Als erster Träger von Altenhilfe-Einrichtungen in Bayern hat die Innere Mission München einen Ethik-Beirat gegründet. Das Gremium aus externen Experten und Mitarbeitenden der sieben Alten- und Pflegeheime der Hilfe im Alter, einer Tochtergesellschaft der Inneren Mission, begann seine Arbeit am Abend des 29. Oktobers mit einem Gottesdienst, den Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler hielt.
„Für die Altenhilfe in Bayern ist die Konstitution des Ethikbeirates ein Novum, für Diakonie und Kirche ein wegweisender Schritt – einer, der längst überfällig war“, sagte die ständige Vertreterin des Landesbischofs, Susanne Breit-Keßler, in ihrer Ansprache in der Kapelle im Buchrucker-Haus. Als „Qualitätsmerkmal“ bezeichnete sie die Ethik-Beratung: „Ethische Wachsamkeit und Sensibilität für die Bedürfnisse“ der Bewohnerinnen und Bewohner seien unerlässliche Voraussetzung, um die schwierigen Situationen und Entscheidungen in den Einrichtungen der Altenpflege bewältigen zu können. Zugleich gelte es, „in einer Gesellschaft, die ein Menschenbild mit den Attributen ‚jung, schön, vital, leistungsfähig, effizient und erfolgreich’ favorisiert, die Würde alter Menschen ganz besonders zu achten“.
Der Ethik-Beirat für die Alten- und Pflegeheime der Inneren Mission wird sich mindestens zwei Mal im Jahr treffen. Er soll Fallgeschichten unter ethischen Gesichtspunkten exemplarisch bearbeiten, Empfehlungen für die Hilfe im Alter erarbeiten, Fallbesprechungen in den einzelnen Einrichtungen unterstützen und das Personal der Alten- und Pflegeheime in ethischen Fragen fortbilden. Initiiert wurde das Projekt von Pfarrer Frank Kittelberger von der Fachstelle Hospizarbeit und Palliativkultur der Inneren Mission München und dem Wiener Pastoraltheologen Stefan Dinges, der als Berater und Trainer für ethische Fragen in Kliniken und Altenheimen arbeitet.
„Es geht um eine ethische Bewusstseinsbildung in allen Bereichen unserer Altershilfe“, sagte Frank Kittelberger bei der konstituierenden Sitzung. Ethik-Beratung dürfe den Helfern nicht „übergestülpt“ werden, sondern müsse „auf konkreten Erfahrungen aufbauen und in ihrer konkreten Situation erfolgen“. Wegschauen sei nicht erlaubt, mahnte Gerhard Prölß, Geschäftsführer der Hilfe im Alter, die Mitglieder des Ethikbeirates: „In diesem Projekt haben Sie die Erlaubnis, über wirklich jede Kritik und jedes Unbehagen nachzudenken.“ Mit dem Projekt etabliere sich eine neue Kultur der Kritik- und Entwicklungsfähigkeit, „letztlich eine Entscheidungskultur, die allen Beteiligten und Betroffenen zugute kommt“, so Prölß.
Die Mitglieder des Beirates werden für drei Jahre berufen. Neben zwölf internen Mitgliedern aus allen Bereichen und Ebenen der Hilfe im Alter gehören dem Beirat auch sechs externe Experten aus den Bereichen Medizinethik, Palliativ- und Hospizarbeit, Theologie, Diakonie und Kirche an: die Ärztin Bernadette Fittkau-Tönnesmann, Leiterin der Christophorus Akademie für Palliativmedizin, Palliativpflege und Hospizarbeit am Klinikum Großhadern; Stadtdekanin Barbara Kittelberger, Leiterin des Ethik-Unterausschuss der Bayerischen Landessynode; der Arzt und Psychotherapeut Matthias Glück von der Palliativstation im Klinikum Garmisch-Partenkirchen; der Theologe und Sozialpädagoge Sepp Raischl, Leiter des Palliativ-Geriatrischen Dienstes im Christophorus Hospizverein München; Pfarrer Traugott Roser von der Palliativstation am Klinikum Großhadern sowie Rechtsanwalt Alfred von Hofacker, der sich als ehrenamtlicher Hospizhelfer im Ambulanten Hospizdienst der Hilfe im Alter sowie im Hospizverein Bad Tölz-Wolfratshausen engagiert. Ende März hatten Landesbischof Johannes Friedrich und Ludwig Markert, Präsident des Diakonischen Werkes Bayern, in einer gemeinsamen Erklärung dazu aufgerufen, Ethikberatung in Zukunft „in allen diakonischen und kirchlichen Einrichtungen der Altenpflege zu einem integralen Bestandteil des Gesamtkonzeptes werden zu lassen“.
Die Innere Mission München betreibt über ihre Tochtergesellschaft Hilfe im Alter in München und Umgebung sieben Alten- und Pflegeheime mit rund 900 Plätzen. Zudem gibt es zahlreiche ambulante Angebote für Alte Menschen. Die Evangelische PflegeAkademie bietet Aus-, Fort- und Weiterbildungskurse für Pflegefachkräfte an.
Weitere Informationen im Internet: www.im-muenchen.de.