Veröffentlicht am 09.06.2011 11:41

Tierisch schöner Lebensabend

Inge Kerscher hat für die beiden verhaltensauffälligen Hunde Lucy und Rico, die sich jetzt wohlfühlen und sich auch gut vertragen, Leckereien mitgebracht. Eine Tafel am Gehegezaun berichtet vom Vorleben beider Hunde. (Foto: Eva Schraft)
Inge Kerscher hat für die beiden verhaltensauffälligen Hunde Lucy und Rico, die sich jetzt wohlfühlen und sich auch gut vertragen, Leckereien mitgebracht. Eine Tafel am Gehegezaun berichtet vom Vorleben beider Hunde. (Foto: Eva Schraft)
Inge Kerscher hat für die beiden verhaltensauffälligen Hunde Lucy und Rico, die sich jetzt wohlfühlen und sich auch gut vertragen, Leckereien mitgebracht. Eine Tafel am Gehegezaun berichtet vom Vorleben beider Hunde. (Foto: Eva Schraft)
Inge Kerscher hat für die beiden verhaltensauffälligen Hunde Lucy und Rico, die sich jetzt wohlfühlen und sich auch gut vertragen, Leckereien mitgebracht. Eine Tafel am Gehegezaun berichtet vom Vorleben beider Hunde. (Foto: Eva Schraft)
Inge Kerscher hat für die beiden verhaltensauffälligen Hunde Lucy und Rico, die sich jetzt wohlfühlen und sich auch gut vertragen, Leckereien mitgebracht. Eine Tafel am Gehegezaun berichtet vom Vorleben beider Hunde. (Foto: Eva Schraft)

Rund 400 große und kleine Tiere von der Katze bis zum Pferd, trotzdem kein Streichelzoo; eine grüne Oase der Ruhe, dazwischen überall Zäune und Gatter; schöne, bestens gepflegte Tiere, aber fast keine Menschen – das ist der Gnadenhof für Tiere im Gut Streiflach am westlichen Stadtrand Münchens. Betrieben wird der Gnadenhof vom Verein „Gewerkschaft für Tiere“, den der Münchner Rechtsanwalt und Fernsehmoderator Andreas Grasmüller zusammen mit sechs Mitstreitern 1993 gegründet hat. „Der Vereinsname sollte unterstreichen, dass es uns ausschließlich um das Wohl der Tiere geht“, betont die Erste Stellvertretende Vorstandsvorsitzende Inge Kerscher, die gemeinsam mit Ehemann Max zu den Gründungsmitgliedern gehört.

Über ein nachbarschaftliches Verhältnis in Pasing hatte das Ehepaar Kerscher den engagierten Tierschützer Grasmüller kennen gelernt. Inge Kerscher, von Kindesbeinen an Tierfreundin, erinnert sich schmunzelnd daran, wie Grasmüller, damals Mitglied eines anderen Tierschutzvereins, anfangs einmal wetterte: „Zuviel Champagner, zu wenig Tierschutz!“. Sein Leitspruch „Nicht reden, sondern handeln!“ und seine Idee, eine Zufluchtsstätte aufzubauen, die gequälten und ausgestoßenen Tieren einen weitestgehend artgerechten Lebensabend ermöglicht, begeisterten Inge und Max Kerscher von Anfang an.

Seit bald zwei Jahrzehnten ist das auch beruflich sehr eingespannte Ehepaar nun im ständigen Einsatz für den im Jahr 2000 eröffneten Gnadenhof Gut Streiflach und inzwischen auch für den neu geschaffenen „Gnadenhof für Bären in Bad Füssing“ tätig, sei es durch die abwechselnde Übernahme eines ehrenamtlichen Vorstandspostens im Verein oder materiellen Einsatz. „Ich habe es nie bereut, dass ich mich so engagiert habe. Immer wenn ich auf dem Gnadenhof in Streiflach bin und sehe, was wir dank Spenden, Erbschaften und dank unserer Mitglieder geschaffen haben, macht mich das richtig zufrieden – das ist wirklich ein Ausgleich für die Seele im Alltagsstress!“.

Gnadenbrot

So oder ähnlich denken wohl viele Menschen, denn der Verein hat mittlerweile rund 4.600 Mitglieder. Obwohl der Gnadenhof, wie eingangs angedeutet, eben nicht frei zugänglich ist, man nicht vorbeikommen und Tiere füttern oder streicheln kann, unterstützen die Mitglieder mit ihrem Jahresbeitrag von 20 Euro den Verein. „Unsere Tiere stammen oft aus Quälhaltungen, manche haben Unvorstellbares mitgemacht, haben dadurch Verhaltensauffälligkeiten“, erklärt Inge Kerscher: „Wir wollen nur, dass die Tiere hier in Ruhe ihr Gnadenbrot bekommen.“ Deshalb würden die Tiere auch keinem „Vermittlungsstress mehr ausgesetzt“. Dafür hat der Verein 14 Angestellte, darunter rund ein Dutzend qualifizierte Tierpfleger/innen, die hoch motiviert ihrem Beruf nachgehen.

