Veröffentlicht am 04.04.2018 09:07

„Der Chor hat den Grundstein zu allem gelegt”

Auf diesem Chor-Foto aus der Mitte der 80er Jahre findet man Peter Cornelius Kreuz ganz rechts vorne. (Foto: privat)
Auf diesem Chor-Foto aus der Mitte der 80er Jahre findet man Peter Cornelius Kreuz ganz rechts vorne. (Foto: privat)
Auf diesem Chor-Foto aus der Mitte der 80er Jahre findet man Peter Cornelius Kreuz ganz rechts vorne. (Foto: privat)
Auf diesem Chor-Foto aus der Mitte der 80er Jahre findet man Peter Cornelius Kreuz ganz rechts vorne. (Foto: privat)
Auf diesem Chor-Foto aus der Mitte der 80er Jahre findet man Peter Cornelius Kreuz ganz rechts vorne. (Foto: privat)

„Wenn sich jemand bei dir bedankt, dass du ihm geholfen hast, dann muss die Antwort lauten: Wie schön, dass ich das durfte“, sagt Peter Cornelius Kreuz. Denn wirklich glücklich mache nicht die Anhäufung von Besitz, sondern die Wertschätzung der Mitmenschen.

Der hochgewachsene, jugendlich wirkende Mittvierziger sitzt in den Räumen des Tölzer Knabenchores in Sendling und berichtet von seinem Werdegang – manchmal nachdenklich, manchmal enthusiastisch, immer aber sehr lebendig und anschaulich. Peter Cornelius Kreuz stammt aus einer sehr musikalischen Familie und war Ende der 70er bis Mitte der 80er Jahre ein Tölzer Sängerknabe. Er ist mit dem Chor durch die Welt gereist, er hat die Johannes-, die Matthäuspassion und viele andere bedeutende Chorwerke gesungen und in Mozarts „Die Zauberflöte“ den Solopart eines der drei Knaben übernommen. Damals war es noch verpflichtend im Tölzer Knabenchor, ein Instrument zu lernen. Er lernte gleich zwei – Klavier und Geige. Nach seinem frühen Stimmbruch war er noch etliche Jahre im Männerchor der Tölzer aktiv. Eine Zeitlang habe er mit dem Gedanken gespielt, Musik zu studieren, mit Violine als Hauptfach, erzählt er.

Die Eltern und der Chef

1992 kam er zur Bundeswehr, wurde Sanitätssoldat und hat sich aus den Erfahrungen mit todkranken Menschen heraus anders entschieden. Er beschloss, Medizin zu studieren, bekam einen von insgesamt nur 50 Studienplätzen an der TU München. „Das war eine Ehre, dort einen Studienplatz zu erhalten“, betont er. Heute ist Peter Cornelius Kreuz Professor für Orthopädie und Unfallchirurgie und eine Koryphäe auf dem Gebiet der regenerativen Knorpel- und Gelenkchirurgie.

„Ich habe einen ganz besonderen, aber auch sehr harten Weg gehabt“, resümiert er und setzt hinzu: „Was ich heute bin, habe ich dem Chef genauso wie meinen Eltern zu verdanken. Alleine hätte ich das alles nie geschafft.“ Mit dem Chef ist Prof. Gerhard Schmidt-Gaden, der Gründer und langjährige Chorleiter des Tölzer Knabenchores gemeint und das Wort kommt ganz selbstverständlich über die Lippen des Mannes, der inzwischen selbst der Chef ist – Chefarzt für Sportorthopädie, Arthroskopie und regenerative Gelenkchirurgie an der Asklepios Stadtklinik Bad Tölz.

Qualität hart erarbeitet

„Der Chef hat uns für unsere Leistung adäquat gelobt oder kritisiert.“ Beides sei für ihn Ansporn gewesen, noch besser zu werden, betont er. „Ich hatte keine begnadete, sondern eine normal gute Stimme. Ich musste mir die Qualität und Stimmbrillianz selbst hart erarbeiten. Sein Tagesprogramm sei von Anfang an durchstrukturiert gewesen. Durch den Chor habe er die Disziplin erlernt, Sachen bis zum Ende durchzuziehen, zudem Selbstbeherrschung und Selbstkritik. Er habe sich durch die Auftritte aber auch jenes Selbstbewusstsein angeeignet, das es ihm ermöglicht, ohne Aufregung in der Öffentlichkeit zu sprechen. Und er habe Teamgeist und eine gute Gemeinschaft erlebt. „Das war wie eine kleine Berufswelt, die vorweggenommen wurde.“ Bereits als Student arbeitete Peter Cornelius Kreuz an der Entwicklung eines Nagels, der heute weltweit Standard ist, um bei einem Oberschenkelhalsbruch den Knochen zu fixieren und zu stabilisieren. Das Thema bestimmte auch seine Doktorarbeit. Tagsüber widmete sich der junge Mann dem Studium, abends und nachts der Forschung. Schlaf war zweitrangig, an ein Privatleben nicht zu denken. Und das blieb auch in den folgenden Jahren so.

