Veröffentlicht am 06.05.2010 15:10

Von Kegelbuben und Wassermädchen

Schülerinnen und Schüler der Wilhelm-Busch-Realschule trugen zur Eröffnung Texte vor, die sie für sogenannte Hörstationen in der Ausstellung aufgenommen haben. (Foto: imp)
Schülerinnen und Schüler der Wilhelm-Busch-Realschule trugen zur Eröffnung Texte vor, die sie für sogenannte Hörstationen in der Ausstellung aufgenommen haben. (Foto: imp)
Schülerinnen und Schüler der Wilhelm-Busch-Realschule trugen zur Eröffnung Texte vor, die sie für sogenannte Hörstationen in der Ausstellung aufgenommen haben. (Foto: imp)
Schülerinnen und Schüler der Wilhelm-Busch-Realschule trugen zur Eröffnung Texte vor, die sie für sogenannte Hörstationen in der Ausstellung aufgenommen haben. (Foto: imp)
Schülerinnen und Schüler der Wilhelm-Busch-Realschule trugen zur Eröffnung Texte vor, die sie für sogenannte Hörstationen in der Ausstellung aufgenommen haben. (Foto: imp)

Erstmalig zum Einsatz kamen die Holzfiguren, die eine Demonstration arbeitender Kinder darstellen, am 1. Mai, dem Tag der Arbeit auf dem Viktualienmarkt. Jetzt wurde die ungewöhnliche Ausstellung „Arbeit ist kein Kinderspiel!”, die von Dr. Sybille Krafft und Kirsten Jörgensen konzipiert wurde, im Münchner Gewerkschaftshaus in der Schwanthaler Straße offiziell eröffnet.

Die Idee, das Thema „Kinderarbeit – damals und heute” der Öffentlichkeit näher zu bringen, kam von der 1. Vorsitzenden des Archivs der Münchner Arbeiterbewegung, Ingelore Pilwousek, und vom Archiv wurde mit Hilfe etlicher Unterstützer – unter anderem des Kulturreferats – das Projekt auch verwirklicht. Entstanden ist ein eindrucksvolles Plädoyer gegen die Ausbeutung von Kinder und Jugendlichen.

Aufwändiges Projekt

Es sei aufwändig und mühsam gewesen, das Material in den Archiven zu erarbeiten und auch die Gestaltung sei nicht einfach gewesen, betonte Ingelore Pilwousek bei der Eröffnung. Sie dankte Sybille Krafft für die zweijährige Arbeit und wies darauf hin, dass die Ausstellung sowohl für Erwachsene als auch für Kinder konzipiert wurde. Mitgearbeitet haben auch Schülerinnen und Schüler der Wilhelm-Busch-Realschule in Neuperlach, die Texte für sogenannte Hörstationen erstellt und aufgenommen haben.

Mit dem Wissen um die historischen Hintergründe habe man mehr Möglichkeiten heutige Zustände einzuschätzen und zu handeln, erklärte Dr. Angelika Baumann vom Kulturreferat in ihrem Grußwort. Man könne allerdings nicht davon ausgehen, dass der technische Fortschritt der Ausbeutung ein Ende bereiten werde. Die Ausstellung basiere auf dem Konzept der Vermittlung. Wenn der Verbraucher über die Lage der Kinder Bescheid weiß, könne er entsprechend handeln.

Kinderarbeit hat viele Gesichter

„Arbeit ist kein Kinderspiel!” So selbstverständlich dieser Satz sei, „so wenig selbstverständlich ist er in vielen Ländern der Welt.” Die Arbeit der einen Kinder ermögliche das Spiel der anderen, erklärte Sybille Krafft und führte als ein Beispiel Kinder in Pakistan an, die tagtäglich in mühevoller Kleinarbeit Fußbälle zusammennähen. „Kinderarbeit hat viele Gesichter”, stellte sie fest. Ein Anliegen des Ausstellung sei es zu zeigen, dass es auch bei uns noch nicht so lange her ist, dass Kinder in Spinnereien, in der Landwirtschaft oder als Kegelbuben und Wassermädchen ihren Lebensunterhalt verdienten. Und sie wies auf einen Brief einer Mutter von 1922 hin, der auf einer der Figuren abgebildet ist. Diese schrieb an die Obrigkeit, man solle doch erlauben, dass ihr Sohn weiterhin in einer Gastwirtschaft arbeiten dürfe und so immerhin einmal am Tag eine warme Mahlzeit bekomme.

Wirtschaftliche Not und schreckliche Lebensbedingungen sprechen aus den Dokumenten und Bildern, die die promovierte Historikerin zusammengetragen hat. Die Fotografien hat zum großen Teil „terre des hommes” kostenlos zur Verfügung gestellt, die seltenen historischen Fotos stammen unter anderem vom Gemeindearchiv Icking. Die Dokumentation ist noch bis zum 11. Juni im Gewerkschaftshaus zu sehen und wird dann auf Wanderschaft gehen. Die ersten Schulklassen haben sich bereits zur Besichtigung angemeldet, und es gibt auch bereits viele Anfragen von Einrichtungen, die die Ausstellung zeigen möchten.

Sybille Krafft, die für das Bayerische Fernsehen zahlreiche Dokumentationen gemacht hat, die sich mit sich mit den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen im vergangenen Jahrhundert beschäftigen, ist am kommenden Sonntag, 9. Mai, um 13.30 Uhr mit einer Hörfunksendung am Start, die sich ebenfalls um Arbeit dreht. „Mit einem Koffer voller Träume” heißt die Sendung auf Bayern 2, in der die Geschichte einer griechischen Gastarbeiterin der ersten Generation erzählt wird, die 1962 mit großen Hoffnungen nach München kam.

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