Das müssen sie auch, denn die Bedürfnisse der vielen Tiere sind genauso unterschiedlich wie die Gründe, aus denen diese auf den Gnadenhof kommen: Etliche wurden einfach an der Autobahn ausgesetzt, einige stammen aus Nachlässen oder mussten von ihren Herrchen und Frauchen aus Altersgründen abgegeben werden, darunter häufig Katzen und Papageien mit ihrer langen Lebensdauer. Auf Gut Streiflach gibt es aber auch Rinder, die als „Gebrauchsartikel“ in der Forschung ausgedient haben, Haflingerfohlen, die bereits ihren Weg zum Pferdemetzger angetreten hatten, exotische Papageiern, die in viel zu engen Käfigen lebten oder Hängebauchschweine, die aus falsch verstandener Tierliebe in Mietwohnungen gehalten wurden.

Das ehemalige, weitläufige Militärgelände in Hart bei Bad Füssing ist dagegen den Bären vorbehalten: „Hier leben so genannte ‚Tanzbären’, wie sie trotz zahlreicher Verbote auch heute noch in Osteuropa gehalten werden, Schwarzbären, denen Gallenflüssigkeit abgezapft wird, Zirkusbären, die mit fragwürdigen Kunststückchen den Lebensunterhalt ihrer Besitzer sichern müssen oder Bruno und seine Artgenossen, die von Menschen aus ihrem Lebensraum verjagt oder zum Abschuss frei gegeben werden“, betont der Verein. All diese Tiere seien nun Bewohner in einem der größten, schönsten und sichersten Bärenparks Europas, dem „Gnadenhof in Bad Füssing vom Verein „Gewerkschaft für Tiere“. Zudem kämpft der Verein für Artenschutz, die strafrechtliche Verfolgung von Tierquälerei oder gegen Massentierhaltung und setzt sich für die Verbreitung des Tier- und Umweltschutzgedankens, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, ein.

Gnadenhof für Bären

Da die Gewerkschaft für Tiere keinerlei Zuschüsse von staatlicher oder städtischer Seite erhält, ist sie eben auf Mitgliedsbeiträge und Spenden angewiesen. Nicht zuletzt dank des 2005 verstorbenen Andreas Grasmüller, der den Verein als Erben eingesetzt hat, konnte das Gut Streiflach Anfang des Jahres der Stadt München abgekauft und damit auch langfristig gesichert werden. Damit verfügt der Verein heute mit dem Gnadenhof für Tiere zwischen Germering und München und dem Gnadenhof für Bären in Bad Füssing über zwei vorbildliche Anlagen, die auf jeweils über 100.000 Quadratmetern den Tieren artgerechten Lebensraum bieten.

„Doch es besteht noch lange kein Grund, selbstzufrieden die Hände in den Schoß zu legen. Noch viel zu viel liegt im Argen und der Blick über unsere beiden kleinen Paradiese hinaus ist uns niht fremd“, betont Arpád von Gaál, Vorstandsvorsitzender der „Gewerkschaft für Tiere e.V.“ seit 2005, „und so wollen Vorstandschaft und Mitarbeiter auch in der Zukunft mit der Unterstützung von Mitgliedern, Gönnern und Spendern ihre ganze Kraft darauf verwenden, das Leid unserer Mitgeschöpfe zu lindern und unserem Namen Gewerkschaft für Tiere als Interessenvertreter aller Tiere gerecht zu werden.“

Der Gnadenhof Gut Streiflach ist also grundsätzlich nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Es besteht aber mehrmals im Jahr beim Tag der offenen Tür Gelegenheit, Gut Streiflach zu besuchen und an fachkundigen Führungen teilzunehmen. Für Kinder gibt es zu diesen Anlässen spezielle Programmangebote; außerdem werden für Kindergruppen und Schulklassen nach Anmeldung Führungen angeboten. Die Gewerkschaft für Tiere ist als gemeinnützig anerkannt. Spenden (Gewerkschaft für Tiere e.V., Konto 85600, HypoVereinsbank München, BLZ 70020270) werden immer benötigt. Alle Informationen zum Gnadenhof für Tiere im Gut Streiflach (82110 Germering, Gut Streiflach 1) gibt es unter Tel. 8974660, per E-Mail: info@gewerkschaft-fuer-tiere.de sowie unter www.gewerkschaft-fuer-tiere.de .

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