„Sie nehme ich“

Nach einem praktischen Jahr in der Schweiz begann der Mediziner 2000 in der Chirurgischen Klinik in der Nußbaumstraße in München. „300 Leute haben sich auf die Stelle beworben“, erinnert sich Professor Kreuz und fügt hinzu: „Es war nicht einfach.“ Jeden Tag 14 bis 15 Stunden Arbeit, sofortiger Einsatz auf der Intensivstation. Er habe viel gesehen und viel gelernt. Das sei immer sein Ziel gewesen: das Beste lernen zum Wohle der Patienten.

2001 wechselte Kreuz zu Professor Reichelt an die Uniklinik Freiburg, die für ihre regenerative Gelenkchirurgie auf hohem Niveau bekannt ist. Dass er die Stelle bekam, verdankte er seinem Willen, alles andere dem Beruf unterzuordnen. Er verzichtete kurzerhand auf seinen gesamten ihm noch zustehenden Urlaub und erklärte, dass er sofort anfangen könne. Dem Professor imponierte die Entschlossenheit. „Sie nehme ich“, sagte er.

Feuer und Flamme

Acht Jahre blieb Peter Cornelius Kreuz in Freiburg. Das dortige Oberärzteteam Steinwachs/Erggelet hatte die Knorpelzelltransplantation nach Deutschland gebracht und der Assistenzarzt aus München arbeitete sich in die Materie ein. Beim Weltkongress der internationalen Gesellschaft für Knorpelchirurgie in Toronto wurde er mit Spezialisten aus aller Welt bekannt gemacht und konnte bei etlichen Operationen assistieren. „Ich war Feuer und Flamme“, erklärt er. „Ich bin nach Hause und habe die Technik selbst implementiert.“ Peter Cornelius Kreuz war einer der ersten, der in Deutschland Knorpelzellen implantierte. Inzwischen ist das Verfahren in der vierten Generation. „Ich habe immer daran mitgearbeitet“, erklärt er. Praktizieren und Forschen blieben sein Lebensinhalt. Die wenige freie Zeit widmete er seinem nach wie vor liebsten Hobby – der Musik. Im Ärzteorchester spielte er die Geige.

2008 habilitierte Peter Cornelius Kreuz in Freiburg, kehrte dann nach München zurück ins Klinikum Rechts der Isar, um sich wieder Neues zu erschließen – im Tumorbereich. 2010 ging er als Oberarzt an die Orthopädische Klinik und Poliklinik der Universität Rostock mit dem größten Stammzellenzentrum Europas. Hier konnte er die minimalinvasive Technik für alle Gelenke umsetzen und erhielt 2014 eine Professur im Fach „Orthopädie und Unfallchirurgie“ mit dem Schwerpunkt „Gewebeersatz am Bewegungsapparat“. Zwischenzeitlich verbrachte er als Gewinner eines internationalen Fellowships einige Monate in Boston und in St. Monica in Kalifornien, wo er u.a. bei Prof. Mandelbaum, dem Chefarzt der FIFA in Los Angeles, noch ein Tüpfelchen auf das i in Punkto Weiterbildung setzen konnte.

Einen Namen gemacht

Inzwischen war Peter Cornelius Kreuz auch durch seine zahlreichen Publikationen in Fachkreisen kein Unbekannter mehr. Weltweit einen Namen gemacht hat er sich durch einen Vortrag in San Diego, wo er anhand einer Studie eine Behandlungsform relativierte. Das Pikante daran war, dass ein weltbekannter Chirurg, der diese Behandlungsform entwickelt hatte, bei dem Kongress sein Vorredner war und diese dort vorstellte. Die Kritik am Vortrag seines Vorredners sei ihm peinlich gewesen und er habe eine sehr vorsichtige Einleitung formuliert. Tatsache ist, dass er seit dieser Zeit zu den bekanntesten Knorpelspezialisten gehört.

Dass er mit seiner fachlichen Kompetenz seit Januar dieses Jahres Bad Tölz bereichert und sich dort mit seiner Frau, die er im August 2016 geheiratet hat, und mit der kleinen, erst wenige Monate alten Tochter ein erfülltes Familienleben geschaffen hat, hält er nicht nur für einen Zufall. „Der Chor hat den Grundstein zu allem gelegt. Er hat mich in die Welt hinausgetragen.“ Jetzt ist Prof. Peter Cornelius Kreuz zurückgekehrt.

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