Veröffentlicht am 12.09.2011 14:19

„Wir schließen eine Lücke”

Schulleiterin Marie-Therese von Uthmann: „Wir füllen mit unserer Ganztagesschule eine Lücke!” (Foto: job)
Schulleiterin Marie-Therese von Uthmann: „Wir füllen mit unserer Ganztagesschule eine Lücke!” (Foto: job)
Schulleiterin Marie-Therese von Uthmann: „Wir füllen mit unserer Ganztagesschule eine Lücke!” (Foto: job)
Schulleiterin Marie-Therese von Uthmann: „Wir füllen mit unserer Ganztagesschule eine Lücke!” (Foto: job)
Schulleiterin Marie-Therese von Uthmann: „Wir füllen mit unserer Ganztagesschule eine Lücke!” (Foto: job)

Am Dienstag hat wie in allen anderen Schulen auch in der Jenaplanschule in der Lipowskystraße der Unterricht begonnen: Mit etwa 30 Grundschülern hat die allererste Jenaplanschule, die es in München gibt, ihre Tätigkeit aufgenommen. Vier Jahre hat es gedauert, bis die hinter der Reformschule stehenden Pädagogen dieses Ziel erreicht hatten: „Wir haben in diesen Jahren sehr viele Enttäuschungen erlebt, aber auch sehr viel Arbeit und ehrenamtliches Engagement in unser Projekt gesteckt”, erklärte Dr. Dieter Hüttner, der pädagogische Leiter der neuen Einrichtung bei einem Treffen mit Landtagsabgeordneten wenige Tage vor dem Unterrichtsstart. In der Grundschule sollen einmal bis zu 100 Kinder unterrichtet werden; der Kindergarten, der mit einer Gruppe begonnen hat, soll um eine zweite Gruppe erweitert werden und dann 50 Kinder betreuen. Auch eine Kinderkrippe wird in dem Haus an der Lipowskystraße eingerichtet, allerdings erst in den nächsten Monaten.

Genehmigung auf zwei Jahre befristet

Neben den Waldorf- und den Montessorischulen sind die Jenaplanschulen die dritte reformpädagogische Bewegung, die in den 1920er Jahren entstand. „Wir machen das für die Kinder, um für sie eine Alternative zu schaffen”, so Hüttner. Als Ganztagesschule ist die neue Einrichtung für viele Familien besonders wichtig: „Wir füllen damit eine Lücke!” betonte Schulleiterin Marie-Therese von Uthmann. Doch nicht alle Probleme konnte das Team der Jenaplanschule lösen: Dem Schulgebäude in der Lipowskystraße, das früher von der Französischen Schule genutzt wurde, fehlt ein eigener Pausenhof. Die Regierung von Oberbayern hat der jungen Schule daher im August zwar die schulaufsichtliche Genehmigung erteilt, diese aber auf zwei Jahre befristet. Innerhalb dieser Zeit muss das Pausen-Problem vom Tisch sein.

BOS-Pausenhof als Zwischenlösung

Übergangsweise können die Jenaplanschüler für ihre Pausen eine abgetrennte, etwa 900 qm große und bislang brachliegende Fläche des nahen Berufsbildungszentrums (FOS / BOS) nutzen. Um dorthin zu kommen, müssen die Kinder über das Grundstück der Wohnanlage, zu der auch ihr eigenes Schulgebäude gehört, laufen und die Bavariastraße überqueren. Das stört einige Nachbarn: Sie halten den Schulweg durch ihre Wohnanlage und über die Straße für zu lang und zu gefährlich für die Kleinen. Sie haben daher gegen die Genehmigung der Schule geklagt (die Schule ihrerseits hat den sofortigen Vollzug der Genehmigung beantragt, so dass der Unterricht trotz der Klage beginnen konnte). Zudem haben sie die Kinderkommission des Bayerischen Landtags auf das Pausenproblem der Schule aufmerksam gemacht. Deren Mitglieder Claudia Stamm (Grüne), Brigitte Meyer (FDP) und Eva Gottstein (FW) nahmen Schule und Pausenweg nun vor Ort in Augenschein.

