Veröffentlicht am 26.08.2010 11:32

„Ich freue mich jeden Tag auf die Arbeit“

Lassen keine Wünsche offen: die Biersorten der Giesinger  Biermanufaktur. (Foto: rp)
Lassen keine Wünsche offen: die Biersorten der Giesinger Biermanufaktur. (Foto: rp)
Lassen keine Wünsche offen: die Biersorten der Giesinger Biermanufaktur. (Foto: rp)
Lassen keine Wünsche offen: die Biersorten der Giesinger Biermanufaktur. (Foto: rp)
Lassen keine Wünsche offen: die Biersorten der Giesinger Biermanufaktur. (Foto: rp)

München, als Hauptstadt des Bieres, ist fest in der Hand der großen Brauereien. Ganz München? Nein! Eine kleine, unbeugsame Privatbrauerei mitten in Giesing trotzt den Platzhirschen und braut seit fünf Jahren Bier, das sich immer größerer Beliebtheit erfreut. Die „Giesinger Biermanufaktur & Spezialitäten Braugesellschaft mbH“, betrieben von Geschäftsführer Steffen Marx, ist mittlerweile die zweitgrößte Privatbrauerei Münchens.

Daran glauben und es tun

Birkenau 5 in Untergiesing ist die Heimat der Manufaktur und hier, in einer Art „Garage“, begann 2005 die Erfolgsgeschichte des jungen Unternehmens. Steffen Marx wirft einen Blick zurück: „Wir haben einfach angefangen, unsere Vision in die Tat umzusetzen.“ Das Konzept war schnell fertig – und sie wussten auch genau, was sie nicht wollten. Steffen Marx: „Wir wollten nicht von einer Bank oder Behörde abhängig sein, deswegen haben wir erst im Bekannten- und Familienkreis für unsere Idee geworben und allen Interessierten unser Geschäftsmodell genau erläutert.“ Und tatsächlich: 15 Personen, die ebenfalls an das Projekt glaubten, stellten dem Jungunternehmen ein Startkapital von je 5000 Euro zur Verfügung. „Es ist nicht so, dass man sich nicht Tag und Nacht Gedanken macht, ob und wie das alles funktionieren wird“, so Steffen Marx, „wichtig ist vor allem, daran zu glauben – und es zu tun. Wenn Du’s nicht probierst, stehst Du irgendwann da und bereust bitterlich, dass Du es nicht probiert hast!“ Im Gespräch strahlt er einen unglaublichen Optimismus aus, der ansteckend wirkt. Aber er ist kein Phantast. Die Verantwortung, die er für das Unternehmen, seinen Gesellen und die zwei Auszubildenden trägt, ist ihm immerzu bewusst. Und, ganz wichtig für ihn: „Ich freue mich jeden Tag auf die Arbeit.“

Ohne Konservierungsstoffe

Die Brauerei läuft gut an. Die Brauanlage, die damals über ein Zeitungsinserat gefunden wurde, stößt schnell an die Kapazitätengrenze, denn das Bier erfreut sich steigender Beliebtheit. Hauptsächlich über Mundpropaganda eilte die Kunde durch Giesing über die Jungbrauer und ihr süffiges Gold. Nach nur zwei Jahren mussten die Tanks vergrößert werden und diese gewährleisteten damit eine 100-prozentige Steigerung der Bierproduktion. Heute braut Steffen Marx mit seinen Jungs 600 Liter Bier am Tag. Und denkt weiter über Vergrößerung nach. „Wir wachsen pro Jahr etwa um 25 Prozent. Die Rücklagen, die wir erwirtschaften, wandern deshalb fast ausschließlich in den Ausbau der Anlage.“ Weiter muss überlegt werden, wie man die größere Menge lagert. Etwa fünf Wochen braucht das Bier, bis es verkauft werden kann. Da Steffen Marx auf sämtliche Konservierungsstoffe verzichtet, ist es im Schnitt nur drei Wochen haltbar. So muss die Produktion auch auf die Nachfrage eingestellt sein. „Wir haben nicht immer jede Sorte sofort auf Lager“, erklärt er. „Das ist eben produktionstechnisch bedingt. Der Maibock – wie der Name ja schon verrät – ist halt auch nur um diese Zeit herum zu haben. Unser beliebtestes Bier, die Untergiesinger „Erhellung“ (ein naturbelassenes, trübes Kellerbier), aber auch das Weißbier „Weber’s Weisse“ ist immer auf Lager.“ Mittlerweile bietet die Brauerei neun verschiedene Biersorten, einen Weihnachtstrunk (Bier mit Weihnachtsgewürzen, aber nicht als Bier deklariert) sowie ein Fruchtbier in fünf Geschmacksrichtungen an.

