Sie kommen aus Bosnien und Togo, aus Mazedonien und Vietnam, aus Texas und Brasilien. Die 15 Migrantinnen der siebten Übergangsklasse in der Winthirschule stammen aus 12 verschiedenen Ländern und vier Kontinenten. Gemeinsam ist ihnen allen, dass sie vor einiger Zeit in unser Land kamen und kaum ein Wort Deutsch sprachen, sich nicht verständlich machen konnten und ihnen unsere Kultur fremd erschien. Dass sich dies inzwischen geändert hat, ist zum einen dem Fleiß der Jugendlichen zu verdanken, zum anderen dem Engagement ihrer Lehrerin Monika Schulte-Rentrop und zum dritten dem Einsatz von ehrenamtlichen Paten, die mit den Schülern lernen und ihnen unsere Lebensweise nahe bringen. Jetzt haben die Jungen und Mädchen in einer eindrucksvollen Fotoausstellung ihre neue Heimat dargestellt.
Als die engagierte Pädagogin Monika Schulte-Rentrop vor etlichen Jahren das erste Mal eine Übergangsklasse übernahm, wurde ihr sehr schnell klar, dass ihre Schüler vor allem individuelle Förderung und Zuwendung brauchen. Aus dieser Erkenntnis heraus entstand in Privatinitiative ein Projekt, bei dem die Jugendlichen jeweils von einem Paten betreut werden. Jetzt zur Eröffnung der Fotoausstellung „Meine neue Heimat” in der Lernwerkstatt der Schule waren neben den Schülern und Eltern natürlich auch die Paten eingeladen.
Drei Wochen lang hatten die Jugendlichen all das fotografiert, was ihnen hier wichtig geworden ist: ihre neuen Freunde, das Haus, in dem sie jetzt leben, die Familie, Ausflugsorte, die sie mit ihren Paten besucht haben, Tiere und immer wieder auch ihre Lehrerin Monika Schulte-Rentrop. Daneben finden sich Bilder aus dem Herkunftsland der Kinder, eine Gegenüberstellung der Fakten – wie etwa Einwohnerzahl, Arbeitslosigkeit und die Prozentzahl der Menschen, die unter der Armutsgrenze leben. Komplettiert wird die jede Fotoseite durch einen persönlichen Steckbrief des jeweiligen Schülers mit seinen Vorlieben und Hobbys. Die 13-jährige Tra aus Vietnam schreibt über Deutschland: „Die Städte sind sauber, und die Menschen sind nett und höflich.” Am schönsten finde sie den Schnee, weil es in Vietnam keinen gibt. Dann aber kommt doch das Heimweh zutage, und sie schwärmt vom guten Essen und den vielen Freunden in ihrem Herkunftsland. Auch den 11-jährigen Blaise Amada plagt manchmal die Sehnsucht. Er möchte in den Ferien nach Togo. „Dort scheint die Sonne, hier ändert sich das Wetter jeden Tag”, steht in seinem kleinen Brief.
„Wenn Jugendliche aus einem fremden Land kommen, relativ sprachlos, alles hinter sich lassen, dann brauchen sie Hilfe, Unterstützung und Begleitung – und zwar von uns”, unterstrich Monika Schulte-Rentrop in ihrer kleinen Begrüßungsansprache. Wie sehr sich die Kinder entwickeln können, wenn man ihnen die Möglichkeit dazu gibt, wird am Beispiel von Zivana aus Bosnien, Mariana aus Brasilien und und HaiYen aus Vietnam deutlich. Die drei Mädchen berichteten bei der Ausstellungseröffnung über die schwierigen Anfänge, die Mühen beim Lernen und ihre jetzigen Erfolge. Mariana geht inzwischen auf die Realschule und ist Klassensprecherin geworden. HaiYen hat sogar den Übertritt aufs Gymnasium geschafft. „Ich habe mir Mühe gegeben. Wenn man nicht aufgibt, schafft man alles”, sagte sie im Brustton der Überzeugung. Und die 14-jährige Zivana ist in eine normale Klasse gewechselt. Sie bedankte sich besonders bei ihrer Patin Barbara Marc, die ihr und ihrer Mutter sehr geholfen habe. Und die Mutter verwies auf den Notendurchschnitt ihrer Tochter im Zwischenzeugnis: 1,8. Nur einen Dreier habe Zivana, meinte sie stolz. Da könne man doch zufrieden sein.
Aus dem privaten Patenschaftsprojekt ist inzwischen ein Verein geworden – „mitSprache” heißt er beziehungsreich. Monika Schulte-Rentrop würde sich freuen, wenn sie für diesen noch neue Paten gewinnen könnte. In einer der nächsten Ausgaben werden wir nochmals gesondert über die Aktivitäten von „mitSprache” berichten.