Pech! Das vorgesehene große Bürgerfest fiel ins Wasser. Wegen des anhaltenden Regens ist der Quartiersplatz Theresienhöhe am Nachmittag des vorigen Freitag in der Aula der Grundschule an der Pfeuferstraße offiziell eröffnet worden. Die neue Spiel- und Freizeitfläche mit Liegewiesen und Rasenhügeln, Dünenlandschaft und „Kletterwurm“ – eingebettet ins Neubauviertel auf dem einstigen Messegelände Theresienhöhe – blieb verwaist. Ebenso der Biergarten am Rande des Platzes und die Bühne, auf der verschiedene Gruppen und Solo-Künstler auftreten sollten.
An den Namen „Quartiersplatz“ werden sich die Leute des Westends erst gewöhnen müssen. Bisher war der Platz für sie schlicht „der Bahndeckel“, weil sich dort eine Betonbrücke über die Bahnlinie von München nach Rosenheim spannt. Auf der 300 Meter langen und 50 Meter breiten Platte erstreckt sich nun auf einer Fläche von 1,7 Hektar eine „bespielbare Landschaftsskulptur“. Für Ulrich Rauh, Leiter der Abteilung Gartenbau im Baureferat und federführend daran beteiligt, das Projekt in die Tat umzusetzen, ist der Quartiersplatz ein einzigartiges Beispiel für eine Kombination aus Kunst und Landschaftsarchitektur. Rauh: „Das ist ein ganz besonderer Platz mit einer besonderen Idee.“ Nie zuvor sei ein vergleichbar aufwändiges technisches Bauwerk realisiert worden: „Möglicherweise ist es irgendwann sogar eines der bedeutendsten Kunstwerke auf einer Brücke.“ Der Mann vom Gartenbau hatte gar die Vision, dass später einmal Kunstsinnige aus der ganzen Welt nach München kommen könnten, um den Quartiersplatz zu besichtigen. Bei einem „Architektur-Talk“ diskutierte er mit den Architekten Lorenz Drexler und Martin Rein-Cano von Topotek 1, einem am Bau beteiligten Berliner Landschaftsarchitekten-Büro.
Die Ragtime Blues Band „Autobahnkapelle“ untermalte das „Bürgerfest im Saal“, das von den Bezirksausschüssen Schwanthalerhöhe (BA 8) und Sendling (BA 6) sowie „Regsam” veranstaltet worden war. Das Programm stammte vom „Feierwerk“. Das Baureferat der Stadt sponserte das Ganze.
Ursprünglich wollte das Team aus Rosemarie Trockel, Künstlerin in Köln, Catherine Venart, Architektin in der kanadischen Stadt Halifax und dem Büro Topotek 1 eine Wanderdüne auf den „Bahndeckel” zaubern. Ein geplatzter Traum. Es blieb bei einer starren Dünen- und Hügellandschaft. Den Sandmengen, die für eine Wanderdüne notwendig gewesen wären, hätte die Statik der Brücke nicht standgehalten. Überdies befürchteten die Verantwortlichen der Stadt, sie werde sich bei Wind verflüchtigen. Die Wellenform des Geländes ist nicht allein ein gestalterisches Element. Sie soll Schutz vor Elektrosmog bieten. Solche elektromagnetischen Felder entstehen durch den Zugverkehr, der viergleisig unter dem Brückenbauwerk hindurchführt. Der BA 8 hatte in der Vergangenheit deshalb detaillierte Auskünfte darüber verlangt, wie stark die Anlage auf dem „Bahndeckel“ belastet sei. Behördenvertreter hatten daraufhin erklärt, die „elektromagnetischen Felder“ seien keine Gefahr.
Sowohl der BA 8 als auch der BA 6 hatten in der Zeit des Planens gefordert, auf dem Spiel- und Spaßgelände Toiletten aufzustellen. Abschlägig beschieden. Was böses Blut erzeugte. Am vergangenen Freitag waren jedoch alle kritischen Töne vergessen. Thomas Hofstätter (CSU) nahm die Freizeitfläche symbolisch für den BA 8 in Besitz, für den BA Sendling tat das die Grünen-Politikerin Martina Hartmann. Hartmann, die Regsam-Geschäftsführerin ist, hofft, dass der Quartiersplatz nach einer Bauzeit von über drei Jahren für größere Kinder und Jugendliche aber gleichfalls für Eltern und Erwachsene zu einem Platz wird, an dem sie sich gerne aufhalten und begegnen. Hartmann: „Es soll ein schönes Miteinander entstehen.“ Hofstätter dankte dem Baureferat dafür, dass auch der Bürgerwille berücksichtigt worden ist.
Beim „Architektur-Talk“ erläuterten die Architekten Drexler und Rein-Cano die Grundidee der „Spielskulptur“. Martin Rein-Cano: „Wir wollten Orte und Ideen transportieren.“ So würden die Alpen und die Wüste „zitiert“. Inspiriert worden seien sie dazu von der Nord-Süd-Strecke der Bahnlinie unter dem Quartiersplatz. Deren Verlauf sei auf dem Platz durch ein orangefarbenes Mäuerchen zu erkennen. Dieser Betonumriss stehe genau auf den Stützen des Brückenbauwerks, erklärte Rauh. Das sei der Statik geschuldet. Das Vorhaben sei eine „sportlich, anstrengende Aufgabe“ gewesen, so der Gartenbau-Chef. Allein das 5,4 Millionen Euro teure Sanieren des Brückenbauwerks sei eine gewaltige Herausforderung gewesen. Das Anlegen des Quartiersplatzes kostete vier Millionen Euro.