Des Brauers Frust

Kaum etwas bringt Steffen Marx so in Rage, wie das deutsche Reinheitsgebot. Für ihn als Brauer ist es selbstverständlich, nur mit den besten Zutaten und durch Verzicht auf künstliche Aromen und Konservierungsstoffen zu arbeiten. Ärgern kann er sich über den Umgang mit diesem Gesetz. Denn für Brauereien aus dem Ausland gilt das nicht. Sie dürfen ihr „gepanschtes“ Bier, egal mit welchen Zusätzen, als Bier deklariert auf dem deutschen Markt verkaufen. Er und alle anderen deutschen Brauereien dürfen das zwar auch, aber nicht mehr unter der Bezeichnung „Bier“ – die Biersteuer für solche dürfen sie aber trotzdem zahlen.

Der perfekte Chef

Wichtig ist Steffen Marx auch der Nachwuchs. Etwa 30 Ausbildungsanfragen pro Jahr landen auf seinem Schreibtisch. Eine Lehrstelle in seiner Brauerei ist sehr begehrt. Alt-Lehrling Philip Reber (24) weiß auch, warum: „Die Arbeit hier mit Steffen ist perfekt! Das Besondere ist, dass man vom ersten Tag an gebraucht wird und viele Aufgaben übertragen bekommt. Bei Praktika in großen Brauereien habe ich mich eher gelangweilt, weil die Azubis dort durch den volltechnisierten Ablauf des Brauens meist nur Handlangerarbeiten verrichten können. Ganz anders hier. Es macht unheimlich viel Spaß, und wir haben den Freiraum, den wir brauchen. Dadurch fällt der Stress, den wir natürlich auch kennen, nicht so ins Gewicht. Jeder weiß einfach, was er zu tun hat!“ Die Atmosphäre im Betrieb bestätigt dies. Trotz des hohen Arbeitsaufkommens ist die Stimmung leicht und fröhlich. Dass die Mitarbeiter sich bei Steffen Marx wohlfühlen, beweist auch Geselle Florian Sommer. Er blieb dem Unternehmen auch nach der Lehre treu und steigt in Kürze sogar als Gesellschafter mit ein.

Wohin geht die Reise?

Fragt man Steffen Marx nach seinen Zielen für die Brauerei, erfährt man Überraschendes: „Wir wollen Hauptsponsor des TSV 1860 München werden!“ Auch das ist für ihn das Besondere an Giesing. Trotz Teil der „FC Bayern-Stadt“ ist dieses Fleckchen München schon immer Blau gewesen. Für Steffen Marx der einzige Ort für seine Brauerei. Wie es geschäftlich weitergeht, da ist er sehr optimistisch. Alles deutet weiterhin auf Erfolg. Selbst ein Übernahmeangebot einer namhaften Münchner Brauerei habe es schon gegeben, so Steffen Marx. Das Angebot habe bei einer einstelligen Millionensumme gelegen.

Wer den Weg in die Brauerei gefunden und etwas von dem Flair und der friedlichen Geschäftigkeit selbst erlebt hat, der wünscht sich, dass alles so bleibt, wie es ist: ein zufriedener, äußerst sympathischer Geschäftsführer, zwei glückliche Lehrlinge, ein aufstrebender Geselle – und jede Menge köstliches, erfrischendes Bier.

Bierbraukurs zu gewinnen!

Steffen Marx bietet allen Interessierten die Möglichkeit, durch einen Bierbraukurs in die Kunst des Brauens hinein zu schnuppern. In kleinen Gruppen zeigen er und seine Jungs, unterstützt von einer leckeren Brotzeit, was das Brauen zur Herzensangelegenheit macht. Anfragen unter Tel. 65114911 oder im Internet unter www.giesinger-braeu.de sind herzlich willkommen.

Das SamstagsBlatt verlost für zwei Personen eine Teilnahme am Bierbraukurs in der Giesinger Biermanufaktur. Beantworten Sie einfach folgende Frage: Wie heißt das beliebteste Bier des Jungunternehmens? Die Antwort schicken Sie bitte bis Freitag, 3. September, an folgende Adresse: SamstagsBlatt, Redaktion, Stichwort: Bierbrauerkurs, Fürstenrieder Str. 7-11, 80687 München.

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