Eltern haben keine Einwände

Die Schule hält an ihrem provisorischen Pausenareal fest und sieht die Kinder auf dem Weg dorthin nicht in Gefahr: „Ich halte das nach wie vor für eine geeignete Lösung”, bekräftigt Dieter Hüttner. Jenaplan-Geschäftsführerin Sadija Klepo ergänzt: „Der Weg ist öffentlich und nicht gefährlich. Wir haben das Recht, ihn mit den Kindern zu benutzen!” Alle Eltern seien auf die jetzige Pausenlösung hingewiesen worden, keiner habe Einwände. Für die neuen Schüler werde die Gestaltung ihres Pausenhofes auf dem BOS-Gelände das erste Schulprojekt sein. „Wir werden innerhalb der kommenden zwei Jahre beweisen, dass wir in der Lage sind, eine wunderschöne Pausenfläche zu schaffen!” meint Klepo und fügt hinzu: „Es ist unser absoluter Imperativ, mit den Nachbarn auszukommen!” Deren Ängste kann Dieter Hüttner durchaus nachvollziehen, weil einige Anwohner mit den Jugendlichen der Französischen Schule schlechte Erfahrungen gemacht hatten. „Ich verstehe die Ängste”, räumt er ein, „aber wir haben Grundschulkinder und keine unbeaufsichtigten Jugendlichen.”

MdL Stamm: „Ich sehe kein Problem”

Die Abgeordneten der Kinderkommission teilten die Befürchtungen der Nachbarn nicht. Ohne einem Beschluss der Kommission vorgreifen zu wollen, äußerte sich MdL Claudia Stamm (sie war im Stimmkreis zur Wahl angetreten) positiv über die provisorische Lösung der Schule. „Der Weg zum Pausenhof ist auf jeden Fall zu bewältigen”, meinte sie, zumal die Kinder beim Überqueren der Bavariastraße von genügend Lehrern begleitet werden und die Straße die an dieser Stelle als 30er-Zone ausgeschildert ist. Die noch brachliegende Fläche auf dem BOS-Gelände könne als Pausenhof schön gestaltet werden. „Ich sehe da kein Problem”, so Stamm.

Lipowskywiese als Ausweg?

Bei dem Schultermin wurde auch über eine Alternative zu dem provisorischen Pausenhof jenseits der Bavariastraße gesprochen: die Wiese in der Lipowskystraße unmittelbar neben der Jenaplanschule. Der Bezirksausschuss Sendling steht einer Nutzung dieser Wiese als Pausenhof indes skeptisch gegenüber, berichtete Leo Brux (BA 6), weil das Gremium die raren Grünflächen im Viertel nicht beschneiden will. „Diese Grünfläche ist nichts anderes als eine Hundewiese”, schilderte Dieter Hüttner seine Beobachtungen, „niemand nutzt sie.” Die Schule könne sich indes vorstellen, diese Grünfläche als Pausenareal umzugestalten. Diese Idee, findet Leo Brux, sollte man weiterverfolgen: „Vielleicht könnte man aus der Wiese so etwas Attraktiveres machen, das die Anwohner nicht stört, sondern für alle einen Gewinn bringt.”

Die Jenaplan-Idee

Wissen allein nützt nichts. Man muss es auch einzusetzen wissen. Daher setzt die Jenaplanschule auf Schlüsselkompetenzen wie Teamfähigkeit und Kreativität und vertraut auf das dem kindlichen Interesse entspringende Lernen. In der Schule gibt es keine Klassen, sondern jahrgangsübergreifende Lerngruppen, in denen sich Ideen frei entwickeln können und wesentliche Werte (Respekt, Toleranz, Anteilnahme) erfahrbar werden. Auch der in 45-minütige Einheiten gegliederte „Fetzenstundenplan” ist der Schule fremd. Der Unterricht findet stattdessen in längerfristigen Lern- und Arbeitsphasen statt. Wochen- und Monatsthemen werden mit den Kindern gewählt und individuell für jeden Schüler in einem „rhythmisierten Wochenplan” zusammengefasst. Die Lehrer rücken in den Hintergrund und sehen sich vor alle als Helfer und Moderatoren. Um alle Kinder gut zu fördern, wird jede Gruppe (maximal 24 Schüler) von zwei Pädagogen betreut. Statt „gleichförmiger Kadetten” sollen die Jenaplanschüler selbstbewusste und selbständige Menschen werden, die sich auf rapide Veränderungen einstellen und aus eigener Motivation höchstmögliche Leistung bringen.

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