Jetzt heißt es endgültig Abschied nehmen, denn der über 50 Jahre alte Schornstein auf dem Gelände des Heizkraftwerk Süd gehört in Zukunft nicht mehr zum Münchner Stadtbild. „Der Kamin muss weg, es tut mir leid, aber es muss sein“, diese Worte richtete Christoph Bieniek, Leiter der Strom und Wärmeerzeugung bei den Stadtwerken München (SWM) an den Bezirksausschuss Sendling (BA). Gemeinsam mit seinem Kollegen Michael Tiefenbrunn der bei den SWM zuständig ist für die Konzeption der Erzeugungsanlagen, erklärte er den Mitgliedern im BA, warum der Schornstein, für den bereits die Abbrucharbeiten begonnen haben, weichen muss. „Die Entscheidung ob der Kamin bleibt oder nicht, wäre für die nächsten 40 Jahre festgelegt“, so Bieniek, dann erst werde der Turm wieder zugänglich sein. Denn „auf dem Gelände des Heizkraftwerks entsteht derzeit Deutschlands größte Geothermieanlage sowie eine moderne KWK-Anlage (Kraft-Wärme-Kopplung). Zur Geothermieanlage wird ein großer Wärmespeicher gehören, der in unmittelbarer Nähe des jetzigen Kaminstandorts entsteht“, so die Stadtwerke. Dieser Umstand berge ein enormes Risiko, denn der 176 Meter hohe Turm sei beispielsweise hohen Windlasten ausgesetzt. Zudem müssten die SWM mindestens 30 bis 40 Millionen Euro investieren, um den alten Riesen zu erhalten. Ein Abriss sei letztlich unumgänglich: „Auch wenn saniert wird, dann würde der Abbruch nach 40 Jahren kommen“, bekräftigt Bieniek. Eine Nutzung des Schornsteins, beispielsweise für eine öffentliche Aussichtsplattform, wie sie Kulturveranstalter Daniel Hahn (Bahnwährter Thiel, Alte Utting) vorgeschlagen habe, sei, so Bieniek, allein aus sicherheitstechnischen Vorgaben nicht möglich.
Wie die SWM mitteilen, werde das Kraftwerk als sogenannte kritische Infrastruktur eingestuft. Dies bedeute, dass Organisationen und Einrichtungen wie auch das HKW Süd, die eine wichtige Rolle für das Wohl und die Versorgung der Allgemeinheit haben, besonderen Sicherheitsvorkehrungen unterliegen. Das Gelände dürfe z.B. nicht von Privatpersonen betreten oder z.B. mit Drohnen überflogen werden. Eine vom BA schon länger geforderte Durchquerung der Anlage von der Schäftlarnstraße zur Isar hin, fiele somit, laut dem Leiter der Strom und Wärmeerzeugung, ins Wasser. „Ein Steg, der über das Gelände führt, wäre auch denkbar“, schlug Markus Lutz, Vorsitzender im BA Sendling, vor. Doch auch diesen Vorstoß winkten Bieniek und Tiefenbrunn ab: „Ein Steg über das Gelände ist nicht möglich, da, wenn es sein muss, heiße Dämpfe aus dem Dach abgelassen werden. Das ist sehr gefährlich.“ Lutz wollte diese Einwände nicht gelten lassen. „Vielleicht wäre auch ein Glastunnel denkbar, der vor den heißen Dämpfen schützt und gleichzeitig den Blick auf das Gelände freigibt.“
Der Druck jedenfalls, so Lutz, auf das HKW Süd, einen Durchgang zu ermöglichen, werde spätestens mit der Fertigstellung der geplanten Wohnungen auf dem Großmarktgelände wachsen.