Schröder war für ihn der Türöffner, Ude eine weitere Paraderolle, Merkel ist für ihn kein Problem. André Hartmann kann den Tonfall und Sprechmanierismus der Politiker täuschend echt imitieren – genauso wie den von Showbiz- und Sportgrößen wie Peter Maffay, Udo Lindenberg oder Jogi Löw. Circa 50 Promistimmen hat Hartmann in seinem Repertoire, und von vielen gibt es eine Kostprobe, wenn er am nächsten Samstag für einen Musikkabarett-Abend in die Schlossberghalle kommt. Es ist ein Heimspiel für den 42-Jährigen, denn er ist in Söcking geboren.
Die Weichen für seine spätere Karriere stellten sich schon als Schüler am Gymnasium Starnberg. Die Bezeichnung „Klassenclown“ hört er nicht so gern – „aber es ging schon in die Richtung, denn mein größter Spaß war es, die Lehrer nachzumachen”. Wie den schwäbelnden Dialekt von Pfarrer Niederreuther. So fing’s an, erinnert sich Hartmann, der dankbar ist, dass ihm die Pädagogen das meist wohlwollend durchgehen ließen.
Richtig reingekommen in die Kabarettszene sei er nach dem Abitur als Bühnenpianist des Ammerseer Verwandlungskünstlers Frank Astor und der Komikerin Veronika von Quast. Ende der Neunzigerjahre, als Gerhard Schröder Bundeskanzler war, sah er gern die „Gerd-Show“ im Fernsehen. Schröders Stimme mit der prolligen Lache hatte er bald genauso gut drauf wie Elmar Brandt. Es dauerte nicht lange, und die erste eigene Show feierte im Starnberger Jugendzentrum Premiere: „Schröder fliegt“. „Er hat mir den Weg geebnet“, sagt Hartmann. Damit meint er, dass er 2005 als Kanzler-Double für das Singspiel am Nockherberg entdeckt wurde. 2008 bis 2010 kehrte er als Oberbürgermeister Christian Ude zurück.
Es fällt Hartmann nicht schwer, sich neue Stimmen anzutrainieren. Voraussetzung: „Ich muss mich mit ihnen wohlfühlen.“ Eine seiner Lieblinge war seit jeher Inge Meysel, da er gerne alte Filme ansah. Eines Morgens sei er leicht verkatert aufgewacht, da bimmelte das Telefon. Als er vor Heiserkeit kaum sprechen konnte, schoss ihm plötzlich der Gedanke durch den Kopf: Ich kling ja wie die Meysel.
Weil Hartmann schon immer phantastisch Klavier spielen konnte, studierte er Musik und ist hauptberuflich Lehrer am Erasmus-Grasser-Gymnasium in München. Das Kabarett läuft nebenher. Elf Programme hat er im Lauf der Jahre entwickelt. Dafür gab’s etliche Auszeichnungen, am meisten stolz ist er auf den Fränkischen Kabarettpreis. Mit „Veganissimo“ tritt er in der Lach- und Schießgesellschaft auf, im „Heppel & Ettlich“ talkt er monatlich mit zwei Münchner Promis. Jutta Speidel, Gisela Schneeberger oder Hep Monatzeder waren im „Ratschkartell” schon zu Gast – und als nächstes kommen die Kessler-Zwillinge zusammen mit Ex-Wiesn-Sprecherin Gabi Weishäupl.
Nervös ist Hartmann nie. „Meistens bin ich in Irrsinns-Spiellaune.“ Am liebsten mag er es, wenn er Musik machen und dazu die Schlagfertigkeit, das Improvisationstalent ausleben und mit Wortspielen garnieren kann. In die Schlossberghalle bringt er sein Programm „Radio-Aktiv“ mit. Hier mimt er einen Radiomoderator und die Zuschauer dürfen sich Songs wünschen – egal ob Schlagerschnulze oder Countrysong. Die mischt er zum aberwitzigen Medley, verquirlt „Hello again“ mit „Griechischem Wein“ und Mozart, die Stimme von Udo Lindenberg mit dem Genuschel von Herbert Grönemeyer und Linda de Mols holländischem Dialekt. Seine Sprachbegabung führt der Entertainer übrigens auf den Schüleraustausch am Gymnasium zurück. „Unsere langjährige Klassenleiterin Sibylle Weickmann hat uns dazu sehr ermuntert.“
Auch wenn André Hartmann seit vielen Jahren in München wohnt, mit Starnberg ist er immer noch sehr verwurzelt. Er betreut die Nepalhilfe, die er vor 20 Jahren ins Leben rief und ist aktiv bei Vereinen wie Uli Singers Gospelchor, bei dem er Gründungsmitglied ist. Bei aller guten Laune kann er aber auch nachdenklich sein: „Es macht’s im Leben schon leichter, wenn man diese humoristische Ebene hat.“