machbar!“, betont Ema Capkova, „man müsste tagelang rund um die Uhr ständig in Bereitschaft sein, und wir könnten so eine kleine, gemütliche Praxisgemeinschaft nicht weiter führen.“
Finanziell wird die Situation für die Hebammen sowieso immer katastrophaler: Für die Hilfe bei der Geburt, die sich nicht selten über viele Stunden hinzieht, bekommt eine freie Hebamme im Krankenhaus gerade mal 237 Euro; Hausgeburten kann sie mit 537 Euro abrechnen. Dazu kommt, dass freiberuflich tätige Hebammen seit Juli mit 3689 Euro Haftpflichtprämie jährlich über 50 Prozent mehr entrichten müssen als im Vorjahr. Bei Geburtsvorbereitungs- und Rückbildungskursen können die Hebammen dann 5,71 Euro pro Teilnehmerin abrechnen, für die Nachsorge gibt es 26 Euro pro Hausbesuch von der Krankenkasse.
„Der erste Hausbesuch nach einer Geburt dauert bei uns mindestens eineinhalb Stunden, oft auch länger – zu unserem Preis kommt jedenfalls kein Installateur ins Haus!“, erklärt Monika Tiedtke, „und bei den Kursen wird überhaupt nicht berechnet, dass wir eine halbe Stunde Vorbereitungszeit haben und hinterher noch eine halbe Stunde mit Fragen beantworten und Aufräumen verbringen.“ Bei ihrer Praxisgemeinschaft kämen natürlich noch Miet- und Nebenkosten dazu, wobei sie hier Glück gehabt hätten: „Wir haben damals lange gesucht, denn alles war komplett unbezahlbar. Doch dann stellte sich heraus, dass auch noch andere Menschen kleinere Räume brauchten und nicht ein Riesenbüro oder einen großen Laden.“ So habe der Vermieter die Büroetage aufgeteilt, an mehrere Mieter vergeben – und damit konnte die Hebammen Praxis Germering (Landsberger Str. 23, www.hebammenpraxis-germering.de ) eröffnet werden.
Zusätzlich zu den Praxiskosten, hätten aber alle freiberuflichen Hebammen noch das Problem, selbst für Krankenversicherung und Altersvorsorge aufkommen zu müssen: „So haben viele Kolleginnen kein Krankentagegeld, keine Lebensversicherung – die Altersarmut droht!“, befürchtet Frau Tiedtke. „Man kompensiert die schlechte Bezahlung durch die Arbeitszeit. Eine 60 Stunden Woche ist keine Seltenheit, eher die Regel“, pflichtet Ema Capkova bei. „Aber wir haben uns entschieden, selbständig zu arbeiten und trotz der schlechten Bezahlung Zeit zu haben für unsere Frauen“, so Tiedtke, „bei den jungen Müttern ersetzen wir heute oft die fehlende Mutter, Oma oder andere Verwandte, die mit ihrer Erfahrung und ihrem Wissen helfen könnten.“
Es sei ihnen wichtig, dass sich die Frauen bei ihnen geborgen fühlen, das gehöre zu den schönsten Aspekten ihres Berufs. „Wir machen unsere Arbeit total gerne, schon allein wegen der Superbeziehung zu unseren Frauen, manche kommen auch beim dritten, vierten Kinder wieder zu uns zur Geburtsvorbereitung.“ Deshalb haben sie auch den Offenen Babytreff für das gesamte erste Lebensjahr aufgebaut, weil die erfahrenen Hebammen wissen, dass Mütter nach der Geburt Kontakt zu anderen Müttern brauchen und viele Fragen haben – auch nach den zehn Tagen, die die Krankenkassen einräumen. Ob sie es weiterempfehlen würden, den Beruf der Hebamme zu erlernen, beantworten beide Frauen einhellig: „Vom Herzen her ist es ein Traumberuf, vom Finanziellen her definitiv nicht!“.