Den „Quartiersplatz Bahndeckel“ auf der Theresienhöhe soll vom Juni dieses Jahres an eine „einzigartige künstlerische Spiellandschaft“ schmücken. Die Wellenform des Geländes ist jedoch nicht nur ein gestalterisches Element. Diese Struktur des „Bahndeckels“ soll auch Schutz vor „Elektrosmog” bieten. Der kann die Gesundheit von Menschen beeinträchtigen. Solche „elektromagnetischen Felder“ entstehen durch den Zugverkehr, der viergleisig unter dem Brückenbauwerk des „Bahndeckels“ hindurchführt. Um Kleinstkinder nicht zu gefährden, hatte das städtische Gartenbauamt bereits in der Planungsphase deren Spielbereich von der Mitte des Areals an den Rand des Quartiersplatzes zum Max-Hirschberg-Weg verlegt. Das erfuhren die Mitglieder des Bezirksausschusses Schwanthalerhöhe (BA 8) bei dessen jüngster Sitzung von Ulrich Rauh, dem Leiter der Planungsabteilung Gartenbau.
Rauh kam mit einigen Mitarbeitern zum vom Lokalparlament wiederholt geforderten Informationstermin, um, wie er es nannte, „Verunsicherungen“ auszuräumen. Als Experten für elektromagnetische Strahlungen hatte der Chef-Planer überdies Diplom-Ingenieur Harald Gabler vom Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) sowie den Umweltmediziner Hubert Maiwald vom RGU mitgebracht. Gablers Fazit: „Dadurch, dass alle ‚Spieleinrichtungen’ so gestaltet wurden, dass sie erhöht sind, sind alle Anforderungen des Referates für Gesundheit und Umwelt erfüllt.“ Dies alles seien Vorsorgemaßnahmen. Die gemessenen Werte lägen weit unter dem Grenzwert von 300 Mikrotesla. Mikrotesla ist eine physikalische Größe für das Magnetfeld. Mit ihr wird die magnetische „Flussdichte” gemessen.
Gabler erläuterte in einer „Physikstunde“ den Bezirksabgeordneten das „Gutachten Elektromagnetische Felder – Elektromagnetische Verträglichkeit“, das Professor Peter Pauli, renommierter Forscher auf dem Gebiet elektromagnetischer Strahlung an der Bundeswehruniversität Neubiberg, im Jahr 2003 für den „Bahndeckel“ erstellt hatte. Gabler: „Elektromagnetische Felder entstehen dort, wo Strom fließt.“ Doch so wie überall, müsse auch am „Bahndeckel“ – unter ihm verlaufen Oberleitungen, die Strom führen – differenziert werden, betonte er. Im Zentrum entstünden „im Mittel 0,1 bis 1 Mikrotesla”. In einem Meter Abstand vom Asphalt an den Rändern seien „0,1 bis 0,4 Mikrotesla” gemessen worden. Gabler: „Einen Meter über dem Asphalt liegt das weit unter den gesetzlich festgelegten Grenzwerten von 300 Mikrotesla.“ Durch die „Aufbauten“ im Mittelfeld des „Bahndeckels“ werde kein Wert über 0,4 Mikrotesla erreicht.
Eine vom Bundesamt für Strahlenschutz in Auftrag gegebene Studie sieht einen Zusammenhang zwischen Magnetfeldstärken von über 0,4 Mikrotesla im häuslichen Bereich und einer erhöhten Leukämierate bei Kindern. Allerdings nur dann, wenn sie längere Zeit und auch nachts dem Magnetfeld ausgesetzt sind. Der Krebsepidemiologe Joachim Schütz von der Universität Mainz findet die Studie insofern bedeutsam, „als sie im Einklang mit der internationalen Literatur steht, die ein erhöhtes Leukämierisiko ab 0,4 Mikrotesla vermuten lässt, aber nicht darunter.“
Der Arzt Hubert Maiwald unterstrich, die Stadt nehme es mit ihren Maßnahmen der Vorsorge auf dem „Bahndeckel“ sehr ernst. Er sagte allerdings auch: „Der Mensch muss immer mit Risiken umgehen.” Maiwald: „Wenn Sie S-Bahn-Fahren erhöht sich Ihre Belastung um ein Vielfaches.“ Bei den in den Studien behandelten Strahlungen gehe es um eine Dauerbelastung durch elektromagnetische Felder. Die Lokalparlamentarier waren im Juli 2009 beunruhigt aufgescheucht worden, weil Mitarbeiter des Baureferates beiläufig erwähnt hatten, auf dem Bahndeckel könne „Elektrosmog“ entstehen. Darauf könnten kleine Kinder unter Umständen empfindlich reagieren. Für sie werde es deshalb am Max-Hirschberg-Weg einen besonders geschützten eigenen Spielplatz geben. Das Gremium forderte daraufhin detaillierte Auskünfte bezüglich der Belastungen auf dem Bahndeckel. Doch die ließen auf sich warten. Begründet wurde das damit, dass das Baureferat „Fehlinterpretationen einer Studie durch Nichtexperten“ vermeiden wolle. Zweifel sind, trotz der „Entwarnung“ durch die Experten, geblieben. Ludwig Wörner, Vorsitzender des BA 8: „Wir glauben und hoffen, dass nach heutigem Kenntnisstand alles in Ordnung ist. Aber sicher sind wir nicht.“