Veröffentlicht am 28.09.2010 09:13

Mut zum Lernen

Worauf es bei einzelnen Berufen ankommt, präsentierten (v.l.) Patrick, Marina, Fatma und Resa. Vorher hatten sie in Betrieben im Westend dazu recherchiert. (Foto: tg)
Worauf es bei einzelnen Berufen ankommt, präsentierten (v.l.) Patrick, Marina, Fatma und Resa. Vorher hatten sie in Betrieben im Westend dazu recherchiert. (Foto: tg)
Worauf es bei einzelnen Berufen ankommt, präsentierten (v.l.) Patrick, Marina, Fatma und Resa. Vorher hatten sie in Betrieben im Westend dazu recherchiert. (Foto: tg)
Worauf es bei einzelnen Berufen ankommt, präsentierten (v.l.) Patrick, Marina, Fatma und Resa. Vorher hatten sie in Betrieben im Westend dazu recherchiert. (Foto: tg)
Worauf es bei einzelnen Berufen ankommt, präsentierten (v.l.) Patrick, Marina, Fatma und Resa. Vorher hatten sie in Betrieben im Westend dazu recherchiert. (Foto: tg)

Mulmig war es der einen oder dem anderen schon. Verständlich. Denn die Mädchen und Jungen standen zum ersten Mal in Betrieben ihres Viertels, um sich über die dort ausgeübten Berufe schlau zu machen. Die Ergebnisse ihrer Recherchen sollten sie später Mitschülern präsentieren. Bei der „Berufe- und Betriebe-Rallye” im Westend und auf der Schwanthalerhöhe galt es am vergangenen Freitag seine Hemmungen zu überwinden. Gefragt waren Neugierde, Einfallsreichtum und Hartnäckigkeit, um beim Bäcker, beim Metzger, im Supermarkt, im Elektrogeschäft, im Fliesenhaus, im Kindergarten oder in der Stadtbibliothek von Ansprechpartnern zu erfahren, welche Schulbildung brauche ich für welchen Beruf, wie sieht ein Arbeitstag aus, welche Besonderheiten gibt es und wie lange dauert die Ausbildung. Besonders interessierte die 34 Mädchen und Jungen der achten Klasse der Hauptschule an der Ridlerstraße allerdings, ob die Betriebe ein Praktikum anbieten. Denn: Im Laufe des Schuljahres ist für die Klasse ein zweiwöchiges Praktikum vorgesehen, das helfen soll, sich beruflich zu orientieren.

KPMG-Mitarbeiter engagieren sich

Beim ersten Schritt auf dem Weg ins Berufsleben waren die jungen Leute nicht allein. Im Hintergrund unterstützten Lehrkräfte und Sozialarbeiter sowie sieben Mitarbeiter der Unternehmensberatungs-Gesellschaft KPMG das Projekt, das die Schule und die IG Feuerwache, das ist eine Einrichtung für interkulturelle Begegnung und Bildung, organisiert hatten. Vermittelt wurde der ehrenamtliche Einsatz der Helfer von der Freiwilligenagentur „Tatendrang“. KPMG unterstützte die Aktion darüber hinaus mit einer Geldspende an die IG Feuerwache. Von dieser Spende wurde die Gruppe mit einem Mittagessen verköstigt. Und alle Schülerinnen und Schüler bekamen einen USB-Stick, auf dem sie ihre Bewerbungsunterlagen fürs Praktikum und für mögliche Ausbildungsstellen anlegen können. Im Rahmen der laufenden Aktionswoche für bürgerschaftliches Engagement unterstützten KPMG-Mitarbeiter mehrere soziale Projekte in München. Das Motto: „Make a difference Day – gemeinsam etwas verändern“.

Semmeln belegen und Kaffee kochen

Die einzelnen Gruppen hatten in den Betrieben Interviews geführt, fotografiert und mit Überredungskunst einen Glücksbambus gegen ein „Berufspfand“ – einen Mini-Stuhl, eine Kollektion Fliesen, eine Vorhangquaste, eine Frisby-Scheibe und vieles andere mehr – eingetauscht. Beim Bäcker durften einige sogar helfen. Sie belegten Semmeln und kochten Kaffee. Am Nachmittag stellten sie in der IG Feuerwache die Ergebnisse ihrer Ermittlungen vor. Vor einer großen Versammlung zu reden, gehört Mut. Genauso wie zu den kleinen Rollenspielen, mit denen einige ihren Mitschülern das Erfahrene vermittelten. Alle Zuhörerinnen und Zuhörer hörten aufmerksam zu und fragten nach. Zum Beispiel, als sie beim Berufsbild des Bäckerei-Fachverkäufers hörten, dass der sehr früh aufstehen müsse: „Gibt es keine Früh- oder Spätschicht?“ „Nein!“ war die Antwort.

Philipp Schlereth, 26, KPMG-Mitarbeiter, war angetan davon, wie sich die Mädchen und Jungen seiner Gruppe bei den Interviews miteinander abgestimmt hatten. „Nach einem etwas rumpligen Anlauf hat das gut geklappt.“ Er hoffe, dass die Jugendlichen vom Tag etwas mitnähmen, das ihnen bei der Suche nach einem Praktikum und bei der Berufswahl helfe.

„Schwieriger Ausbildungsmarkt“

Warum macht er das? Der junge Mann: „Es wird so viel über Integration geredet. Ich interessiere mich dafür, mit Kindern zu arbeiten, deshalb wollte ich mir das ansehen.” Sein Fazit: „Eine tolle Sache.“ Ähnlich sieht es seine Kollegin Birgit Langgartner, eine 24-jährige Praktikantin bei KPMG. Auch sie hält die Aktion gelungen. „Das ist für die Jugendlichen schon etwas anderes als Schullalltag.“

Gudula Meyer und Florian Bär begleiteten das Projekt als Klassenlehrer, Gerhard Ameres, Claudia Jovanovic, Denisa Pohlyova und der Künstler Mario Steigerwald agierten für die IG Feuerwache hinter den Kulissen. Gudula Meyer meinte zum Abschluss: „Das war eine sehr wichtige Erfahrung für die jungen Leute, sich in einem anderen Umfeld zu erleben.“ Für sie sei es eine Glanzleistung, dass sie durchgehalten haben. Jetzt müsse abgewartet werden, was sie daraus machten. Die Lehrerin hat im Lauf der Jahre erfahren: „Mit dem Praktikum klappt es für die Schüler möglicherweise. Geht es um die Ausbildung, wird’s schwierig.“ Gudula Meyer kennt die sozialen Schwierigkeiten, mit denen ihre Schützlinge täglich zu kämpfen haben. Umso mehr fordert sie: „Wir müssen ihnen die Zuversicht geben, dass sie es mit ihrem Schulabschluss schaffen können. Sie brauchen eine Perspektive.“ Positives wusste Claudia Jovanovic zu berichten: „Die Schüler sind mit der Zeit gewachsen. Sie haben sich mehr und mehr zugetraut.“

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