Von der Brachfläche zum Mehrgenerationenplatz: Das öde Grundstück an der Ecke Züricher Straße/Drygalski-Allee – Standort des beliebten Frühlingsfestes in Forstenried – soll in ein paar Jahren zum modernen Stadtquartier avancieren, wo in nächster Nähe alle zusammen leben werden: von Babys über Schulkinder und junge Familien bis zu Senioren. Der „Förderverein für die Freie Waldorfschule München-Südwest“ will dort nach und nach einen Komplex mit Grund-, Mittel- und Oberstufe, mit Sporthalle und Theatersaal sowie mit einem Kinderhaus (Krippe und Kindergarten) errichten. 2020 soll alles fertig sein, dann wird das Schulhaus Platz für 450 Mädchen und Buben bieten. Die Elterninitiative hat bereits Ende 2009 das rund 20.000 Quadratmeter große Grundstück von Eon gekauft. Auf der Westseite des Areals wird die Genossenschaft „Wogeno München eG“ entlang der Limmatstraße eine Wohnanlage mit 90 Wohnungen errichten. Dazu hat die Wogeno eine Teilfläche mit rund 5000 Quadratmeter von der Elterninitiative erworben. Das gesamte Projekt – Schulkomplex, Kinderhaus und Wohnbauten – hat ein Investitionsvolumen von 45 Millionen Euro. Der Zeitplan ist ehrgeizig: Der Baubeginn soll 2012 erfolgen und – im ersten Bauabschnitt – die gesamte Wohnanlage, das Kinderhaus sowie die Grundschule Ende 2013 bezugsfertig sein.
Ganz im Süden des Grundstücks steht seit einem Jahr ein Provisorium: Bis die Festbauten realisiert sind, erfolgt der Unterricht übergangsweise in „Fliegenden Bauten“: Zum Schulstart im vergangenen Herbst hatte die Elterninitiative Pavillons in Massivholzbauweise errichten lassen, die junge Waldorfschule war mit der ersten und dritten Klasse und 50 Schülerinnen und Schülern gestartet. Derzeit wachsen die Pavillons weiter: Zum kommenden Schuljahr 2011/12 wird man auch eine zweite und vierte Klasse eröffnen mit weiteren 50 Mädchen und Buben. Gut 100 Schülerinnen und Schüler werde die Freie Waldorfschule München-Südwest dann haben. Das kündigte das Ehepaar Christine und Konrad Kalb, Pädagogen und Gründungsmitglieder, bei der Präsentation der Wettbewerbsergebnisse vor einer Woche an.
Die Elterninitiative hatte von sieben Architekturbüros Entwürfe zur Bebauung des Grundstücks erstellen lassen. Sieger ist „bogevischs buero hofmann ritzer “ aus München, Architekten und Stadtplaner. Landschaftsarchitektin Doris Grabner aus Freising gestaltete die Freiflächen. Architekt Ritz Ritzer beschrieb die künftige Wohnanlage, die entlang der Limmatstraße entstehen wird, als „zickzackgeformtes Wohnhaus“. Die einzelnen Gebäude seien in der Höhe mit bis zu sechs Geschossen gestaffelt und sollen auch über Dachterrassen verfügen: Von diesen werde man „einen tollen Blick nach Süden in die Berge haben.“ Ob Wohnhäuser mit bis zu sechs Stockwerken tatsächlich an diesem Standort realisiert werden, scheint jedoch fraglich. Die Stadtverwaltung habe bereits signalisiert, Baurecht nur für maximal fünf Geschosse zu schaffen, berichteten die Verantwortlichen des Projektes. Ohnehin müsse noch manches an dem Siegermodell, das als Grundlage für das weitere Planungsverfahren dient, überarbeitet werden, so stehe derzeit zum Beispiel noch nicht der genaue Standort für das geplante Kinderhaus (Krippe und Kindergarten) fest. Zunächst muss die Stadt nun Baurecht für das Vorhaben schaffen. Dazu werde ein vorhabenbezogener Bebauungsplan aufgestellt, um das Projekt zu beschleunigen, wie Stadtrat und FDP-Fraktionschef Dr. Michael Mattar an Ort und Stelle erklärte.
In dem Siegermodell ist das Kinderhaus derzeit ganz im Süden des Grundstücks vorgesehen. An der entgegengesetzten Ecke soll an der Kreuzung Züricher Straße/Drygalski-Allee ein Komplex mit Sporthalle und draufgesetzt mit Theatersaal entstehen – allerdings erst im letzten Bauabschnitt. Zuvor will die Elterninitiative nach und nach Grund-, Mittel- und Oberstufe bauen lassen. Es werde 13 Klassen geben und nicht nur zwölf, „unsere Kinder machen das G 8-Abitur nach der 13. Klasse“, erläuterte Waldorf-Pädagogin Christine Kalb.
Inmitten des Grundstücks sind Schulhöfe, Wohnhöfe und ein Hof für das Kinderhaus vorgesehen. „Es entsteht ein kleines Dorf in der Großstadt“, freute sich Wogeno-Vorstand Peter Schmidt. Dort würden Lebenswelten wie Schule und Wohnen aufeinander treffen, die üblicherweise strickt räumlich voneinander getrennt seien. Das veranlasste den Geschäftsführer der Wogeno-Genossenschaft zu folgendem Fazit: „In diesem kleinen Stadtbaustein steckt eine große Chance.“
Zwar wurden nun erst die Wettbewerbsergebnisse für dieses Vorhaben präsentiert, trotzdem waren schon etliche Interessenten für dieses Wohnprojekt anwesend. Einer von ihnen wollte wissen, „wie die lärmintensiven Pausenbereiche vom Wohnen abgegrenzt werden?“ Architekt Ritzer gab denn zwar auch unumwunden zu, dass es während der Pausen „kurz wahnsinnig laut ist, dann aber wieder still. Das ist kein Lärm.“ Die Unterrichtszeiten seien von morgens um 8 Uhr bis nachmittags, auf den Schulhöfen werde es also nie zu Schlafzeiten laut.
Münchens Zweite Bürgermeisterin Christine Strobl hatte ein paar Wochen zuvor bei Bekanntgabe der Wettbewerbsergebnisse das Projekt „Mehrgenerationenplatz Forstenried“ der Elterninitiative „Freie Waldorfschule München Südwest“ ausdrücklich gelobt. Damit sei nun ein „weiterer großer Schritt“ zu dessen Verwirklichung getan. „Sie sind in der Kombination aus Schule in freier Trägerschaft und Mehrgenerationenwohnen Pioniere“. Schule und Wohnen würden bei diesem Vorhaben nach dem Leitmotiv „Füreinander und Miteinander von Jung und Alt“ in einer lebendigen Plattform zusammenkommen, betonte die Politikerin.